Christian Freuding (53) wird Heeres-Inspekteur. © dpa
München – Der Mann, der eine Art „Erklärbär“ der Bundeswehr sein soll, hat so gar nichts Bärenhaftes an sich. Hager und glatt rasiert steht Christian Freuding vor der Kamera, spricht monoton, nüchtern, nie brummend, den Blick starr und fast ohne Blinzeln auf seine Gesprächspartner gerichtet. Einen, der vielleicht mit Wärme und Lächeln dem Volk die entfremdete Truppe wieder näherbringen soll, würde man sich anders vorstellen als diesen General. Und doch ist Freuding mit häufigen Auftritten in Medien und Internet zu einem der Gesichter der Bundeswehr geworden. Vor Millionen-Publikum im ZDF und mit zumindest je hunderttausenden Klicks auf dem Youtube-Kanal der Streitkräfte erklärt Freuding den Deutschen die neue Weltlage, vor allem den Krieg in der Ukraine. Sonst zieht es ja meist nur pensionierte Ex-Generäle in die Öffentlichkeit, je älter, desto energischer.
„Ein Youtube-Star als Chef des Heeres“, titelte die „FAZ“ neulich. Star, nun ja, aber das mit dem Heer stimmt: Der Generalmajor (für Laien: zwei goldene Sterne auf der Schulter) wird im September die Aufgabe als Inspekteur des Heeres übernehmen, also die Teilstreitkraft führen. Mit dann 54 Jahren kommt er früh in diese Funktion, da liegt noch einiges an Karriere vor ihm.
Über Freuding privat weiß man nicht viel: Langstreckenläufer. Zwei Kinder. Gebürtiger Weidener, vom Oberpfälzer Dialekt ist nichts mehr zu hören, auch keine Spur Fränkisch vom ersten Einsatzort 1990 bei einem Panzeraufklärungsbataillon in Haßberge. Über ihn als General ist bisher ein seltsam bunt gemischtes Bild im Umlauf. Als „leise, technokratisch und politisch überkorrekt“ schmäht die „Neue Zürcher Zeitung“ den promovierten Politologen, operative Erfahrung fehle ihm. Andere betonen seine Einsatzerfahrung in Bosnien und Afghanistan, loben ihn als kommunikativ und besonnen. Einen krawalligen Auftritt wie der bisherige Heeresinspekteur Alfons Mais im Februar 2022 würde Freuding nie wagen – damals verkündete der Generalleutnant (drei Sterne) kurz nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine, das deutsche Heer stehe „mehr oder weniger blank da“. Das war schon ein bemerkenswerter Affront Mais‘ gegenüber der Politik.
Freuding gilt als strikt loyal. In Berlin diente er als Adjutant still zwei Ministerinnen, die im Rückblick zu den schlechteren gezählt werden – Ursula von der Leyen (CDU) und Christine Lambrecht (SPD). Für den aktuellen und beliebten Minister Boris Pistorius baute er dann den neuen Planungs- und Führungsstab auf, wurde ein enger Vertrauter, übernahm schließlich den Sonderstab Ukraine. Oft reiste Freuding in den letzten drei Jahren nach Kiew, suchte dort das Gespräch mit Politikern, Soldaten, Zivilisten.
Er wird heute, dank der Ukraine-Erfahrung, als Experte für Drohnen beschrieben. Und als einer, der nah mitverfolgt, wie der Krieg die Bevölkerung zermürbt. Neulich, in einem seiner Internet-Videos, sagte der General für seine Verhältnisse fast bewegt, er spüre in der Ukraine „eine tiefe Müdigkeit und Erschöpfung“.CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER