Sie lebt in zwei Welten: Daria Onyshchenko lebt in München, ist aber nach wie vor oft in Kiew. © Jens Hartmann
Kämpft in Bayern für ihr Land: Valentyna de Maar bei einer Demo für die Ukraine in München. © privat (3)/Michalek/Wolf
München – Natalia Mochalskyyverfolgt zwar die Nachrichten aus Alaska und Washington, erwartet aber nicht viel von den Gesprächen. Ein Kompromiss sei für Selenskyj nicht möglich, erklärt die 30-Jährige aus Odessa, die inzwischen in Garching (Kreis München) lebt. „Die Ukraine kann nach ihrer Verfassung Gebiete weder abgeben noch verkaufen. Selenskyj müsste für ein Abkommen seinen Eid brechen.“ Der Krieg kann ihrer Meinung nach nur auf militärischem Wege aufgelöst werden. Nur durch die Lieferung von Waffen, Technik und Geld könnten andere Staaten der Ukraine helfen. Trump sei es aber völlig egal, unter welchen Bedingungen der Krieg endet, glaubt sie. „Hauptsache, er kann sich selbst als Friedensstifter darstellen.“
Wirtschaftliche Sanktionen seien wichtig, sagt Mochalskyy. Aber sie allein hätten keine Wirkung, glaubt sie. Denn China und Indien würden weiterhin mit Russland Geschäfte machen. Solange Russland die Möglichkeit hat, den Soldaten hohe Summen zu zahlen, werde sich nichts ändern. „Russische Soldaten werden als Kanonenfutter in den Krieg geschickt. In der Ukraine hat das Leben eines Soldaten aber einen sehr hohen Wert.“ Allein, weil so viele Ukrainer seit drei Jahren an der Front für ihr Land kämpfen oder dort ihr Leben verloren haben, könne Selenskyj keine Gebiete opfern.
Die ukrainische FilmemacherinDaria Onyshchenko führt ein Leben zwischen zwei Welten: Sie verbringt viel Zeit in ihrer neuen Heimat München, aber nach wie vor auch in ihrer alten Kiew. Die Tage vor dem Alaska-Treffen erlebte sie dort. Sie bekam die täglichen Drohnen-Angriffe auf ihre Heimatstadt hautnah mit, die vielen Stunden, die Menschen deshalb in U-Bahn-Schächten verbringen müssen, um sich davor zu schützen: „Es ist extrem gefährlich hier“, sagt sie. Nach dem Trump-Putin-Treffen seien viele Ukrainer nun umso mehr bestürzt: „Sie haben das Gefühl, zu Bedingungen gezwungen zu werden, die nicht akzeptabel sind – wie Gebiete abzugeben.“
Natürlich wolle sie wie die meisten, dass der Krieg ende, sagt Onyshchenko – doch nicht um jeden Preis. Denn was viele vergessen würden: „Es geht nicht nur um ein Stück Land, das die Ukraine aufgeben müsste: Es geht um Kulturen, um Menschen, um Familien“, sagt sie. Mit den Gebietsabtretungen an Russland würden auch ganze Familienverbünde auseinandergerissen, weil sie plötzlich in zwei unterschiedlichen Ländern leben würden. Und zwar in Ländern, die zu Feinden geworden sind.
Valentyna de Maar hat eine klare Haltung, wenn es um das Gespräch in Alaska geht: „Mit Terroristen verhandelt man nicht, einem Kriegsverbrecher rollt man keinen roten Teppich aus – man bekämpft sie“, sagt die 47-jährige Ukrainerin, die im Landkreis Fürstenfeldbruck lebt. Damit bezieht sie sich auf den russischen Präsidenten Putin. Die jüngste Entwicklung erinnere sie sehr an die Politik der 1930er-Jahre, sagt sie. Damals versuchte unter andern der britische Premierminister Neville Chamberlain, mit Zugeständnissen Adolf Hitler und Nazi-Deutschland zu beschwichtigen. Am Ende erreichte er das Gegenteil. Das müsse eine Warnung sein, auch im Umgang mit Putin, fordert de Maar: „Wir dürfen ihm jetzt nicht geben, was er will. Das senkt seinen Appetit nicht, es steigert ihn.“ Stattdessen müsse sich Europa gemeinsam gegen Russland stellen und die Ukraine noch stärker unterstützen.
Ein „schlimmes Zeichen“ für die Ukraine und ganz Europa, so empfand die Ukrainerin Hanna Bovhyria den Alaska-Gipfel zwischen Trump und Putin. „Der US-Präsident will nichts Gutes für die Ukraine, stattdessen macht er sich zum Diener Russlands.“ Harte Worte von der 42-jährigen Ukrainerin, die seit 2022 in Unterschließheim im Kreis München lebt. Trump sei viel zu nachsichtig mit dem russischen Präsidenten umgegangen, habe ihn hofiert. „Wenn wir Putin geben, was er will, dann wird er weitermachen“, glaubt Bovhyria. Nicht nur in der Ukraine, sondern möglicherweise auch in anderen Ländern. Obwohl ihr Mann als Soldat in der Ukraine jeden Tag weiterhin sein Leben aufs Spiel setzt, dürften ihr Land und Europa jetzt nicht aufgeben.
Putin könne das Treffen mit Trump in Russland nun als PR-Sieg ausschlachten – für die Ukraine sei das sehr bitter, sagtAlla Budnichenko. Die Ukrainerin, die in Ebersberg wohnt, findet: „Es darf keine Verhandlungen ohne die Ukraine geben.“ Ihr kam der Gipfel so vor, als verhandelten da zwei Männer über das Schicksal ihres Landes, die beide nur eigene Interessen verfolgen: „Trump will die Rohstoffe der Ukraine, Putin will das Land zerstören.“ So könne kein Frieden gelingen, sagt die 42-Jährige.