Angriff auf den Haferlschuh aus der Modewelt

von Redaktion

München/Starnberg – Spätestens wenn wieder „O’zapft is“, werden in der Landeshauptstadt Dirndl und Lederhosen aus dem Schrank geholt. Vieles davon hat mit Tradition aber nur wenig oder gar nichts zu tun. Denn schon seit geraumer Zeit hat die Modebranche das Oktoberfest für sich entdeckt und für alle, die es mit Tradition nicht so eng nehmen, stellt sich die Frage: „Zieht man das so noch an?“

„Man kann sehr viel unterschiedliche Trachten-Mode wahrnehmen“, sagt Rainer Wenrich, Kunst- und Modeexperte von der Katholischen Universität Eichstätt. „Ich bin mir noch nicht sicher, ob es als Trend auszumachen ist, aber meinen Beobachtungen zufolge können wir bei den Dirndln die Verwendung von hochwertigen Materialien wahrnehmen, saubere Verarbeitung, klare, präzise Schnitte, reine Farben, nicht grell, kaum Dekoelemente, wenn dann auch hochwertig im Schmuck, Länge bis zum Knie und darüber hinaus. Hinzu kommen Naturstoffe, Samt und auch Kord kann man sehen. Ein paar Mary Janes dazu gehen auch.“ Damit meint er die Ballerina-ähnlichen Schuhe mit Riemen über dem Fußrücken. Wenrich sieht „insgesamt eine Wendung zum Hochwertigen und Dauerhaften“ – und „genau das Gegenteil der Fast Fashion aus den vergangenen Jahren“.

Stoffe aus Afrika für bayerische Dirndl

Das Oktoberfest treibt allerlei bunte Blüten. Annette Weidner hat für ihr Label „Isarhippie“ handgearbeitete Dirndl aus Uganda im Angebot. Bayerisches Design, gearbeitet aus traditionellen afrikanischen Stoffen. „In Uganda spielt auch die Tradition eine wichtige Rolle und das passt sehr gut zu Bayern, und deswegen haben wir gedacht, das könnte man gut kombinieren“, sagt sie. „Spitzendirndl waren in Mode, dann hatten wir die mit Samt-Oberteil und warum jetzt nicht mal welche mit Stoffen aus Afrika?“

Für die Designerin Angelika Zwerenz, die ihr Label „Dirndlpunk“ genannt hat, ist das Dirndl in Zeiten von Influencerinnen, die auf dem Oktoberfest um sozial-mediale Aufmerksamkeit buhlen, zum „It-Piece“ geworden, wie sie sagt, also zu etwas, was man unbedingt haben will: „Früher war ein Dirndl eher der Brave-Mädchen-Look. Heute ist die Dirndlträgerin selbstbewusst und stolz, und sie inszeniert sich selbst. Das spiegelt die generelle gesellschaftliche Veränderung wider: Mode ist Content geworden, nicht nur Kleidung.“ Für Männer wie Frauen sieht sie den Cowboyhut als Zusatz-It-Piece in diesem Jahr, womöglich deshalb, weil sie Teil ihrer Kollektion sind.

Modeexperte Wenrich sieht eher den klassischen Hut auf dem Kopf des Wiesn-Gängers: „Die Männer, ob jung oder mittleren Alters, tragen mit der Tracht auch wieder Trachten-Hut, ob aus Merinowolle oder Hasenfell“, sagt er. Dazu natürlich: „Lederhose“ – und die „auch vegan, aber in jedem Fall stilvoll, gediegen, aber nicht spießig, gerne auch vintage – und sehr wichtig – in der richtigen Größe – mit guter Bewegungsfreiheit.“ Ein Paar weiße Sneaker, Loafer aus Veloursleder, „ansonsten natürlich sehr gute Haferlschuhe“ – die traditionellen Trachtenschuhe.

In Sachen Haferlschuhe gräbt Angelika Zwerenz heuer das Kriegsbeil aus. Für die „Königin des modernen Dirndls“, wie sie sich auf ihrer Homepage nennt, gehen Haferlschuhe gar nicht mehr: „Statt Haferlschuhen trägt man stylische Sneaker – dies ist ein Fashion-Statement.“WHA/DPA

Artikel 3 von 4