Fließend wie Öl: Susanne Egger und Wolfgang Roeck vor dem Optineo. © Markus Götzfried
München – Schafe auf Dächern, Bars in Containern, Partys bis zum Morgengrauen – das Werksviertel hat ein experimentelles Flair. Wer vom „Werksviertel“ spricht, meint jedoch meist das „Werksviertel-Mitte“ auf dem ehemaligen Pfanni-Gelände. Doch zu dem 39 Hektar großen Gelände am Ostbahnhof gehört noch viel mehr. Die Vergangenheit als ehemaliger Industriestandort ist dabei allgegenwärtig.
Fließende Fassade
Die Formen des Optineo-Hochhauses greifen die mehr als 100-jährige Geschichte des Standortes auf. Das Gebäude mit 17 Etagen steht auf dem Ex-Fabrikgelände der Optimol Ölwerke. Die fließende Fassade des 65 Meter hohen Turms spiegelt das wider: Sie schillert wie Öl in der Sonne. „Von Stunde zu Stunde wirkt die Fassade anders – ein beeindruckendes Farbspektrum“, sagt Wolfgang Roeck, Geschäftsführer des Immobilienunternehmens Wöhr und Bauer, das das Optineo mit der Optimol-Gründerfamilie Maltz errichtet hat. Als Heinrich und Noberta Maltz 1920 die Optimol Ölwerke gründeten, gab es auf dem Gelände nur grüne Wiese. „Wir haben uns bemüht, eine Symbiose von Vergangenheit und Zukunft zu schaffen“, sagt Roeck.
Bauen im Bestand
Das will auch das Bauprojekt LOVT Munich, an dem seit 2021 an der Ecke Rosenheimer und Anzinger Straße gearbeitet wird. Statt die alten Gebäude der ehemaligen Zündapp-Werke und des Münchner Traditionshauses Konen abzureißen, werden sie umgebaut, um einen Begegnungsraum für „Arbeit, Leben und kulturelles Wirken“ zu schaffen und den Geist des Werksviertels architektonisch aufzugreifen. „Wir verstehen uns als das neue Tor zum Werksviertel“, sagt Hendrik Mai von Hines Immobilien, dem Projektbetreuer. Die ehemaligen Fabrikgebäude sollen größtenteils erhalten bleiben: „Uns war es wichtig, im Bestand zu bauen. Das ist nicht nur nachhaltiger, sondern bewahrt auch die einzigartige Geschichte des Werksviertels“, sagt Mai. Auf dem LOVT-Areal sollen Bürowelt und Freizeit aufeinandertreffen. „Es wird nicht so sein, dass es ein Gebäude nur mit Büros und eins nur mit Wohnungen geben wird. Wir wünschen uns eine gesunde Mischung.“
Der seriöse Bruder
Der neueste Teil des Werksviertels ist der iCampus. Handel, Gastronomie und Büros haben sich dort angesiedelt. „Wir sind so etwas wie der seriöse große Bruder des Werksviertel-Mitte“, sagt Sprecher Kai Oppel.
Zehn Gebäudekomplexe soll der Campus umfassen, wenn er 2028 fertig wird. Durchnummeriert sind sie von eins bis zehn. Das „i1“ ist die mehr als 100 Jahre alte Rhenania-Villa. Sie war erst Sitz einer Waggonfabrik, dann der Spedition Rhenania und später auch Party-Location. Inzwischen gehört sie dem Münchner Technologiekonzern Rohde und Schwarz und ist Herzstück des iCampus. SOPHIA BELLIVEAU