Insgesamt beträgt das Außenhandelsdefizit der USA gegenüber der EU rund 236 Milliarden Dollar, wobei digitale US-Exporte da nicht berücksichtigt sind, was das US-Defizit wohl stark verringern würde. © AFP
BMW produziert schon lange in den USA. Das Foto zeigt das BMW-Werk Spartanburg in South Carolina. © BMW Group
Brüssel/Washington – Das Abkommen mit den USA muss noch einstimmig von den EU-Staats- und Regierungschefs angenommen werden. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban nörgelt schon, Trump habe „Kommissionspräsidentin von der Leyen zum Frühstück verspeist“. Die USA halten sich offen, die Zölle in Zukunft zu erhöhen, sollte Europa seine Investitionszusagen nicht einhalten. Aber vorerst scheint der Deal in seinen Grundzügen zu stehen.
■ Worauf haben sich die EU und Trump geeinigt?
Länder der Europäischen Union zahlen künftig für ihre Exporte in die Vereinigten Staaten von Amerika Zölle in Höhe von 15 Prozent – die USA zahlen andersherum keine Zölle. Allerdings ist dieser Deal noch nicht mit allen Details befüllt. So wird es bei einigen Produkten wohl höhere, bei anderen vielleicht gar keine Zölle geben. All das ist noch in Verhandlung. Nach Angaben von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sollen zum Beispiel Flugzeuge, bestimmte Chemikalien, Agrarprodukte und kritische Rohstoffe von den Zöllen ausgenommen sein. Spannend wird es noch bei der Pharmabranche, welche Zölle am Ende wirklich erhoben werden. Neue Zölle auf Pharmaprodukte „würden Europa besonders treffen und den Wert der Einigung deutlich schmälern“, erklärte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin gestern.
Ursula von der Leyen betonte: „Diese 15 Prozent stellen eine klare Obergrenze dar. Keine Stapelung. Alles inklusive.“ Zudem solle das Abkommen als Ausgangspunkt genutzt werden, um die Zölle in Zukunft wieder zu senken.
■ Was hat sich damit im Kern für die EU geändert?
Die von Trump zum 1. August angedrohten Zölle von 30 Prozent sind abgewendet. Doch auch der jetzt getroffene Deal mit 15 Prozent auf die meisten EU-Güter ist ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu heute. Seit April erheben die USA einen Basiszollsatz von zehn Prozent auf EU-Importe. Für einige Branchen sind die 15 Prozent wiederum eine Verbesserung. So hatte Trump Autos mit Zusatzzöllen von 25 Prozent belegt, was den Export in die USA zuletzt auch für deutsche Autohersteller um insgesamt 27,5 Prozent verteuerte. Zum Vergleich: Vor dem Amtsantritt Trumps lag der durchschnittliche Zollsatz auf EU-Güter laut der Europäischen Union in der Praxis bei nur etwa einem Prozent.
■ Welche Zugeständnisse der EU gab es noch?
Trump wäre nicht Trump, hätte er nicht gleich noch Geschäfte gemacht. Seit seinem Amtsantritt fordert er, Europas Firmen müssten mehr in den USA investieren – und Europa solle mehr Energie kaufen. Auch damit hat er nun Erfolg. Die EU sichert Trump zu, bis zum Ende seiner Amtszeit US-Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar zu kaufen. Laut EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sollen Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den USA die Lücken füllen, die der Verzicht auf russisches Gas und Öl gerissen hat. Zusätzlich verspricht die EU, in den kommenden Jahren 600 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren. Trump feierte nach der Einigung und sagte: „Ich glaube, das ist der größte Deal, der jemals gemacht wurde.“
■ Was kommt auf die Automobilindustrie zu?
Der Deal ist auch bei Autos recht einseitig. Denn Autos aus den USA sollen künftig zollfrei in die Europäische Union importiert werden können. Das bestätigte eine EU-Beamtin in Brüssel einen Tag nach der Einigung in Schottland. Die EU erhebt bislang auf Autoimporte aus den USA einen Zoll in Höhe von zehn Prozent. „Wir sind bereit, auf null zu gehen“, sagte die Beamtin. Voraussetzung sei, dass die Vereinigten Staaten sich an ihren Teil der Vereinbarung halten und die aktuell fällig werdenden Zölle auf Autoimporte aus der EU von 27,5 auf 15 Prozent senken.
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer betonte, das Handelsabkommen sei für die deutsche Autoindustrie zwar gut – aber weniger gut für die Arbeitsplätze. „Die Beschäftigten in der Auto- und Zulieferindustrie sind die Verlierer“, sagte Dudenhöffer. Mittelfristig könnten sich zehn Prozent der Arbeitsplätze in der Autoindustrie von Deutschland in die USA verlagern – in Zahlen rund 70 000. Für Hersteller wie BMW und Mercedes mit Produktionen in den USA bedeute der Deal hingegen, dass Autos weiterhin ohne Zusatzkosten nach Europa exportiert werden könnten. Schwieriger werde es für die Produktionsstandorte in Mexiko, die wohl mittelfristig verkleinert würden.
■ Zankapfel Stahl und Aluminium
Die Bundesregierung hofft noch auf Erleichterungen bei der hohen Belastung für Stahl und Aluminium. Die Einfuhr dieser Produkte in die USA ist nämlich trotz Einigung nach wie vor mit Zöllen von 50 Prozent belegt. Nach Angaben aus EU-Kreisen sollen aber bestimmte Mengen ausgenommen werden, so wie es schon vor Trumps Amtsantritt der Fall war. Man sehe hier weiter Bedarf zu verhandeln, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Sebastian Hille in Berlin. „Das ist einer der Bereiche, auf die wir besonderes Augenmerk legen werden.“ Weitere Bereiche nannte er nicht.
Stahl und Aluminium sind schon lange ein Zankapfel im Handelsstreit der USA mit der EU. Schon in seiner ersten Amtszeit hatte Trump im Jahr 2018 die Zölle auf 25 Prozent für Stahl und zehn Prozent für Aluminium erhöht. Seit seiner Wiederwahl hat er weiter an der Schraube gedreht – bis auf die 50-Prozent-Marke.
■ Welche Zölle zahlen andere Länder?
Nicht alle Handelspartner werden von Trump gleich behandelt. So hat es das Vereinigte Königreich besser erwischt. Im Mai einigten sich beide auf einen Basiszollsatz von zehn Prozent für Exporte in die USA. Die Autozölle wurden ebenfalls auf zehn Prozent verhandelt – für bis zu 100 000 Fahrzeuge pro Jahr. Das entspricht ungefähr der Menge der im vergangenen Jahr exportierten britischen Autos in die USA. Mit dem G7-Land Japan hat sich Trump ebenfalls auf 15 Prozent Basiszoll geeinigt. Japans Handelsvolumen mit den USA ist aber deutlich niedriger als das der EU. Indonesien (19 Prozent) und Vietnam (20 Prozent) zahlen mehr, die Verhandlungen mit China laufen noch.