USA-feindliches Großplakat am Sonntag in Teheran. © EPA
Einer der iranischen Gegenschläge: 16 Verletzte gab es in diesem Gebäude in Tel Aviv. © Menahem Kahana/AFP
Donald Trump (mit Kappe) und JD Vance im Situation Room des Weißen Hauses. © Handout/dPA
Eines der wenigen Bilder der Atom-Anlage in Isfahan. Es entstand im März 2005. Am Wochenende haben die USA die Anlage und die unterirdirschen Bunker angegriffen. © Fahimi/AFP
Washington – Blaues Sakko, rote Krawatte und „Make America Great Again“-Kappe auf dem Kopf – so hat US-Präsident Donald Trump die Bombardierung der iranischen Atomanlagen im Situation Room des Weißen Hauses verfolgt. Fotos aus dem Raum zeigen Trump mit betont entschlossener Miene. Und wenig später verkündet er per Fernsehansprache, die drei ins Visier genommenen Nuklearfabriken Fordo, Natanz und Isfahan seien „komplett und total vernichtet“ worden.
Ein Erfolg also? Auf jeden Fall eine politische Kehrtwende. Als Präsidentschaftskandidat hatte Trump versprochen: Er werde die USA aus „dummen, endlosen Kriegen“ heraushalten. Bis zuletzt war deshalb bezweifelt worden, ob er wirklich den Befehl zum Angriff geben würde. Zumal er zuvor ja noch verbreiten ließ, sich bis zu zwei Wochen Zeit mit der Entscheidung zu lassen. Der nächtliche Angriff auf drei iranische nukleare Forschungsstätten schafft nun Fakten. Die Präzisionsangriffe seien ein „überwältigender Erfolg“ gewesen, befand US-Verteidigungsminister Pete Hegseth am Sonntag. Trump habe sein Wort gehalten und einen Beitrag zu „Frieden durch Stärke“ geleistet.
Für die Luftattacke auf den tief in einem Berg eingegrabenen Fordo-Komplex setzten die USA erstmals vom Radar nicht zu erfassende B-2-Bomber sowie 14 der größten konventionellen bunkerbrechenden Sprengkörper ein, die sich auch durch Beton tief in die Erde bohren können. Von einem U-Boot starteten zudem zwei Dutzend Marschflugkörper des Typs „Tomahawk“.
Die „Operation Midnight Hammer“ („Mitternachtshammer“) war nach Jahrzehnten vergeblicher diplomatischer Versuche erfolgt, um die atomaren Ambitionen Teherans zu begrenzen. Denn zuletzt waren amerikanische wie israelische Geheimdienste zu der Erkenntnis gekommen, dass der Iran nun innerhalb weniger Wochen einen nuklearen Sprengsatz bauen könnte, wenn er es denn wollte. Zudem hatten Inspekteure der Internationalen Atomenergie-Kommission IAEA konstatiert, Teheran habe mit seinen Zentrifugen mit 60 Prozent einen viel höheren Anreicherungsgrad erreicht, als für rein zivile Zwecke erforderlich sei. Dies sei „sehr besorgniserregend“.
Nach mehreren Ablenkungsmanövern seien alle Bomber sicher zurückgekehrt, heißt es in Washington. Der Umfang des Schadens an den Atomfabriken ist noch nicht ganz klar. Die iranische Atomorganisation erklärte, die Atomindustrie werde die Angriffe überstehen. Doch gegen Fordo setzte Trump deutlich mehr Bomben ein, als Experten für notwendig gehalten hatten. „Wir glauben, dass wir dort die Kapazitäten zerstört haben“, so Hegseth. Was der US-Präsident jetzt vom Iran erwartet, formulierte Trump so: Der „Rüpel von Nahost“ müsse nun Frieden machen. Er drohte „noch größere“ Attacken an, wenn dies nicht geschehe: „Es bleiben noch genug Ziele für uns.“
Hegseth teilte mit, man habe öffentliche und private Nachrichten an die Iraner über mehrere Kanäle geschickt – um ihnen die Möglichkeit zu geben, an den Verhandlungstisch zurückzukommen. Der Iran macht allerdings klar, dass er momentan nicht an Diplomatie oder eine Kapitulation denkt, und feuerte gestern erneut Raketen auf Israel ab. Eine Frage für Washington ist nun, ob Teheran wie angedroht US-Stützpunkte ins Visier nimmt.
Spannend ist die Frage, wer vorab Bescheid wusste. Die amerikanischen Luftattacken waren in enger Koordination mit Israel erfolgt, dessen Premierminister Benjamin Netanjahu ausdrücklich Trump lobte. Ob es irgendeine Vorwarnung an den Iran gab, ist unklar. Auffällig ist: Es gab wohl keine Toten beim US-Schlag, laut der Hilfsorganisation „Roter Halbmond“ nur elf Verletzte. Das US-Magazin „Atlantic“ indes berichtet, Trump habe sich schon am Mittwoch für den Angriff entschieden, seine Zwei-Wochen-Frist sei nur eine „Finte gewesen, um die Iraner zu überrumpeln“.
Die Reaktionen in den USA auf den Luftangriff Trumps laufen bis auf wenige Ausnahmen entlang der parteipolitischen Trennlinie. Prominente Republikaner wie Repräsentantenhaus-Sprecher Mike Johnson stärken Trump den Rücken. Von den Demokraten ist vor allem zu hören, die Aktion sei „verfassungswidrig“, weil sie nicht zuvor vom Kongress abgesegnet worden sei. Die Opposition mag Trump allein schon deshalb nicht loben, weil sie damit die gescheiterte Nahost-Diplomatie der Ex-Präsidenten Barack Obama und Joe Biden eingestehen würde, die Teheran niemals ernsthaft bedrängt und sogar Sanktionen gelockert hatten. Umstritten ist in den USA weiterhin, ob ein Präsident in einem wie am Samstag gesehenen Fall tatsächlich das Plazet der Volksvertreter benötigt oder als „oberster Befehlshaber“ zur Gefahrenabwehr eigenständig handeln kann.