Wenn das Herz aus dem Takt gerät

von Redaktion

Der Motor unseres Körpers: Das Herz ist etwa so groß wie eine Faust. Ist es nicht gesund, hat das schwerwiegende Folgen. © IMAGO

München – 1,6 Millionen Menschen in Deutschland mussten 2023 wegen einer Herzerkrankung in einem Krankenhaus behandelt werden, 211 000 starben an einem Herzleiden. Immerhin: Diese Zahl ist leicht rückläufig, im Jahr davor starben noch 216 944 Deutsche infolge von Herzerkrankungen. Was steigt, ist aber die Zahl der Krankenhauseinweisungen.

Der Herzbericht 2025, der am Donnerstag vorgestellt wurde, zeigt, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Volkskrankheit Nummer eins in Deutschland bleiben – trotz besserer Behandlungsmöglichkeiten. „Beispielsweise ist die Herzinfarkt-Sterblichkeit deutlich gesunken, von 67 282 Menschen im Jahr 2000 auf 43 839 im Jahr 2023. Das zeigt, was die Herzmedizin und die Therapie zu leisten imstande sind“, sagte Prof. Heribert Schunkert, der unter anderem Professor für Kardiologie an der Technischen Universität München (TUM) und Direktor der Abteilung Kardiologie am Deutschen Herzzentrum ist. Das sei ein „erfreulicher Trend“.

Dennoch, bilanzierte Schunkert, sei die Sterberate bei der koronaren Herzkrankheit im Vergleich zu europäischen Nachbarländern wie Frankreich oder Schweiz „nach wie vor viel zu hoch“. Die Politik müsse für eine bessere und systematische Vorsorge sorgen. „Hier hinken wir im europäischen Vergleich teilweise deutlich hinterher“, erklärte der Herzexperte. Der Hauptgrund für die kürzere Lebenserwartung der Deutschen im europäischen Vergleich seien eben Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Dass die Krankenhauseinweisungen steigen, ist auch der alternden Gesellschaft geschuldet. So gibt es im Vergleich zu 2011 heute rund zwei Millionen über 65-Jährige mehr in Deutschland – die meisten Herzpatienten finden sich in dieser Gruppe. Männer werden viel häufiger als Frauen wegen einer koronaren Herzerkrankung stationär in einem Krankenhaus behandelt: Pro 100 000 Einwohner waren es laut Herzbericht 837 Männer – und nur 310 Frauen. „Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste und auch teuerste Erkrankung in unserem Gesundheitssystem“, stellte Schunkert klar.

Umso wichtiger sei es, Herzerkrankungen zu verhindern. Insbesondere seit der Covid-Pandemie gebe es eine „Unterdiagnostik“, da viele Menschen nicht zum Arzt gingen. „Wir müssen an die Leute appellieren und sie zurück in die Arztpraxen holen!“ Zu den wichtigsten Vorsorgemaßnahmen gehöre, Bluthochdruck frühzeitig zu erkennen und dann gut einzustellen. Das gelte auch für zu hohes Cholesterin.

Prof. Holger Thiele, Direktor der Kardiologie am Uniklinikum Leipzig und ehemaliger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, reklamiert ebenfalls mehr Vorsorge. „Man sieht, wie gut die Reparaturmedizin inzwischen ist, aber um bei der Lebenserwartung in der Champions League mitspielen zu können, müssen wir den Fokus sehr viel mehr auch auf die Prävention und die Vorsorge richten.“ Derzeit sei Deutschland „höchstens Zweite Bundesliga“.

Zur Prävention und Vorsorge gehören laut Thiele neben Untersuchungen und einem gesunden Lebensstil auch Impfungen. „Viele Studien zeigen, dass Impfungen insbesondere bei Menschen mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung das Herz schützen“, erläuterte Thiele. Das sei vielen aber nicht bewusst. Nur 20 bis 30 Prozent der Herzpatienten lassen sich gegen Covid, Influenza und RSV impfen. Dabei können die Grippe und das Atemwegsvirus RSV Menschen mit Herzschwäche besonders zusetzen. Weiterhin forderte Thiele eine massive Erhöhung der Tabaksteuer als effektivste Maßnahme gegen Rauchen.

2023 waren kardiovaskuläre Erkrankungen für 28,5 Prozent aller Todesfälle in Deutschland verantwortlich – die häufigsten Todesfälle gehen auf die chronische koronare Herzkrankheit und akuten Herzinfarkt zurück. Prof. Thorsten Doenst, Präsident der Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie, betonte, dass die Bypass-Operation zu den wichtigsten Maßnahmen gehört, um vor Herzinfarkten zu schützen. „Ebenso wichtig ist aber auch eine Reha danach, bei der über vorbeugende Maßnahmen aufgeklärt wird.“

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