Sie sehen fies aus – und sind fies. Stechmücken finden zielsicher ihre menschlichen Blutspender. © Smarterpix
Erfahrene Dermatologin: Dr. Elisabeth Zott. © privat
Mückensprays helfen für mehrere Stunden, nicht so attraktiv für die Blutsauger zu sein. © imago
München – Man kann sie meist nicht sehen, aber man weiß, sie sind da. Und dann, wenn sie nachts nah am Ohr vorbeisausen, hört man ihn: diesen surrend-hellen Flügelschlag, die Frequenz des Grauens. An Schlaf ist nicht mehr zu denken: Licht an und auf die Jagd – die meistens nicht von Erfolg gekrönt ist. Dabei ist man sowieso schon zerstochen vom Grillen im Garten. Gnade ist von Mücken nicht zu erwarten. Das liegt nicht in ihrer Natur.
■ Warum Mücken überhaupt stechen
In Deutschland gibt es rund 50 Stechmückenarten, doch gestochen wird ausschließlich von den Weibchen. „Sie benötigen das Eiweiß aus dem Blut, um ihren Nachwuchs zu versorgen“, erklärt die Dermatologin Dr. Elisabeth Zott. Aktiv werden Mücken besonders bei feuchtwarmem Wetter, in der Nähe von stehenden Gewässern und abends, wenn die Sonne untergeht. Dabei stechen sie nicht willkürlich, sondern haben eindeutige Vorlieben.
Die schlechte Nachricht: Manche Menschen duften für Mücken besonders verführerisch. „Mücken orientieren sich unter anderem an ausgeatmetem Kohlendioxid, Körpertemperatur und Körpergeruch“, erklärt Zott. „Und sie lieben Milchsäure, Ammoniak, Harn- und andere Stoffe, die mit dem Schweiß über die Haut abgegeben werden. Wer stärker schwitzt oder parfümierte Pflegeprodukte nutzt, wird schneller zur Zielscheibe. Auch hormonelle Faktoren spielen eine Rolle: Schwangere und Menschen mit höherem Östrogenspiegel werden häufiger gestochen.“
Auch die Genetik entscheidet mit. Einige Studien kamen zu dem Ergebnis, dass etwa Menschen mit Blutgruppe 0 deutlich häufiger gestochen werden. „Kinder und Personen mit dünner Haut und oberflächlich liegenden Gefäßen scheinen für die Mücken ebenfalls attraktiver zu sein“, sagt die Expertin.
■ Mücken haben ein Auge für Farbe
Nicht nur Duftstoffe beeinflussen die Mücken, auch die Kleidung entscheidet. Schwarz, Dunkelblau oder Rot wirken wie ein „Leuchtschild“, während helle Kleidung abschreckt. Eine aktuelle Studie der Universität Washington zeigt: Farben wie Rot, Orange, Schwarz und Cyan wirken auf die blutsaugenden Plagegeister besonders anziehend. Dagegen schrecken Grün, Lila, ein helleres Blau und Weiß sie eher ab.
Zudem stellte man fest, dass auch Muster und Kontraste (zum Beispiel gestreifte Kleidung) die Wahrnehmbarkeit steigern. Laut der Studie riechen Mücken zuerst das CO₂ aus unserer Atemluft und schalten dann visuell um, um ihr Opfer zu orten. Mücken können das ausgeatmete CO₂ aus über 30 Meter Entfernung wahrnehmen. Wer also schwer atmet – etwa nach dem Sport oder durch Übergewicht – wird früher entdeckt. Zudem reflektiert unsere Haut Infrarotlicht in rötlichen Tönen. Das zieht Mücken zusätzlich an.
