Niesen, hüsteln, juckende Augen in der Nähe von Wiesen: Nach den Frühblühern wie Birke, Erle und Hasel werden Allergiker im Sommer vor allem von Gräser-, Kräuter- und Ambrosiapollen geplagt. Im Spätsommer folgen dann Beifußpollen. © Mauritius Images
Das Buch zum Thema: 192 Seiten, 22 Euro. Es erscheint am 26. August bei Humboldt.
Der Pricktest wird in der Arztpraxis durchgeführt. Er spürt die Auslöser einer oder mehrerer Allergien auf. © Mauritius Images
Viele Menschen reagieren auf ihre geliebten Haustiere allergisch, ganz speziell auf Katzen. © Mauritius Images
München – Jeder dritte Deutsche leidet unter einer oder mehreren Allergien – gegen Pollen, Hausstaub, Tierhaare oder Nahrungsmittel. In Zahlen sind dies Schätzungen zufolge hierzulande bereits rund 20 Millionen Menschen. Und zwar mit steigender Tendenz. Dr. Andrea Flemmer ist Diplom-Biologin, Ernährungswissenschaftlerin, Dozentin an der Fachhochschule München sowie Autorin des Buches „Allergien verstehen und natürlich behandeln“. Darin erklärt sie, welche Reaktionen Allergien im Körper auslösen – und wie man mit und auch ohne Medikamenten auf natürliche Weise gegensteuern kann.
Tränende Augen, Niesanfälle, gereizte Haut oder Atembeschwerden: Allergien gehören heute zu den häufigsten chronischen Erkrankungen – und sie betreffen längst nicht mehr nur Menschen im Frühling oder Sommer. Viele Allergiker kämpfen ganzjährig mit Beschwerden, ausgelöst durch Hausstaubmilben, Tierhaare, Schimmelsporen oder Inhaltsstoffe in Kosmetika und Putzmitteln. Die Liste der Auslöser ist lang – und sie betrifft fast alle Lebensbereiche.
„Eine Allergie ist im Grunde eine Überreaktion des Immunsystems auf harmlose Substanzen“, erklärt Dr. Andrea Flemmer. „Der Körper hält Stoffe wie Pollen, Tierhaare oder Konservierungsstoffe fälschlicherweise für gefährlich und startet eine Abwehrreaktion.“ Dieser Irrtum des Immunsystems verläuft in zwei Phasen: Beim ersten Kontakt mit dem Allergen bildet der Körper sogenannte IgE-Antikörper (Immunglobulin E). Kommt es dann zu einem erneuten Kontakt, setzen bestimmte Zellen große Mengen Histamin frei. Das löst typische Beschwerden wie Juckreiz, Schleimhautschwellungen oder Hautrötungen aus.
Die Symptome reichen von leichten Reizungen bis hin zu schweren allergischen Reaktionen. Dazu gehören: laufende Nase, tränende Augen, Hautausschlag, asthmatische Beschwerden oder sogar Magen-Darm-Probleme. Bei Insektengiften oder Nahrungsmitteln kann es im Extremfall sogar zu einem anaphylaktischen Schock kommen – einem medizinischen Notfall.
■ Komplexe Ursachen
Die Ursachen sind komplex. Neben einer genetischen Veranlagung – Kinder von Allergikern sind besonders gefährdet – spielen auch Umweltfaktoren eine nicht zu unterschätzende Rolle. „Unsere moderne Lebensweise bringt das Immunsystem aus dem Gleichgewicht“, sagt Dr. Andrea Flemmer. Luftverschmutzung, eine übertriebene Hygiene in der Kindheit, ein mangelnder Kontakt mit natürlichen Keimen, aber auch Stress und unausgewogene Ernährung gelten als Risikofaktoren. Besonders auffällig: Immer mehr Kinder entwickeln bereits in jungen Jahren Allergien – oft in Kombination mit Neurodermitis oder Asthma.
■ Prävention im Alltag
Nicht immer muss gleich zu Medikamenten gegriffen werden. Gerade bei leichten bis mittleren Beschwerden kann eine bewusste Gestaltung des Alltags viel bewirken. Ein ganz wichtiger Punkt ist dabei das Wohnumfeld. „Hausstaubmilben fühlen sich in Matratzen, Teppichen, Stoffmöbeln und Vorhängen besonders wohl“, erklärt Andrea Flemmer. Wer betroffen ist, sollte auf sogenannte Encasings – milbendichte Bezüge für Matratzen, Kissen und Decken – setzen und diese regelmäßig bei mindestens 60 Grad waschen.
„Ein glatter Bodenbelag aus Laminat, Parkett oder Fliesen führt dazu, dass Pollen und Staubflusen ständig in die Raumluft aufgewirbelt werden. Deshalb sollten solche Böden zweimal pro Woche feucht gewischt werden.“ Teppiche dagegen binden Staub und Pollen. „Hier unbedingt auf niederflorige Varianten setzen, damit sie nicht zur Brutstätte von Milben werden. Teppiche müssen regelmäßig gesaugt werden, idealerweise mit einem HEPA-Filtergerät“, empfiehlt die Autorin. Danach gilt: „Gründlich lüften und den Raum erst nach 20 bis 30 Minuten wieder betreten.“YVONNE WALBRUN