Paraden und Proteste: Die gespaltenen USA

von Redaktion

Trumps Gegner sammeln sich in vielen amerikanischen Städten unter dem Motto „No Kings“. Unser Bild entstand in Los Angeles, wo die Stimmung eh aufgeheizt ist. © Ringo Chiu/AFP

Der Präsident salutiert: Donald Trump nimmt die Parade an seinem Geburtstag ab. Rund 7000 Soldaten marschieren für ihn durch Washington. © Doug Mills/AFP

Washington – US-Präsident Donald Trump grinst an seinem 79. Geburtstag. Denn er bekommt etwas, das er sich lange gewünscht hat: eine Militärparade durch die Hauptstadt Washington. Er lächelt, als er am Abend mit seiner Ehefrau Melania die Tribüne betritt. Und salutiert, während Soldaten an ihm vorbeimarschieren. Dass im ganzen Land gerade Massenproteste gegen ihn stattfinden, ist ihm zumindest äußerlich nicht anzumerken.

„Jedes andere Land feiert seine Siege“, sagt Trump bei seiner Rede – und hält sich dabei für seine Verhältnisse ungewöhnlich genau an das vorbereitete Skript. „Es ist an der Zeit, dass Amerika das auch tut.“ Vizepräsident JD Vance gratuliert ihm zum Geburtstag. Der Country-Musiker Lee Greenwood singt „God Bless the USA“, das Lied, das bei Trumps Wahlkampfveranstaltungen regelmäßig gespielt wurde. Schließlich das große Finale: Feuerwerk.

Offiziell ist es ein Festakt zum 250. Gründungsjubiläum des US-Heeres, der größten und ältesten Teilstreitkraft des Landes. Doch für viele im Land wirkt die Inszenierung eher wie ein persönliches Geschenk für den Präsidenten – und wie eine politische Machtdemonstration à la Trump, nach innen wie nach außen. Die Kosten werden von US-Medien auf bis zu 45 Millionen US-Dollar geschätzt.

Trumps Traum von militärischem Pomp wird von der Realität auf eine harte Probe gestellt. Wegen unsteten Wetters muss das Programm kurzfristig angepasst werden. Gleichzeitig hängt die Sorge vor einer Eskalation wie die dicke Wolkendecke über Washington – nicht nur wegen der landesweiten Proteste, sondern auch wegen einer sehr konkreten Gefahrenlage nach den Politiker-Morden in Minnesota. Hinzu kommt die dramatische außenpolitische Lage: Noch am Morgen hatte Trump erneut mit Kremlchef Wladimir Putin telefoniert. Es war ein Geburtstagsanruf, bei dem es beiden Seiten zufolge aber vor allem um den Krieg Israel-Iran ging.

Doch die Militärparade in Washington findet statt, „Rain or Shine“ (bei jedem Wetter), wie Trump betont hatte. Am Vortag hatte es hier stark gewittert, die Schwüle ist geblieben. Die Kleidung klebt am Leib – das bekommen vor allem die Tausenden Soldatinnen und Soldaten zu spüren, die in teils historischen Uniformen entlang der National Mall in Richtung Weißes Haus marschieren. Begleitet von Fanfaren und „USA, USA“-Rufen blickt Trump auf Soldaten, die Blasinstrumente spielen oder trommeln. Auf militärische Fahrzeuge, unter denen sich auch schwere Panzer befinden. Und auf Fallschirmspringer, Drohnen und Helikopter.

Während sich der Zug fortbewegt, wird auf die Geschichte des US-Heeres zurückgeblickt. Es wurde am 14. Juni 1775 gegründet – noch vor der offiziellen Unabhängigkeitserklärung der USA von Großbritannien. Heute sind nach Militärangaben weltweit 450 000 aktive Soldaten für das Heer im Dienst.

Ursprünglich wurden Hunderttausende zu den Feierlichkeiten erwartet. Ob diese Zahl erreicht wurde, ist fraglich. Was man aber sagen kann: Die Parade hat Unterstützer aus dem ganzen Land angezogen. Jonas Williams aus North Carolina etwa arbeitet an einem Stand in Washington, an dem man Trump-Fanartikel kaufen kann. „Ich glaube, dass es großartig für unsere Jugend ist, die Leidenschaft für Amerika wiederzubeleben“, jubelt er.

Ganz anders sieht der Tag für viele andere Amerikaner aus – sie stehen ebenfalls auf der Straße, allerdings aus Protest. Unter dem Motto „No Kings“ (Keine Könige) finden im ganzen Land Demonstrationen statt. Die Teilnehmer werfen Trump autoritäres Auftreten vor. Pünktlich zu Beginn der Militärparade vermelden die Veranstalter insgesamt mehr als fünf Millionen Teilnehmer in rund 2100 Städten, weitaus mehr als noch bei Demonstrationen im April.

Promis laufen bei den Demos mit

Auch Prominente aus Hollywood laufen mit: Mark Ruffalo, der aus den „Avengers“-Filmen als grüner Riese Hulk bekannt ist, zieht durch New York. Der Präsident habe sich selbst zum König und Diktator gemacht und trete die Rechte der US-Bürger und die Verfassung mit Füßen, sagt er am Rande des Protestzugs in Manhattan. Kerry Washington (48, „Scandal“) postet auf Instagram Fotos und Videos von Demonstranten in Los Angeles. „So sieht Demokratie aus“, ruft die Schauspielerin.

Im Inland gibt es seit Tagen Spannungen, bei denen das Militär keine unwichtige Rolle spielt: Der Einsatz tausender Soldaten der Nationalgarde und hunderter Marineinfanteristen bei Protesten gegen Trumps Migrationspolitik in Los Angeles sorgte für viel Kritik. Der Schritt erfolgte gegen den ausdrücklichen Willen des kalifornischen Gouverneurs Gavin Newsom und löste landesweit neue Proteste aus.

In Florida wurden Protestierende auf dem Weg zu Trumps Wohnsitz Mar-a-Lago von der Polizei gestoppt. In Washington bleibt es am Tag der Parade weitgehend ruhig, Tausende Sicherheitskräfte schützen das Event. Die Veranstalter der „No Kings“-Bewegung hatten ausdrücklich nicht zu Protesten in der Hauptstadt aufgerufen. Stattdessen gab es den „DC Joy Day“ – ein bewusst fröhlich gehaltenes Gegenprogramm zur Militärinszenierung.

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