Unser Leben mit Demenz und Parkinson

von Redaktion

Darf ich bitten? Gerda (81) macht mit ihrem Lebensgefährten Wolfgang (81) eine Tanztherapie. © Astrid Schmidhuber

Lachen verbindet: Dr. Marina Bontron mit Patientin Ilse K. (93), die an beginnender Demenz leidet. © Astrid Schmidhuber

Ein Küsschen für den Besten: Ingrid (86) und Klaus (90) gehen regelmäßig gemeinsam in die Tagespflege des Marion von Tessin Memory-Zentrums. © Astrid Schmidhuber

München – Ilse K. ist waschechte Münchnerin. Früher leitete die inzwischen 93-Jährige einen großen Lebensmittelmarkt, heute aber ist oftmals „das Gedächtnis nicht mehr so gut und meine Stimmung im Keller“, erzählt sie. Auch mit den sozialen Kontakten ist es manchmal schwierig. „Ich fühle mich alleine, mein Mann ist vor 38 Jahren gestorben, und meine Kinder und Enkel haben auch nicht immer für mich Zeit“, sagt Ilse K.

Umso mehr liebt sie die Sprechstunden bei Dr. Marina Bontron. Die Altersmedizinerin hat viele Patienten, die sich über soziale Unterstützung durch Familie und Freunde freuen, aber zugleich Angst haben, jemandem zur Last zu fallen. „Wir ermutigen die Menschen, sich nicht zurückzuziehen, sondern mit anderen in Kontakt zu bleiben“, sagt Marina Bontron.

Hilfe anzunehmen, fällt vielen schwer

Der Vergangenheit nicht nachzutrauern, sondern das Beste aus der Gegenwart zu machen, das ist die Philosophie von Ingrid E. (86). Sie lebt mit ihrem Mann Klaus (80) in München – ganz in der Nähe der Familie des Sohnes. Der Sohn machte sich Sorgen um seinen Vater und brachte ihn zum Check ins Marion von Tessin Memory-Zentrum (MvTZ), wo tatsächlich eine leichtgradige Demenz diagnostiziert wurde. Inzwischen ist auch seine Frau Ingrid in Behandlung. Die 86-Jährige leidet unter anderem an einem Parkinson-bedingten Tremor, einer Bewegungsstörung.

Das Ehepaar, das seit 1958 verheiratet ist, kommt gemeinsam in die Tagespflege: derzeit nur zwei Tage in der Woche. Denn im Moment reicht es noch, wenn sich Pfleger bei beiden jeden Morgen und Abend darum kümmern, dass sie ihre Medikamente einnehmen – und Ingrid E. dabei helfen, ihre Thrombosestrümpfe anzuziehen. Die Eheleute könnten es sich aber durchaus vorstellen, täglich zu kommen.

Hilfe anzunehmen, ist nicht immer einfach, denn es bedeutet auch, schrittweise die eigene Selbstständigkeit preiszugeben. „Mein Auto aufzugeben, fiel mir sehr schwer“, bestätigt Klaus E. Mit dem Rollator konnte sich der ehemalige Textilunternehmer erst anfreunden, „nachdem meine Familie mich monatelang bearbeitet hat“.

Beide Ehegatten verbrachten einige Wochen in der Tagesklinik. Die Patienten dort werden morgens von zu Hause abgeholt und abends nach Hause gebracht. „Das kommt den Patienten sehr entgegen, da sie nicht aus ihrem gewohnten Umfeld herausgerissen werden müssen, denn ein vollstationärer Aufenthalt wird oft als belastend empfunden“, sagt der Psychiater Prof. Michael Riedel. Er leitet das Marion von Tessin Memory-Zentrum, das in München drei Standorte hat. Neben der medizinischen Behandlung gibt es dort auch Psychotherapie, Sprach- und Schlucktherapie, Physiotherapie, Sturzprophylaxe, Ergo-, Kunst- und Musiktherapie – und einen Therapiehund. Die Tagesklinik und Ambulanzen sind für gesetzlich und privat Versicherte gleichermaßen zugänglich.

Auch Gerda P. bekommt Hilfe im MvTZ. „Ich war vier Wochen in der Tagesklinik und mache seitdem Tanztherapie“, erzählt die 81-Jährige, die an Alzheimer erkrankt ist. Ihr Lebensgefährte Wolfgang (81) hat Parkinson – und Gerda hat ihm „wochenlang vorgeschwärmt, wie nett und geduldig hier alle sind“. Mit Erfolg. Sie schaffte es schließlich, ihn zu einer gemeinsamen Tanztherapie zu überreden. Tanzen hilft bei Demenz und auch bei Parkinson – es hebt die Laune, trainiert Körper und Geist und macht es möglich, ganz ohne Worte in Kontakt zu treten.

Das Memory-Zentrum

Die Künstlerin Marion von Tessin erlebte die Demenz ihrer Schwester Ingeborg und gründete die Marion von Tessin-Stiftung mit dem gemeinnützigen Ableger Marion von Tessin Memory-Zentrum (MvTZ). Das MvTZ betreibt eine Tagesklinik, zwei Ambulanzen und zwei Tagespflegeeinrichtungen und ist damit einer der größten Versorger in der Region. Das MvTZ beschäftigt rund 80 Fachärzte, Psychologen, Spezialtherapeuten, Sozialpädagogen und Pflegekräften unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Riedel. In München gibt es Standorte an der Nymphenburger Str. 45 und 92 sowie an der Herzog-Heinrich-Str. 22. Infos: www.mvt-zentrum.de; Tel. 089/ 215 43 210.

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