Der iX3 von hinten: Ein Mann poliert nach der Präsentation das Auto wieder auf Hochglanz. © Michaela Stache/AFP
Der Star betritt die Bühne: Mit einer großen Lichtshow präsentierte BMW seinen neuen Hoffnungsträger. © Stache/AFP
Blick ins Innere: Ein bisschen futuristisch und natürlich nobel sieht das Zukunftsmodell von BMW aus. © Michaela Stache/AFP
Ganz in Weiß: Ein Modell der „Neuen Klasse“ mit Panoramadach gab es auch zu sehen. © Michaela Stache/AFP
„Der Erste einer neuen Ära“ steht auf Englisch an der Wand. Die Fachpresse begutachtet den iX3 aus der Nähe. © Anna Szilagyi/EPA
München – Er steht bullig da, auch wenn die Nieren etwas kleiner sind. Die lange prägenden Zierelemente aus Chrom wurden durch Lichtspiele ersetzt. Statt einer klassischen Instrumententafel mit Tacho hinter dem Lenkrad gibt es jetzt das sogenannte Panoramic Vision – eine Art durchgängiges und gestochen scharfes Head-up-Display mit viel Tiefe, das über dem Armaturenträger über die gesamte Breite der Windschutzscheibe läuft: Nach vier Jahren Vorarbeit wurde nun das erste Auto der komplett neuen Fahrzeuggeneration in München vorgestellt, der iX3, das erste Modell der lange angekündigten „Neuen Klasse“. Mit ihr will sich BMW neu erfinden, sie soll die Zukunft der Marke prägen.
Oliver Zipse, Vorstandsvorsitzender von BMW, bezeichnete die Premiere gestern als einen „wirklichen Einmal-im-Leben-Moment“. Der iX3 sei nicht nur ein Auto, hatte Zipse schon Mitte Juli auf einer Vorpremiere für Journalisten gesagt. Gestern sprach er von einem „massiven Sprung, der die ganze Marke für Jahre prägen wird“. Denn auf der Basis des iX3 sollen allein in den nächsten zwei Jahren 40 weitere Modelle der Neuen Klasse folgen.
„Wir definieren BMW neu“, erklärte im Sommer Mike Reichelt, der Chef des Projektes. Der ganze Konzern fiebert seit Langem auf den Produktstart hin, das Produktionsnetzwerk wurde für den Bau der E-Fahrzeuge umgekrempelt. Selbst der Name verspricht viel (siehe Text unten). Die Latte liegt also hoch – und das muss sie auch. Immerhin dürfte die Neue Klasse darüber entscheiden, ob BMW die Nummer eins unter den Premiumherstellern bleibt – oder angesichts der Konkurrenz aus Asien zu einer regionalen Marke degradiert wird.
Dass die Münchner sich ein SUV aus der Mittelklasse ausgesucht haben, um die Innovationen vorzustellen, ist eher ungewöhnlich. Üblicherweise zelebriert BMW neue Technologien mit Luxuskarossen wie dem 7er. Dass die Wahl auf ein bezahlbareres Fahrzeug fiel, ist aber kein Zufall. „Wir gehen voll in das Volumensegment“, erklärt BMW-Chef Zipse. Und das nicht nur wegen der chinesischen Konkurrenz, die besonders stark in diesem bei Kunden beliebten Segment wildert. Neue Technik über Verkaufsschlager auszurollen, sei „gut für die Profitabilität, denn in unserer Industrie dreht sich alles um Skalierung“, so Zipse. „Die Neue Klasse war nie für eine Nische gedacht.“
68 900 Euro soll der iX3 kosten, Mitte 2026 soll ein Einstiegsmodell für rund 60 000 Euro folgen. Das sei „das wettbewerbsfähigste Angebot“ in der Autoindustrie, wirbt Zipse. Und mit der Gewinnmarge sei man trotzdem nah am Verbrenner. Der Kunde bekommt dafür nicht nur serienmäßig immer das neue Panoramic Vision, sondern auch satte 365 kW, die das Auto in 4,9 Sekunden auf 100 anschieben und zugleich einen niedrigen Verbrauch von 15 kwh auf 100 Kilometer. Vor allem bei der Batterietechnik rühmt sich BMW, mit seinen neuen Rundzellen „einen echten Durchbruch“ erzielt zu haben und die Reichweitenangst endlich vergessen zu machen. Die 109 Kilowattstunden der Batterie sind gut für 800 Kilometer Reichweite, dank 800-Volt-System lädt das Auto 350 Kilometer in zehn Minuten.
Und es gibt noch mehr Neues. Autonomes Fahren bis Tempo 130 mit einem System, für das Zipse „null Unfälle“ verspricht und das an Märkte wie China mit weniger strengen Regeln angepasst werden kann. Mit vier extrem schnellen Computern und einem Superhirn will BMW die Neue Klasse außerdem zur „ultimativen Fahrmaschine“ machen, bei der alle Systeme zehnmal schneller reagieren – im Alltag aber trotzdem nicht übergriffig sind.
Auch nachhaltig sollen die neuen BMWs sein. Dank einer Batterie, in der Sekundärstoffe eingesetzt werden, einem Frunk (Stauraum unter der Fronthaube) aus Meeresplastik oder Alufelgen aus recyceltem Aluminium wird der CO2-Fußabdruck pro fertigem Fahrzeug auf 13,4 Prozent gesenkt. Das ist zwar immer noch rund 40 Prozent mehr als bei einem vergleichbaren Verbrenner. Weil die Emissionen im Betrieb aber geringer sind, ist das E-Auto schon nach 20 000 Kilometern besser fürs Klima.
BMW krempelt für die Neue Klasse auch sein Produktionsnetzwerk komplett um. Das Stammwerk in München wurde zum reinen Elektro-Werk umgebaut, im ungarischen Debrecen stampfte der Konzern gleich eine neue Fabrik für die Neue Klasse aus dem Boden. Daneben hat man viel investiert, um in Sachen Batterien vorne mit dabei zu sein. Zum Beispiel in Parsdorf und Irlbach-Straßkirchen. Auch das US-Werk in Spartanburg wird elektrifiziert und erhält eine Batteriefertigung.
Die Vorbereitung der Neuen Klasse war der größte Investitionsmarathon in der Geschichte von BMW. Zu konkreten Zahlen hält sich der Konzern zwar bedeckt. Doch intern ist von rund einer Milliarde Euro an Finanzmitteln die Rede. Zipse: „Wir sind zuversichtlich, dass sich das Risiko, das wir mit der Neuen Klasse eingegangen sind, auszahlen wird.“ Dass die Nachfrage zu gering sein könnte, darüber mache er sich keine Sorgen.