Berlin – Während die Ampel-Regierung keine Aufarbeitungskommission zur Corona-Pandemie eingesetzt hat, setzt die Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) das Thema weit vorne auf die Agenda. Am Donnerstag entscheidet der Bundestag über die Einsetzung einer sogenannten Enquete-Kommission zur „Aufarbeitung der Corona-Pandemie und Lehren für zukünftige pandemische Ereignisse“. Die Kommission soll ein transparentes, faktenbasiertes Gesamtbild der Pandemie, ihrer Ursachen, Verläufe und Folgen einerseits sowie der staatlichen Maßnahmen andererseits ausarbeiten, um künftig besser vorbereitet zu sein.
Auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder ist der Bundestag grundsätzlich verpflichtet, eine solche Kommission einzusetzen. Mit der Mehrheit von Union und SPD ist das also kein Problem.
Um diese Themen wird es gehen
Sicher wird die Frage nach der Verhältnismäßigkeit von Eingriffen in die Grundrechte, etwa Ausgangsbeschränkungen oder Maskenpflicht, ein Thema werden. Auch über die Länderhoheit bei Gesundheitsfragen dürfte gesprochen werden. Weitere Themen dürften das Gesundheitssystem als Ganzes sowie der Austausch mit der Wissenschaft sein – und auch die Strategie der Kommunikation mit der Bevölkerung. Der Bericht zur Maskenbeschaffung von Sonderermittlerin Margaretha Sudhof und die Rolle des damaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) dürften die Kommissionsmitglieder ebenfalls beschäftigen.
Wer wird in der Kommission sitzen?
Der Kommission sollen 14 Bundestagsabgeordnete sowie 14 Sachverständige angehören. Die Unionsfraktion darf fünf Mitglieder aus ihren Reihen benennen, die Fraktionen von AfD und SPD je drei, die Grünen-Fraktion zwei und die Linke-Fraktion ein Mitglied. Die Sachverständigen sollen im Einvernehmen der Fraktionen benannt werden, bei angemessener Beteiligung der Länder und Kommunen. Der Abschlussbericht soll bis zum 30. Juni 2027 vorliegen. Die Kommission kann aber Zwischenberichte erarbeiten und diese dem Bundestag vorlegen.
Wird auch politisch aufgearbeitet?
Der von Ex-Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geforderte Corona-Bürgerrat wurde nie eingesetzt, die vor allem von der FDP verlangte Enquete-Kommission bislang ebenfalls nicht. Auch ein Vorstoß für einen Corona-Untersuchungsausschuss im Bundestag scheiterte. Zwar gab es einen Sachverständigenausschuss zur Auswertung der Corona-Auflagen, aber mit beschränkter Aussagekraft mangels Daten. Es gibt einzelne Aufarbeitungskommissionen in den Bundesländern. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte direkt nach der jüngsten Bundestagswahl die Dringlichkeit der Aufarbeitung betont – ohne Suche nach Sündenböcken.
Keine Sündenböcke – ist das möglich?
Es ist zumindest das Ziel. Denn nicht nur Steinmeier hat davor gewarnt, auch zahlreiche Vertreter aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Vielmehr sollte es, so der explizite Wunsch des Bundespräsidenten, darum gehen, über Transparenz und gute Kommunikation verlorenes Vertrauen in den Politikbetrieb wiederzugewinnen.KNA