Messe der Hoffnungen

von Redaktion

Auf der IAA zeigen die deutschen Hersteller ihre Zukunft – und treffen auf starke Konkurrenz vor allem aus China

Konkurrenz aus der Türkei: Das Modell T10X gibt es auf der IAA auch zu sehen. © EPA

Die Kleinen und die Großen: Oliver Blume, Chef von VW und Porsche, präsentierte am Sonntag in München neue Modelle. VW setzt auf Kleinwagen, Porsche rüstet den 911 auf. © EPA

Weltpremiere: Mercedes stellte den elektrischen GLC jetzt in München vor. © EPA

München – Ob BMW, Mercedes oder VW: Auf der Automesse IAA wollen die strauchelnden deutschen Autobauer mit neuen Elektro-Modellen in die Offensive. Auf der Überholspur tummeln sich Hersteller aus China. Platzhirsch BYD, größter E-Autobauer weltweit, ist in München ebenso vertreten wie Chery, der die Gründung deutscher Niederlassungen der Tochtermarken Omoda und Jaecoo angekündigt hat. 116 Unternehmen aus China auf der IAA – das ist deutlich mehr als zwei Jahre zuvor.

Viele Autohersteller kämpfen mit teils herben Verlusten. Die geopolitischen Herausforderungen und nicht zuletzt die US-Zölle drücken aufs Geschäft. Von der IAA solle „ein selbstbewusstes Signal der Stärke und zukunftsorientierten Mentalität“ ausgehen, sagte Jürgen Mindel, Geschäftsführer beim Verband der Automobilindustrie (VDA), der die IAA ausrichtet.

Die Automesse steht klar im Zeichen der E-Mobilität. Bei BMW und Mercedes fällt in diesen Tagen ständig der Slogan von einer „neuen Ära“. BMW hatte erst am Freitag mit dem iX3 das erste Modell seiner voll elektrisierten „Neuen Klasse“ vorgestellt. BMW hat Milliarden investiert und setzt alle Hoffnungen in die „Neue Klasse“, die viele als Schicksalsmodell für den Münchner Autobauer sehen.

Dass die Zukunft elektrisch ist, daran gibt es nach Meinung von Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer keine Zweifel mehr. „Das schräge Vorurteil, die deutschen Autobauer hätten die Elektromobilität verschlafen, geht schon lange an der Realität vorbei“, sagt er. Die Preisschere zu Verbrennern habe sich deutlich verringert. Die deutschen Autobauer verfolgten „immer stärker die Strategie, Elektroautos für Kunden attraktiver zu machen“.

Mercedes braucht Verkaufsschlager

Mercedes hat in München mit dem GLC seinen vollelektrischen Hoffnungsträger vorgestellt. Der SUV aus dem mittleren Segment des Autobauers war bislang nur als Verbrenner oder Plug-in-Hybrid erhältlich. „Der GLC ist das meistverkaufte Modell, deswegen ist dieses Auto so wichtig“, sagte Mercedes-Chef Ola Källenius. Der Verkauf starte vor Weihnachten. Einen Preis gibt es noch nicht. Er soll sich aber kaum vom heutigen GLC unterscheiden. Die Preise von E-Autos und Verbrennern nähern sich bei Mercedes laut Källenius an. Den Verbrenner-GLC gibt es aktuell ab 54 000 Euro.

Einen Verkaufsschlager könnte Mercedes ziemlich gut gebrauchen. Im ersten Halbjahr hatten die Stuttgarter nämlich acht Prozent weniger Pkw und Vans abgesetzt als im ohnehin schon schwachen Vorjahreszeitraum. Das Konzernergebnis hat sich mehr als halbiert.

Der neue GLC nähert sich optisch wieder deutlich dem klassischen Verbrenner an. Als erstes Modell der neuen Elektro-Baureihe komme der „GLC 400 4MATIC“ auf den Markt. Reichweite angeblich 700 Kilometer. „Der neue GLC ist ein wichtiger Schritt für Mercedes“, sagte Experte Dudenhöffer. Mercedes habe sich zuletzt zu stark auf das Luxussegment kapriziert und dadurch Kunden verloren.

VW setzt voll auf Elektro-Kleinwagen und will damit in Europa 20 Prozent Marktanteil ergattern, wie Konzernchef Oliver Blume sagte. „Wir haben ein klares Ziel: Eine führende Position im Einstiegssegment in unserem Heimatmarkt Europa.“ Auf der IAA zeigt VW vier neue Elektro-Kleinwagen von drei Konzernmarken, die 2026 auf den Markt kommen sollen, darunter der ID. Polo ab knapp unter 25 000 Euro.

Den Auftakt soll 2026 das Cupra-Schwestermodell Raval machen, hinzu kommen die zwei SUV-Varianten VW ID. Cross und Skoda Epiq. Gebaut werden alle vier aus Kostengründen in Spanien. Das Marktsegmet habe ein „riesiges Potenzial“, sagte Blume. Der Markt für vollelektrische Kleinwagen in Europa werde nach 2030 rund viermal so groß sein wie jetzt. „Jedes Jahr wollen wir mehrere hunderttausend Autos dieser Modellreihe verkaufen.“

Die VW-Tochter Porsche macht den 911 fit für den Wandel. Zwar bleibt ein rein elektrischer Antrieb noch immer außen vor, aber der Turbo S wird zum Hybriden aufgerüstet. Er soll seinen Einstand in dieser Woche auf der IAA in München geben und zum Jahreswechsel in den Handel kommen. Als Coupé kostet es 271 000 Euro, das Cabrio kostet 285 200 Euro.

Konkurrenz auch aus der Türkei

Auch aus der Türkei kommt neue Konkurrenz. Die Marke Togg feiert auf der IAA ihren Markteintritt in Deutschland – und die Weltpremiere der Limousine T10F. Mit dem vollelektrischen SUV T10X und dem T10F bringt Togg nach eigenen Angaben zwei Modelle auf den hiesigen Markt. Preise gibt es noch keine. „,Mit den Modellen T10X und T10F betreten wir selbstbewusst den europäischen Markt“, sagte CEO Gürcan Karakas. Deutschland sei der bedeutendste Automobilmarkt Europas.

ADAC Präsident Christian Reinicke fordert von der IAA Mobility in München auch Signale für wichtige politische Entscheidungen. „Das gilt insbesondere für die Sanierung und den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur sowie für verbesserte Rahmenbedingungen für den Hochlauf der Elektromobilität und den Einsatz alternativer Kraftstoffe.“ Die geplanten Mittel des Bundes, sagte Reinicke, blieben derzeit hinter den Erwartungen zurück.WOLFGANG HAUSKRECHT

Artikel 4 von 4