Der Nordpol lockt mit großem Reichtum

von Redaktion

München – Die Arktis ist ein Rohstoff-Paradies, das zur Ausbeutung verlockt. Aber jede mögliche wirtschaftliche Nutzung birgt auch Gefahren.

■ Bodenschätze

Das United States Geological Survey, eine Behörde des US-Innenministeriums, vermutet 13 Prozent der weltweiten Erdöl- und rund 30 Prozent der weltweiten Erdgasreserven in arktischen Gebieten. Daneben gibt es ergiebige Erz- und Edelsteinvorkommen. In Sibirien und Grönland werden auch große Vorkommen an seltenen Erden vermutet. Bisher machte das Eis den Abbau unmöglich oder zu teuer, aber das könnte sich ändern. Ökologisch riskant ist der Abbau im tauenden Permafrost auf jeden Fall, und beim Stichwort submariner Bergbau, also Abbau auf dem Meeresboden, sträuben sich Volker Rachold vom Alfred-Wegener-Institut die Haare: „Ich sehe das sehr, sehr kritisch.“ Die Bundesregierung fordert eine verbindliche Umweltverträglichkeitsprüfung. Rachold formuliert es mit Blick auf laufende Forschungsprojekte so: „Bevor man etwas tut, muss man wirklich sicher sein, dass es keinen Schaden anrichtet.“

■ Schifffahrtswege

Im 16. Jahrhundert scheiterten englische und niederländische Seefahrer an ihr, Ende des 19. Jahrhunderts gelang die erste Durchfahrt ohne Überwinterung: Heute ist die Nordostpassage dank moderner Eisbrecher ein Handelsweg, der satte Gewinne verspricht. Vor allem China hat Interesse an der Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik, denn die 6500 Kilometer lange Passage durch das Nordmeer verkürzt die Fahrzeit nach Europa gegenüber der herkömmlichen Route durch den Suezkanal um fast drei Wochen. Das Problem: Die Route führt durch russische Hoheitsgewässer, Russland schreibt eine Eskorte durch einen russischen Atom-Eisbrecher vor. Seit den Sanktionen gegen Russland nutze keine westliche und auch keine größere chinesische Reederei mehr die Strecke, erklärt Rachold. Allerdings wollen China und Russland ihre Zusammenarbeit hier vertiefen. Die Chinesen, vermuten Beobachter, denken langfristig: Das Meereis zieht sich immer weiter zurück. „Wahrscheinlich um 2040 herum“, sagt Rachold, könnte das Nordpolarmeer eisfrei sein, und sei es nur für wenige Tage im Sommer. Dann ist, wohl immer noch mit Eisbrecher-Unterstützung, die Passage in internationalen Gewässern möglich. Die Gefahr: Schifffahrt überzieht das Nordpolarmeer, in dem weltweite maritime Nahrungsketten beginnen, mit Lärm und Abgasen. Laufen bei einer Havarie größere Mengen Öl aus, sei das weitaus schlimmer als etwa im Golf von Mexiko. „Im Eis kann man das Öl nicht mit Barrieren auffangen, und in der Kälte wird es viel langsamer von Mikroorganismen abgebaut. Die Konsequenzen wären gravierend.“

■ Fischerei

Hier ist Rachold zuversichtlich: „Die Anrainer und die großen Fischereinationen, darunter Japan, haben ein Abkommen unterzeichnet, das 2021 in Kraft getreten ist und kommerzielle Fischerei im zentralen arktischen Ozean verbietet. Alle halten sich daran.“ Racholds Institut ist an Forschungen darüber beteiligt, welche Fangmengen das Ökosystem verkraften könnte. Erst, wenn das klar ist, soll Fischerei möglich sein.

■ Tourismus

Kreuzfahrten ins Eismeer, Wohnmobil-Touren in Island, ausgebuchte Hotels von Tromsö bis Rovaniemi: „Die Arktis ist zum Ziel von Massentourismus geworden, das sehe ich kritisch“, sagt Rachold. In die Antarktis dürfe man mit einem Kreuzfahrtschiff nur mit Genehmigung. Für die Arktis gilt das nicht. Die ökologischen Auswirkungen des Ansturms seien schwer einzuschätzen. SC

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