Eine Insel der Glückseligkeit

von Redaktion

Mit dem Ruderboot aufs Insel-Idyll: Pfarrer Thomas Renftle (rechts im Bild), Martina Guglhör und ihr Schwager Michael zeigen uns „ihre“ Insel Wörth im Staffelsee. © Jens Hartmann

Staffelsee – An Fronleichnam pilgern Hunderte zur Kapelle St. Simpert nach Wörth im Staffelsee. Pfarrer Thomas Renftle und die Ehrengäste setzen mit der MS Seehausen über, der Rest per Ruderboot – wie an allen anderen Tagen auch. „Auf die Wörth gibt es keinen offiziellen Fährverkehr“, sagt Martina Guglhör, deren Familie eine Fischerei und den Bootsverleih betreibt. Zudem gehört die 56-Jährige zum Vorstand des Museums Seehausen, wie ihr Schwager Michael (68). Kaum jemand kennt die Insel so gut wie die beiden. Sie begleiten Pfarrer Renftle bei einem seiner Ausflüge auf die Wörth.

Die meisten kennen die Insel nur vom Vorbeifahren. Manche steigen auf der Buchau aus, um am Campingplatz einen Stopp einzulegen. Ein Ruderboot kostet zehn Euro pro Stunde, eine Viertelstunde brauchen routinierte Ruderer für die kürzeste Strecke zwischen Festland und Insel.

Immer wieder ist Martina begeistert, wenn sie die Wörth betritt: „Man streift den Alltag ab und spürt die Kraft der Insel.“ Pfarrer Renftle erinnert sich noch gut an seinen ersten Besuch. Er wollte einem Freund und Kollegen den Prozessionsweg zeigen und in der Kapelle eine Messe feiern. „Das war an einem wunderschönen Novembertag, ich hatte leider den falschen Schlüssel dabei“, erzählt er. Und so feierten sie die Messe im Freien – auf den Überresten der alten Kirche. „Wir haben gespürt, dass dies ein magischer Platz ist, ein Ort der Gottesbegegnungen.“

Vom ersten Schritt auf festem Boden sind es nur ein paar Minuten bis zur ersten Lichtung. Dort erwartet uns das Kunstwerk „25 Mönche“ von Thomas Straub – Figuren auf drei Meter hohen Holzstelen. Sie erinnern an das ehemalige Kloster und die 25 Mönche, die es hier um 800 gab.

Von der Lichtung aus führt der Pilgerweg weiter leicht bergauf. Michael Guglhör bleibt bei einer uralten Eiche stehen. Er schätzt das Alter auf rund 500 Jahre. Was dieser Baum alles erzählen könnte. Zum Beispiel, dass König Maximilian II. (1811–1864) und seine Frau Marie regelmäßig ihren Hochzeitstag auf der Wörth gefeiert haben. Damals gehörte die Insel Ferdinand von Miller, dem Leiter der königlichen Erzgießerei und Schöpfer der Bavaria und der Quadriga auf dem Siegestor in München.

Früher gab es einen Steg auf die Insel. Irgendwie mussten die Gläubigen schließlich zur Pfarrkirche der Gemeinde kommen. Das Gotteshaus war über 700 Jahre lang das religiöse Zentrum der ganzen Staffelseeregion. Irgendwann wurde der Steg immer morscher und es ertranken jedes Jahr Menschen beim Kirchgang im See. Zudem wurde die alte Kirche 1773 abgebaut und in Seehausen als St. Michael neu errichtet. So musste niemand mehr den beschwerlichen Gang über den Steg wagen. Unter der Wasseroberfläche sieht man noch die Überreste der Stegpfosten.

Ziel jedes Insel-Spaziergangs ist die Kapelle St. Simpert, die 1838 errichtet worden ist. In einem kleinen Archäologiepark sind die früheren Maße der ersten Bauten in der Wiese mit Steinen nachgemauert. Bereits in der späten Bronzezeit (ca. 2. Jahrtausend vor Christus) suchten die ersten Menschen die Insel auf und hinterließen auf dem Hochplateau ihre Spuren.

Die Wörth ist die einzige Insel im Staffelsee, auf der es ganzjährig Bewohner gibt – neben dem Hausmeister des Herrenhauses leben dort vier weitere Mieter. Die Insel sowie die Gebäude sind heute im Besitz der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung. Früher gab es auch ein Internat. Einer der berühmtesten Besucher der Knabenrealschule war der Schauspieler Jörg Hube. Der Anlegesteg des Anwesens ist nicht öffentlich. Daher ist eine komplette Umrundung der Insel zu Fuß nicht möglich.

Die reine Gehstrecke des Spaziergangs beträgt etwa 1,2 Kilometer, die sind in 30 Minuten gut zu schaffen. Allerdings lohnt es sich, mehr Zeit einzuplanen. Und: Ausreichend Proviant nicht vergessen, denn auf der Wörth im Staffelsee gibt es keine Einkehrmöglichkeit.

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