■ Stechattacken vermeiden – so kann es klappen
Die wirksamste Maßnahme gegen Mücken ist, sie gar nicht erst an die Haut zu lassen. Ideal ist lockere, helle Kleidung, denn dunkle Farben ziehen Mücken wie gesagt an. Wer draußen unterwegs ist, sollte zusätzlich Anti-Mücken-Sprays auftragen. Diese überdecken den Körpergeruch und machen die Haut für Mücken unattraktiv. „Nach etwa vier Stunden sollte man sie erneut auftragen“, sagt Zott. Die Münchner Dermatologin empfiehlt zudem: „Kleidung mit Anti-Stich-Textilspray (zum Beispiel von Nobite) behandeln und Mückenschutzsprays oder -lotionen auf freiliegende Hautstellen wie Hände, Arme, Beine und Füße auftragen.“
Weitere Schutzmaßnahmen sind engmaschige Fliegengitter, das Meiden von Dämmerungszeiten und das Vermeiden von Lichtquellen in offenen Fenstern, sonst lotst man die Mücken direkt ins Schlafzimmer. Auch Mückenstecker helfen – allerdings sind manche Wirkstoffe inzwischen gesetzlich eingeschränkt. Hier kann man auf natürliche Alternativen wie Lavendel, Zitrone oder Zitronengras setzen.
■ Was bei Stichen etwas Linderung bringt
Mückenstiche sind mehr als nur oberflächliche Hautirritationen. Wenn eine Mücke sticht, injiziert sie Speichel in die Haut des Opfers. „Dieser Speichel enthält Proteine und Enzyme, die dazu dienen, das Blut des Opfers flüssig zu halten, was das Saugen erleichtert. Die fremden Substanzen im Mückenspeichel erkennt der Körper als gefährlich, und daher reagiert er mit einer allergieähnlichen Reaktion. Dabei wird Histamin freigesetzt. Histamin ist sozusagen ein Botenstoff des Immunsystems. Es weitet die Blutgefäße und lockt Immunzellen an, um die ‚Eindringlinge‘ zu bekämpfen – und eine Art Mini-Entzündung entsteht. Die Folge sind Juckreiz, Rötung und Schwellung“, erklärt die Expertin.
Trotz aller Vorsicht lassen sich Stiche nicht immer vermeiden. Dann gilt: kühlen, Hitze anwenden, Reiz lindern – und nicht kratzen! „Denn kratzt man sich an der gereizten Stelle, verschafft das zwar kurzfristig Linderung, doch danach wird der Juckreiz noch stärker und die Schwellung schlimmer, da der Körper aufgrund von Überreizung noch mehr Histamin ausschüttet“, erläutert Zott. „Zudem können durch das Kratzen Bakterien in die Wunde gelangen. Das verschlimmert die Reaktion. Bei stärkeren Beschwerden oder Infektionsanzeichen lieber einmal zu viel den Arzt aufsuchen als einmal zu wenig.“
■ Wann der Weg zum Arzt ratsam ist
„Manche Menschen stecken Mückenstiche problemlos weg, andere reagieren mit massiven Schwellungen über mehrere Tage“, sagt Elisabeth Zott. „Wenn die Haut über Tage stark anschwillt, schmerzt – oder Fieber, Lymphknotenschwellungen und Abgeschlagenheit dazukommen, sollte man unbedingt einen Arzt aufsuchen.“
In diesen Fällen verschreiben Hautärzte Cortison-Cremes – in schweren Fällen auch die orale Gabe von Antibiotikum und Cortison. In ganz seltenen Fällen kann sogar eine Allergie hinter dem Juckreiz und den Schwellungen stecken. „Denn oft verstärkt sich bei echten Allergien die Reaktion nach wiederholten Stichen“, weiß die erfahrene Dermatologin. „Das lässt sich aber durch spezifische IgE-Antikörper im Blut nachweisen.“
■ Mückenstiche als Krankheitsüberträger
Längst beschränken sich Mückenstiche nicht mehr auf Juckreiz. Tropische Mücken wie die Asiatische Tigermücke und die Asiatische Buschmücke breiten sich bei uns aus. „Durch die globale Erwärmung sehen wir auch in Deutschland zunehmend Tropenerkrankungen wie Dengue-Fieber, Leishmaniose, Zika oder Chikungunya“, warnt die Dermatologin Elisabeth Zott. Wer ins Ausland in Risikogebiete reist, sollte sich vorab individuell beraten lassen. Reiseimpfungen sind zwar meist nicht vorgeschrieben, aber in vielen Regionen dennoch sinnvoll.