Krieg am Joystick

von Redaktion

Immer leistungsfähigere Drohnen verändern die Taktik auf dem Schlachtfeld, das zeigt sich in der Ukraine deutlich

Abgeschossene russische Kampfdrohnen iranischer Bauart des Typs „Geran 2“ liegen auf dem Boden. © pa

München – Die Bilder aus der Ukraine sind auch Bilder einer neuen Art von Kriegsführung. Drohnen werfen Bomben über Schützengräben ab, verfolgen Panzer, oder rasen in Gebäude und sprengen sie in die Luft. Der Krieg ist zumindest teilweise ein ferngesteuerter. IT-Spezialisten und Gamer, die den Joystick im Schlaf beherrschen, sitzen inzwischen weit weg vom Einsatzort, weil die Drohnen immer leistungsfähiger werden. Das bietet Sicherheit. Sie sind zu zentralen Akteuren in einem digital geführten Krieg geworden. Für die Bodentruppen an der Front sind sie eine wichtige Unterstützung.

Auch Russland hat verstanden, dass es nicht mehr reicht, eine Menschenwelle nach der anderen auf die feindlichen Stellungen zu jagen – und versucht, die Hoheit über den unteren Luftraum zu gewinnen. Jenen Raum, der nicht von Kampfjets dominiert wird, sondern von Drohnen. Jeden Tag meldet die Ukraine teilweise hundert Drohnenangriffe – und antwortet selbst damit.

Die Zeiten, in denen Kampfdrohnen eher aussahen wie kleine Spielzeuge, sind vorbei. Russland und die Ukraine entwickeln immer leistungsfähigere Varianten. Die russische Geran-3-Düsendrohne zum Beispiel kann 600 km/h erreichen und ist schon eher ein Marschflugkörper. Die neuen Jetdrohnen sind zu schnell für Abfangdrohnen und sogar für Hubschrauber. Das bringt die ukrainische Luftabwehr in Nöte. Aber auch die Ukraine ist umtriebig. Die neue Drohne „Nemesis“ kann bis zu 30 Kilometer weit fliegen und nutzt das Starlink-Satellitennetz. Das macht sie für Russland schwer störbar. „Nemesis“ hat zudem Infrarot und kann so nächtliche Angriffe fliegen.

Für Europa ist diese Entwicklung Lehrstück und Warnung zugleich. Die Bundeswehr braucht nicht nur Personal, sondern auch neue Technik. Erst am Dienstag hat Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) mehr Tempo bei der Entwicklung gefordert. „Wir brauchen schnellstmöglich eine gemeinsame europäische Drohne“, sagte er in Brüssel. 2018 hatten sich Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien auf ein Projekt zur Entwicklung eines gemeinsamen Drohnensystems geeinigt. Im Jahr 2022 wurde ein Durchführungsabkommen unterzeichnet. Der Krieg in der Ukraine zeige deutlich, dass sich ohne bewaffnete und leistungsfähige Drohnen kein Krieg mehr gewinnen lasse, sagte Rhein. Die jahrelange Debatte habe Europa zurückgeworfen. Die USA und China lägen deutlich vorn. „Wir brauchen deshalb einen Booster für die Eurodrohne: mehr Zusammenarbeit, mehr gemeinsame Forschung und Beschaffung und ein klares Mindset für mehr Innovation und weniger Ideologie.“

In der Nacht zum Mittwoch flog Russland laut Kiew erneut massive Angriffe. Mit 24 Raketen – und 502 Drohnen.WHA

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