„Söder Kebab“: An dem Schriftzug hat sich Markus Söder die Rechte sichern lassen. Hier macht er am Dienstag in Zirndorf Döner-Wahlkampf mit Tom Hesselberger (li.), dem CSU-Bürgermeister-Kandidaten. Im März wird dort gewählt. © babirad
Darth Markus: Söder vor wenigen Tagen beim Besuch der „Star Wars“-Fan-Convention „Noris Force Con 7“ in Fürth mit einem Lichtschwert. © Daniel Vogl/dpa
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München – Bayerns Politik erwacht aus dem Sommerschlaf. Nach Wochen, eigentlich Monaten ohne große Initiativen, Pläne oder Fortschritte kommen die Landtagsfraktionen zu ihren Herbstklausuren zusammen; die CSU ab Montag im Kloster Banz. Nutzt Ministerpräsident Markus Söder seine Grundsatzrede dort zu einem Aufschlag, was seine Regierungspläne für die zweite Hälfte der Legislaturperiode, also bis zur Wahl 2028, sind? Wir haben am Donnerstag ausführlich mit dem CSU-Chef gesprochen. Über Bayern, den Bund und seinen Kampf gegen die AfD.
Herr Söder, man sieht Sie sehr viel mit Döner und Wurst und hört viele Ratschläge an Berlin. Ist Ihnen die Landespolitik zu langweilig geworden?
Im Gegenteil. Wir arbeiten hart, modernisieren, bauen Bürokratie ab, investieren. Extrem wichtig war aber, die Weichen in Berlin anders zu stellen. Schauen Sie auf den wachsenden Länderfinanzausgleich, so sehr er uns stört: Ein stärkeres Signal, dass es in Bayern besser läuft als überall sonst, gibt es nicht.
Die Herbst-Klausur der CSU ist die Chance zu Ihrem großen Aufschlag. Planen Sie den Wumms oder nur ein Wümmschen?
Was die Staatsregierung macht, hat immer Durchschlagskraft. Dafür werden wir ja respektiert oder manchmal auch gefürchtet. Aber im Ernst: Natürlich leben wir in schweren Zeiten. Die Ampelfehler wirken nach, die hohen US-Zölle und der sich verändernde Markt in China treffen auch das Exportland Bayern. Unsere bayerische Antwort darauf lautet: investieren, reformieren, konsolidieren. Priorität hat die Investition in Forschung und Zukunft. Das haben Strauß und Stoiber genauso gemacht. Nur heute investieren wir viermal so viel. Daneben legen wir einen starken Schwerpunkt auf den Alltag der Menschen mit Wohnungsbau, Kinderbetreuung und Krankenhaus-Versorgung. Und schließlich: Wir brauchen eine Staatsreform.
Also Einschnitte.
Wir müssen als Staat schlanker werden. 40 Prozent unseres Etats gehen in den öffentlichen Dienst. Da wird überragende Arbeit geleistet, gerade bei Schulen, Polizei, Justiz – trotzdem hat sich das über die Jahre aufgebläht. Mit KI und Bürokratie-Abbau müssen wir effektiver werden. Wir werden eine absolute Stellenbremse einführen und die Ziele beim Abbau steigern. Mein Ziel ist: Bis 2040 werden wir 10 000 Stellen abbauen, weit über die bisher angepeilten 5000 bis zum Jahr 2035 hinaus. Das werden wir per Gesetz festlegen.
Gehen Sie an die Arbeitszeit der Beamten ran? Eine Stunde mehr?
Das wäre nicht angemessen. Aber wir werden die Möglichkeiten zur Teilzeit anpassen.
Bisher haben Sie Teilzeitkräfte etwa bei den Lehrern freundlich um eine Erhöhung gebeten. Reicht das noch?
Der Philologenverband hat für dieses Schuljahr etliches bewegt. Das wird sehr anerkannt. Trotzdem müssen wir uns mit Themen wie Antrags- oder Familienteilzeit beschäftigen. Es macht wenig Sinn, Quereinsteiger im Bildungsbereich zu beschäftigen, wenn gleichzeitig bis zu 50 Prozent der ausgebildeten Lehrkräfte in Teilzeit sind.
Streichen Sie konkret eine Behörde?
Nein, aber wir werden auch in den Ministerien insgesamt spürbar Stellen reduzieren.
Ach, die Staatskanzlei wird auch kleiner?
Klar.
Wo noch setzen Sie den Rotstift an?
Ein zentraler Bereich, in dem wir in den nächsten zwei Jahren eine Milliarde Euro einsparen wollen, ist die Migration. Die Zahlen an der Grenze sinken massiv, aber die Abschiebungen müssen sich noch steigern. Wir werden teure Unterkünfte Stück für Stück abbauen, die die Kommunen in der Not nach 2015 angemietet haben. Mir ist lieber mehr Geld für Sprachförderung und Schule.
Werden Sie dafür streiten, dass auch Afghanen und Syrer zurückkehren müssen, und zwar nicht nur Straftäter?
Das muss zwingend passieren. Das Stadtbild muss sich wieder verändern. Es braucht einfach mehr Rückführungen. Wer sich hier eine Existenz aufbaut und eine Arbeit hat, ist herzlich willkommen. Wer aber kein Duldungsrecht hat, keine Beschäftigung hat oder gar Straftaten begeht, muss in seine Heimat zurück. Wer soll zum Beispiel Syrien wieder aufbauen, wenn nicht die eigenen Bürger?
