München – Maue Absatzzahlen für E-Autos, US-Zölle, Stellenabbau: Die deutsche Autoindustrie schwächelt. Wir sprachen mit dem Automobilexperten Frank Schwope von der Fachhochschule des Mittelstands Berlin über die Aussichten.
Wie ernst ist die Lage in der deutschen Autoindustrie?
Die Lage ist ernst, aber hoffnungsvoll. Und obwohl die Lage ernst ist, stecken die deutschen Automobilhersteller nicht in einer schweren Krise. Die Hersteller verdienen immer noch Milliarden. Natürlich waren die Gewinne in den Corona-Jahren noch höher, das waren aber Ausreißer. Nehmen wir die Jahre vor Corona als Vergleich, sehen wir: Die deutschen Hersteller stehen heute sogar teilweise besser da.
Warum ist dann immer von einer Krise in der Autoindustrie die Rede?
Richtig ist, dass die Hersteller Probleme haben, etwa durch die Elektromobilität, die verschlafen wurde, und die neuen chinesischen Konkurrenten. Und natürlich treffen sie die US-Zölle. In einer echten Krise stecken aber nur die Zulieferer, nicht die Hersteller. Aber in der Branche gehört Jammern eben auch zum Geschäft.
Sie sagen auch, die Lage sei sogar hoffnungsvoll. Was stimmt Sie zuversichtlich?
Zum Beispiel die Neue Klasse von BMW, die jetzt auf der IAA präsentiert wird. Das ist eine ganz neue Modellreihe, die sowohl für Verbrenner als auch für Elektroautos konzipiert ist. Damit bleibt BMW mit anderen Elektroautoherstellern konkurrenzfähig. Oder Volkswagen: Hier sehen wir, dass die Elektromodelle in Europa beliebt sind. Die Konzernfahrzeuge sind bei den Zulassungszahlen in Deutschland auf führenden Plätzen. Das Kundenvertrauen in die großen deutschen Marken ist hoch.
Auf die IAA kommen in diesem Jahr wieder neue Hersteller aus China, die in Europa praktisch unbekannt sind – etwa Changan oder XPeng. Sie präsentieren auch Elektroautos – obwohl die EU vor rund einem Jahr darauf hohe Zölle verhängt hat. Offenbar scheint das die Chinesen nicht zu stören.
Das stimmt, das stört die überhaupt nicht. China hat massive Überkapazitäten im Heimatmarkt und versucht daher weiter, neue Märkte zu erobern. Und mit Hybridfahrzeugen lassen sich die Zölle umgehen. Marken wie BYD oder MG sind gekommen, um zu bleiben.
Waren Sie überrascht, dass sich Tesla auf der diesjährigen IAA in München nicht präsentiert?
Nein, überhaupt nicht. Tesla präsentiert sich nur höchst selten auf Messen.
Vor zwei Jahren waren sie aber da.
Aber das ist eine der wenigen Ausnahmen. Messen gehören nicht unbedingt zur Marketingstrategie von Tesla.
Wie geht es weiter mit der Branche?
Die ganz große Herausforderung für die deutschen Hersteller kommt Ende des Jahrzehnts, wenn das autonome Fahren breit ausgerollt wird. Sollten die deutschen Hersteller hier den Anschluss nicht halten, dann wird‘s wirklich gefährlich.