Leberkäse: 440 kcal pro Portion – ohne Beilagen. © imago
Saugut, aber kalorienhaltig: Eine Mass Bier, ein Braten mit Knödl und eine große Brezn – macht insgesamt schlappe 2200 kcal. Ein Mannsbild im Alter von 25 bis 50 Jahren verbraucht etwa 2700 Kalorien am Tag, eine Frau im gleichen Alter 2100. © Achim Schmidt
Kaiserschmarrn: 800 kcal – mit dem Apfelmus. © Archiv
Schweizer Wurstsalat: 400 Gramm haben 840 kcal. © sj
Ein halbes Hendl: 700 kcal – mit Pommes 1200. © Imago
Durham – Viele Industrieländer haben ein Problem mit Übergewicht – und das könnte einer Studie zufolge vor allem mit einer zu hohen Kalorienaufnahme zu tun haben. Zu diesem Schluss kommt ein Team der Duke University im US-amerikanischen Durham mit einer Überblicksstudie, die im Fachblatt „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlicht worden ist. Es sei klar, dass Menschen übergewichtig würden, wenn sie mehr Kalorien aufnähmen, als sie verbrauchten, schreiben die Autoren. Bislang sei jedoch unklar gewesen, ob so viele Menschen übergewichtig seien, weil sie zu viele Kalorien zu sich nehmen – oder weil sie zu wenig Energie umsetzen, also sich nicht genug bewegen.
Die Studie kommt zu einem eindeutigen Ergebnis: Eine erhöhte Energiezufuhr spiele für die Übergewichtskrise eine etwa zehnmal so wichtige Rolle wie der Energieverbrauch.
Höherer BMI in Industrieländern
Zu diesem Schluss kamen die Forschenden, indem sie Daten zum Body Mass Index (BMI) sowie Körperfettanteil und Energieverbrauch von 4213 Menschen aus 34 Bevölkerungsgruppen von sechs Kontinenten auswerteten. Dabei schloss das Team ganz verschiedene Gruppen mit sehr unterschiedlichen Lebensstilen ein, darunter Jäger und Sammler, Landwirte sowie Menschen aus Industrieländern.
Wenig überraschend zeigte sich ein Zusammenhang zwischen dem Leben in wirtschaftlich hoch entwickelten Ländern und einem höheren BMI sowie Körperfettanteil – allerdings war auch der Energieverbrauch in diesen Gruppen höher. Damit zeigt sich, dass das weit verbreitete Übergewicht in den Industrieländern nicht dadurch erklärt werden kann, dass die Menschen sich dort einfach nicht genug bewegen. Das heißt nicht, dass Bewegung nutzlos ist. Sport fördert die Fitness und stärkt das Herz-Kreislauf-System. Aber um die Pfunde einzudämmen, ist laut der neuen Studie aus den USA die Ernährung der entscheidende Schalter.
Als Dickmacher im Verdacht hat das Forschungsteam vor allem hochverarbeitete Lebensmittel, die in den Industrieländern besonders verbreitet sind. Dazu zählen etwa Wurst, Süßigkeiten oder Fertiggerichte. Wo solche Lebensmittel beliebt sind, zeigte sich der Studie zufolge ein höherer Körperfettanteil. Dies könne daran liegen, dass die breite Verfügbarkeit und die niedrigen Kosten dieser Lebensmittel zu übermäßigem Konsum anregten.
Die Autoren hatten zwar keine detaillierten Informationen über die Ernährungsgewohnheiten der untersuchten Gruppen, legen aber dennoch nahe, dass die Ernährung in Industrieländern eine wichtige Rolle zu spielen scheint. Die Erkenntnisse seien eine wichtige Informationsgrundlage, um entsprechende Ableitungen daraus zu treffen, etwa mit Blick auf Gesundheitspolitik.
Viele westliche Länder kämpfen mit Fettleibigkeit als Volkskrankheit: In Deutschland sind nach Angaben der Deutschen Adipositas Gesellschaft rund zwei Drittel der Männer und gut die Hälfte der Frauen übergewichtig. Das Problem hat sich in den vergangenen Jahrzehnten global deutlich verschärft, auch bei Kindern und Jugendlichen. Damit geht ein höheres Risiko für Krankheiten und gesundheitliche Probleme einher.
Besonders Altersdiabetes nimmt rasant zu. Laut der Deutschen Diabetes Gesellschaft sind rund 80 Prozent der Fälle auf Fettleibigkeit zurückzuführen. Fast 7,3 Millionen Deutsche (Bayern: 1,3 Millionen) haben Diabetes mellitus Typ 2, also Altersdiabetes. Die Vereinten Nationen sprechen inzwischen von einer globalen Bedrohung. Die Kosten für das Gesundheitssystem sind enorm. Das Bundesgesundheitsministerium schätzt sie auf jährlich 35 Milliarden Euro – die volkswirtschaftlichen Kosten etwa durch Krankheitstage oder Frühverrentung sind da noch nicht enthalten.
100 Gramm Zucker in einem Liter Cola
Dass Fertigprodukte eine negative Rolle spielen, gilt unter Ernährungsexperten als unstrittig. Fertigprodukte sind billiger, lange haltbar und ersparen das Kochen. „Wir konsumieren viel mehr Nahrungsmittel mit einer sehr hohen Energiedichte“, sagte Prof. Michael Laxy von der Technischen Universität München unserer Zeitung bereits im vergangenen September. Viel Zucker, Salz und gesättigte Fettsäuren. Auf der Packung sind zwar gesunder Fisch und Gemüse abgebildet. Aber der Schein trügt.
Zucker ist dabei ein eigenes Thema. So wichtig Zucker als Energieträger ist, so sehr kommt es auf die Dosis an. Maximal 50 Gramm am Tag ist die empfohlene Menge für Erwachsene. Der Deutsche konsumiert im Schnitt aber doppelt so viel. 100 Gramm Zucker – so viel ist schon in einem Liter Cola enthalten. Ebenso in den beliebten Fertig-Eistees.
In Großbritannien gibt es seit 2018 eine Zuckersteuer. Deutschland zögert, die Industrie wettert dagegen. Diskutiert wird regelmäßig auch, gesunde Lebensmittel teils oder ganz von der Mehrwertsteuer zu befreien. Laxy sieht darin ein Lenkungsmittel mit Potenzial. Der Konsument sei über Preise gut zu erreichen.
In Großbritannien läuft die Zuckersteuer übrigens folgendermaßen: Auf Getränke ab fünf Gramm pro 100 Milliliter werden 18 Pence (21 Cent) fällig, ab acht Gramm Zucker sind es 24 Pence (28 Cent). „Soft Drinks Industry Levy“ nennt sich die Steuer. Die Cambridge Universität hat festgestellt, dass die Steuer die Fettleibigkeit bei zehn- und elfjährigen Mädchen um acht Prozent reduziert hat.