Bayern ist jetzt schon klamm, dazu sinken die Steuern. Sagen Sie klar: Ja, es wird Schulden geben, so weit uns das Grundgesetz lässt?
Widerspruch: Bayern ist doch nicht klamm. Wir haben die höchsten Investitionsquoten aller deutschen Flächenländer und mit Abstand die höchste Wirtschaftsleistung. Aber: Auf uns kommen Herausforderungen zu. Im Zweifelsfall müssen wir die Schuldenbremse ziehen, damit wir nicht Strukturen zerstören, etwa auf Kosten der Zukunft, der Kommunen, der Kinder, der Kliniken.
Gibt es eine neue große Wohnbau-Offensive in Banz?
Wir arbeiten daran. Es geht vor allem darum: Wie können wir schneller bauen? Warum dauert das so lang? Es braucht eine große Baureform, die das Bauen für alle massiv beschleunigt.
Schauen wir auf Berlin. Die Koalition eiert um eine Bürgergeld-Reform herum. Die SPD wirkt nicht begeistert. Was ist Ihre Vorgabe: Wie grundlegend muss man ran?
Wer nicht zu Terminen erscheint oder keine Arbeit antritt, obwohl er es könnte, dem muss das Geld so weit wie möglich gestrichen werden. Außerdem brauchen wir endlich Transparenz der Daten bei der Sozialhilfe, um Betrug auszuschließen. Das sollte jeder spätestens nach der NRW-Wahl verstanden haben.
Ist die Botschaft bei der SPD angekommen?
(denkt nach) Ja, ich glaube schon. Die SPD ist mit einem blauen Auge aus der NRW-Wahl hervorgegangen, weil sie Stimmen der Grünen bekommen hat. Große Teile ihrer eigenen Arbeitnehmer-Wählerschaft sind aber an die AfD verloren gegangen. Fehler wie beim Bürgergeld sind einer der Hauptgründe dafür.
Wie groß ist Ihr Mut, Großreformen bei Rente und Krankenversicherung vorzunehmen?
Dass den ganzen Tag vermeintliche Experten über Kürzungen bei Rente und Gesundheit reden, ist ein Grund dafür, warum viele Bürger verunsichert sind und zum Teil auch AfD wählen. Wir müssen mehr an die normalen Leute denken. Klare Botschaft: Bei der Rente geht es um Lebensleistung. Da würde ich auf keinen Fall kürzen.
Bei der Gesundheit…?
Natürlich müssen wir bei der Krankenversicherung das System effizienter machen. Es ist zu hinterfragen, ob allein der Wettbewerb funktioniert unter den Kassen. Aber bitte nicht einseitig auf dem Rücken der Patienten sparen! Wir haben in Deutschland hohe Ausgaben im Sozialsystem für Menschen, die noch nie einen Euro einbezahlt haben. Es ist aber falsch, dauernd über Kürzungen zu reden bei Leuten, die ihr Leben lang Beitragszahler waren.
Zur Außenpolitik: Das Unbehagen vieler Menschen über Israels Vorgehen in Gaza wächst. Bei Ihnen auch?
Der Ausgangspunkt für all diese Konflikte ist die Hamas. Wenn die Terrororganisation morgen die Geiseln freilässt und die Waffen abgibt, ist Frieden – sofort. Würde hingegen Israel seine Waffen abgeben, folgt ein neues Massaker. Ja, wir brauchen Ehrlichkeit und auch Kritik im Umgang mit Israels Regierung. Aber über die Ehrlichkeit darf man die Freundschaft nicht vergessen. Ich lehne auch die Vorschläge der EU-Kommission ab, Israel mit Sanktionen zu belegen. Die CSU würde Sanktionen oder einer einseitigen Anerkennung des Palästinenserstaates auch auf Bundesebene nicht zustimmen.
Schauen wir noch mal auf die CSU. Umfragen sahen Sie jüngst bei mittelmäßigen 37 Prozent. Warum schaffen Sie nicht mehr? Versprechen Sie zumindest 40 plus X?
Die Zeiten sind viel zu ernst für solche Pirouetten. Wir sind mit Abstand die stärkste Kraft in Bayern – übrigens stärker als Freie Wähler, SPD, Grüne und FDP zusammen. Die Umfragen sind eher eine Warnung an Berlin: Wenn wir dort nicht erfolgreich sind, wird die AfD in Deutschland einen Siegeszug antreten, der beispiellos ist.
Ihr Hauptfeind?
Die AfD ist der Hauptfeind unserer Demokratie, auch in Bayern. Aber wir werden die AfD nicht verbieten, das würde ihr nur einen Märtyrerstatus schenken. Das einzige Konzept ist, sie mit einer guten, bürgerlichen und erfolgreichen Politik zu bekämpfen. Probleme lösen! Alles andere ist Kokolores.
Wie erleben Sie die AfD im Landtag?
Aggressiv und böse.
Der Gedanke einer Zusammenarbeit wie auch immer ist abwegig?
Bei der AfD fehlt jeder bürgerlich-sittlich-integre Kern. Das sind rechtsextreme Kader und außenpolitisch eine Vorfeldorganisation Moskaus. Jede Zusammenarbeit würde uns als Union zerreißen. Die Brandmauer steht! Die Union ist die Firewall gegen die Übernahme Deutschlands durch die AfD.