Was Hitze mit unserem Körper macht

von Redaktion

Kopfüber ins kühle Nass: Abkühlung tut bei Hitze gut. Vor allem aber sollte man ausreichend Wasser trinken. © imago

München – Der Juli mit seinen 24 Regentagen war kein Garant für Sommergefühle. Aber Hoch „Julia“ hat die dunklen Wolken vertrieben. Am Mittwoch werden in München bis zu 35 Grad erwartet – gefühlt könnte es wegen der dichten Bebauung mehr werden. Von der Iberischen Halbinsel strömt extrem heiße Luft über Frankreich nach Bayern. Und es droht die ein oder andere tropische Nacht, in der die Temperatur nicht unter 20 Grad fällt.

Der Wetterdienst hat für München und viele südlich davon gelegene Landkreise eine Hitzewarnung herausgegeben. Eine solche erfolgt, wenn die gefühlte Temperatur an zwei Tagen in Folge die 32 Grad überschreitet und nachts wenig Abkühlung zu erwarten ist. Die schwül-heiße Luft kann besonders für ältere Menschen und solche mit Vorerkrankungen zur Gefahr werden, denn Hitze bedeutet für den Körper Schwerstarbeit. Er ist bemüht, seine Temperatur konstant um die 37 Grad zu halten. Dann arbeiten die meisten Zellen, Proteine und das Immunsystem optimal. Bei extremen Schwankungen sind die Prozesse gestört. Steigt die Körpertemperatur über 42 Grad oder sinkt unter 32 Grad, kann das sogar tödlich sein.

Gefährlich wird es, wenn der Körper mehr Wärme aufnimmt, als er wieder abgeben kann. Denn dann gerät die Körpertemperatur außer Kontrolle und steigt rasch an. Diese Grenze ist sehr individuell und hängt mit Lebensalter, Gesundheitszustand, Aktivität und Gewöhnung zusammen. Bei über 30 Grad hat der Körper vieler Mitteleuropäer Stress, sich selbst wieder zu kühlen.

Wer ist besonders gefährdet?

Das Herz-Kreislauf-System ist bei Hitze stark belastet. Menschen mit chronischen Vorerkrankungen in diesem Bereich sollten deshalb besonders vorsichtig sein. Mit steigendem Lebensalter verlangsamt sich die Regulierung der Körpertemperatur und es gibt weniger Schweißdrüsen – die körpereigene Klimaanlage funktioniert also schlechter.

Da ältere Menschen seltener Durst verspüren, besteht die Gefahr, dass sie austrocknen. Schon ein bis zwei Prozent zu wenig Wasser im Körper können laut dem Malteser-Hilfsdienst zu Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und Schwindel führen. Auch bei Kleinkindern ist Flüssigkeitsmangel ein Risiko und die Schweißproduktion geringer. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Erwachsenen, rund 1,5 Liter Wasser am Tag zu trinken. An heißen Tagen sollten es ein bis zwei Liter zusätzlich sein – und zwar keine Limonaden, Eistees oder Fruchtsäfte, sondern zuckerfreie mineralstoffhaltige Getränke. Wer unter Vorerkrankungen zum Beispiel an Herz oder Nieren leidet, sollte sich ärztlich beraten lassen. Denn hier kann eine zu hohe Trinkmenge gesundheitsschädlich sein.

Um gleichmäßig genug Flüssigkeit aufzunehmen, kann ein selbst erstellter Trinkplan hilfreich sein. Ist es heiß, sollten die Getränke weder sehr kalt noch ausgesprochen heiß sein, um dem Körper das Temperieren nicht zu erschweren. Alkohol, Kaffee und Schwarztee sollte man eher meiden.

Gerät die Schwitz-Kapazität des Körpers an Grenzen, kommt es zum Wärmestau: Die Körpertemperatur steigt oft in nur zehn bis 15 Minuten auf über 40 Grad. In der Folge schwillt das Gehirn an und es kommt zu Kopfweh, Bewusstseinsveränderungen oder Bewusstlosigkeit – ein Fall für den Rettungsdienst. Bei einem Hitzekollaps wiederum kommt es zu einem Abfall des Blutdrucks. Die Folge ist eine verminderte Gehirndurchblutung, die von einem Schwächegefühl über Übelkeit und Schwindel bis zur Bewusstlosigkeit führen kann. Auch das ist ein Notfall.

Laut der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) erhöht Hitze auch das Risiko für neurologische Erkrankungen. Eine im „European Heart Journal“ veröffentlichte Studie deutscher Neurologen kommt zu dem Schluss, dass aufgrund zunehmender nächtlicher Hitze das Schlaganfallrisiko signifikant gestiegen ist.

Extreme Hitze erhöht die Sterblichkeit

Hitze kann auch tödlich sein. In den Jahren 2023 und 2024 sind nach Schätzungen des Umweltbundesamts und des Robert-Koch-Instituts je etwa 3000 Menschen hitzebedingt gestorben – vor allem Menschen über 75 Jahren mit Vorerkrankungen wie Demenz, Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen. Bleibt es über mehrere Tage heiß, ohne nächtliche Abkühlung, steigt die Sterblichkeit dem Umweltbundesamt zufolge weiter an. In extremen Hitzefällen wie einem über Tage bestehenden sogenannten Hitzedom könne es zehntausende Todesfälle binnen weniger Tage geben, warnt die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG). Ein „Hitzedom“ ist ein meteorologisches Phänomen, bei dem eine starke Hochdruckzone wie eine Kuppel die Hitze über einem Gebiet einschließt.

Fällt die Temperatur nachts nicht unter 20 Grad, spricht man von einer tropischen Nacht. Weil der Körper sich nicht ausreichend erholen kann, sind oft Schlafstörungen die Folge – und die wiederum können psychische und geistige Folgen haben.

Studie: Hitze kann aggressiv machen

Eine psychische Folge kann erhöhte Aggressivität sein. Eine japanisch-südkoreanische Studie, veröffentlicht im „Yale Journal of Biology and Medicine“, kommt zu dem Schluss, dass das Risiko für Todesfälle durch Übergriffe mit jedem Grad mehr an Temperatur um 1,4 Prozent ansteigt. Auch die Notaufnahmen in Akutpsychiatrien sind voller. Sebastian Karl, Arzt am Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim, betont: „Hitze schlägt auf die Psyche. Wenn die Temperaturen steigen, steigt auch das Risiko für psychische Erkrankungen: pro Grad Celsius um 0,9 Prozent.“

Auch unser Gehirn ist bei sehr hohen Temperaturen spürbar weniger leistungsfähig. So haben Forscher aus Deutschland und Dänemark in einer Studie mehr als sieben Millionen Politiker-Reden aus acht Ländern analysiert. Ergebnis: An heißen Tagen verwendeten die Redner eine weniger komplexe Sprache. Die einfachere Sprache sei zwar für den Bürger erfreulich, aber auch ein Indikator für geringere geistige Aktivität, schreiben die Autoren.

Wirtschaft ist weniger produktiv

Auch Volkswirtschaften leiden unter Hitze: Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ausgerechnet, dass zehn zusätzliche Tage mit Temperaturen über 35 Grad zu einem Rückgang der jährlichen Arbeitsproduktivität um 0,3 Prozent führen. Das Umweltbundesamt verweist auf Studien, die für Zeiten hoher Hitzebelastung in Mitteleuropa durch mehr Arbeitsunfälle und weniger Konzentration und damit einhergehende Fehler bis zu zwölf Prozent weniger Produktivität annehmen.

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