Der bessere Schutz vor einem Schlaganfall

von Redaktion

GAU im Gehirn: ein Schlaganfall. © Panther Media

Bei Frauen kann sich ein Schlaganfall mit diffusen Symptomen wie Schwindel oder Verwirrtheit bemerkbar machen. Frauen erleiden offenbar häufiger kardioembolische Schlaganfälle als Männer. © Klose/dpa, UKE

München – Bei Schlaganfällen gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. So haben Frauen öfter untypische Symptome, die Laien nicht sofort mit dem GAU im Gehirn in Verbindung bringen. Außerdem wird der Hirninfarkt bei Frauen häufiger durch Blutgerinnsel aus dem Herzen verursacht. Dieses Risiko lässt sich durch Medikamente und moderne OP-Methoden erheblich verringern. Wichtigste Hintergründe im Überblick.

■ Alarmsignale

Wenn jemand plötzlich nicht mehr richtig sprechen kann, auf einer Körperhälfte, Arm und Bein gelähmt sind oder ein Mundwinkel herabhängt, dann denken viele Menschen an einen Schlaganfall. Doch nicht immer sind die Alarmsignale so eindeutig. Gerade Frauen haben oft noch weitere Beschwerden, die die typischen Symptome überlagern können. Dazu zählen Übelkeit, Schwindel, Verwirrtheit oder Bewusstlosigkeit. Besonders tückisch wird es, wenn Betroffene Grunderkrankungen haben, die solche Symptome auslösen und damit vom Schlaganfall-Verdacht ablenken können. Davor warnt die Deutsche Hirnstiftung und nennt Migräne als Beispiel.

Leiden Migränepatienten an Kopfschmerzen und Übelkeit, haben viele Betroffene und auch ihre Angehörigen das Thema Schlaganfall gar nicht auf dem Schirm. „Migränepatienten sollten sehr achtsam sein und bei einem akuten Anfall immer auch den FAST-Test durchführen, um mögliche Schlaganfall-Symptome früh zu erkennen – auch wenn sie gering ausgeprägt sind“, rät der Schlaganfall-Experte Prof. Götz Thomalla von der Deutschen Hirnstiftung. Der FAST-Test (siehe Kasten) steht für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit) und ermöglicht es auch Nicht-Medizinern, einen Schlaganfall-Verdacht rasch zu erhärten.

Migränepatienten haben laut Thomalla ein erhöhtes Risiko für einen ischämischen Schlaganfall. Bei dieser häufigsten Schlaganfall-Form kommt es zu einer Durchblutungsstörung im Gehirn, die meist durch einen Gefäßverschluss ausgelöst wird. Die Crux dabei: Es bleibt nur wenig Zeit, die Sauerstoffversorgung wieder herzustellen und damit ein Absterben der Zellen zu verhindern. Das versuchen Ärzte mit einer Kombination aus blutverdünnenden Medikamenten. In manchen Fällen ist es auch möglich, Blutgerinnsel mithilfe eines hauchdünnen Katheterschlauchs manuell direkt aus dem Gehirn zu ziehen. Das Verfahren heißt Thrombektomie. Die Technik wird immer weiter verfeinert. Inzwischen gelangen Spezialisten mit dem Katheterschlauch sogar in Blutgefäße mit einem Durchmesser von nur zweieinhalb Millimetern.

■ Risikofaktoren

Bei einer neuen Studie zur Thrombektomie kamen auch spannende Erkenntnisse zu den Schlaganfall-Ursachen ans Licht. So erleiden Frauen offenbar häufiger kardioembolische Schlaganfälle als Männer. Diese Form des Hirninfarkts entsteht durch Blutgerinnsel, die sich im Herz bilden. Sie können mit dem Blutfluss ins Gehirn gelangen und dort ein Gefäß verstopfen. Ein häufiger Auslöser ist Vorhofflimmern. Davon sind in Deutschland 1,6 Millionen Menschen betroffen. „Wir rechnen mit einer Verdoppelung in den nächsten 50 Jahren“, berichtet Prof. Stephan Willems von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. Er arbeitete federführend an einer neuen Behandlungsleitlinie mit. Diese empfiehlt, dass Menschen ab 75 Jahren insbesondere mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko einmal jährlich mit einem EKG untersucht werden. „Nach wie vor wissen viele Patienten nicht, dass sie Vorhofflimmern haben. Viele Schlaganfälle, Fälle von Herzinsuffizienz und andere kardiovaskuläre Erkrankungen lassen sich vermeiden, wenn diese Herzrhythmusstörung rechtzeitig erkannt und konsequent behandelt wird“, weiß Prof. Markus Krane, der Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am TUM Universitätsklinikum Deutsches Herzzentrum. Dazu stehen neben Medikamenten auch hocheffektive chirurgische Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung (siehe Artikel unten). Als Risikofaktoren für Vorhofflimmern gelten unter anderem Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes, Schlafapnoe und Bewegungsmangel.

■ Medikamente

Patienten mit Vorhofflimmern erhalten in der Regel blutverdünnende Medikamente, sogenannte Gerinnungshemmer. Während die Patienten früher meist das Mittel Marcumar (Vitamin-K-Antagonist) erhielten, verschreiben heute immer mehr Ärzte Tabletten wie Eliquis, Lixiana, Xarelto oder Pradaxa. Das sind sogenannte direkte orale Antikoagulanzien (DOAK). Letztere haben vor allem den Vorteil, dass die Einstellung und Kontrolle der Dosierung weniger aufwendig ist. Auch ist das Risiko für Blutungen etwas geringer als bei Marcumar. Auf der anderen Seite zeigt sich anhand neuer Studien, dass Marcumar möglicherweise besser vor Herzkreislauf-Komplikationen schützt. Das geht aus Behandlungsempfehlungen für Patienten mit Vorhofflimmern hervor, von der die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie in der vergangenen Woche berichtete. Das Credo der Experten: Welcher Gerinnungshemmer verordnet werden soll, müsse im Einzelfall entschieden werden.

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