Australien jagt mordenden „Reichsbürger“

von Redaktion

Eine Person legt Blumen für die Opfer nieder am Police Memorial. © Con Chronis/dpa

Sydney – Zwei Polizisten sterben im Kugelhagel, der Schütze flüchtet in die australische Wildnis – und versetzt eine ganze Region in Angst. Der Fall zeigt wachsende Gefahren, die man auch in Deutschland kennt. Im Süden Australiens fahnden hunderte Polizisten seit Tagen nach dem schwer bewaffneten Gewalttäter, der die Beamten erschossen hat und sich vermutlich in der Wildnis versteckt hält. Die Behörden rechnen ihn den selbst ernannten „Sovereign Citizens“ zu – einer ideologischen Strömung, die mit den deutschen „Reichsbürgern“ vergleichbar ist. Spezialeinsatzkräfte durchkämmen rund um die Uhr das Umland eines abgelegenen Landguts im Bundesstaat Victoria, wo vor einer Woche die tödlichen Schüsse fielen.

Eigentlich wollten zehn Beamte der örtlichen Polizei am Dienstagvormittag einen Haftbefehl gegen den 56-jährigen Desmond Filby wegen Sexualdelikten vollstrecken. Als sie ihn auf seinem Grundstück aufsuchten, eröffnete er plötzlich das Feuer. Im Kugelhagel starben zwei Polizisten, ein dritter wurde schwer verletzt. Filby ist spurlos verschwunden, die ganze Region in Angst.

In der 1000-Seelen-Gemeinde Porepunkah am Fuß der australischen Alpen herrscht seit der Bluttat völliger Ausnahmezustand. Überall Streifenwagen und Konvois gepanzerter Fahrzeuge, am Himmel kreisen Polizeihubschrauber und Drohnen. Mehr als 450 Polizisten aus mehreren Bundesstaaten sind im Dauereinsatz. „Wir werfen alles rein“, versprach der für Verbrechensbekämpfung in Victoria zuständige Minister Anthony Carbines.

Mehrere Hundestaffeln spüren dem momentan wohl meistgesuchten Mann Australiens nach – ein Eigenbrötler, der genau weiß, wie man in der Natur überleben und abtauchen kann. In dem Gebiet gibt es Höhlen und stillgelegte Minen. Dass sich Filby schon lange vor der Tat aufs Land zurückgezogen hat, dürfte kein Zufall sein. Als „Sovereign Citizen“ glaubt er, keinen staatlichen Gesetzen zu unterliegen – und fühlt sich dort sicher. Sein Hass auf die Staatsgewalt ist gut dokumentiert: In Medienberichten und Gerichtsdokumenten wird er als vorbestrafter Waffennarr beschrieben, der mit pseudo-juristischen Argumenten gegen den Rechtsstaat aufbegehrt, Polizisten als „neue Gestapo“ und „Nazi-Handlanger“ beschimpft.

Zwar kann – ähnlich wie bei den Reichsbürgern in Deutschland – niemand genau sagen, wie viele Anhänger die Bewegung hat. Aber der Inlandsgeheimdienst warnt vor dem Erstarken rechtsextremer Gruppen, denen auch die „Sovereign Citizens“ zugerechnet werden. Die zahlreichen Sympathiebekundungen für den Flüchtigen in Sozialen Medien sprechen für sich. Filbys Ehefrau Amalia, die drei Kinder mit ihm hat und nach der Tat verhört wurde, hält nach eigenen Angaben nichts von Verschwörungserzählungen. In einer schriftlichen Stellungnahme sprach sie den Angehörigen der getöteten Polizisten ihr Beileid aus – und forderte ihren Mann auf, sich zu stellen.

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