INTERVIEW

„Am Ende ist entscheidend: Was verdiene ich damit?“

von Redaktion

Agrarbiologe Philipp Hofmann vom LfL über die Vor- und Nachteile von Zweinutzungshühnern

München – Dr. Philipp Hofmann ist Agrarbiologe und leitet am Institut für Tierhaltung, Tierernährung und Futterwirtschaft in Kitzingen, das zur Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft gehört, die Arbeitsgruppe Geflügelfütterung und -haltung. Gerade hat er in Zusammenarbeit mit den Bayerischen Staatsgütern ein Projekt zu Zweinutzungshühnern abgeschlossen.

Eier und Brathendl aus einer Hühnerrasse – ohne getötete Küken. Das klingt doch prima. Warum haben es Zweinutzungshühner trotzdem schwer?

Das Thema Zweinutzungshuhn ist seit dem Kükentötungsverbot immer mehr in den Fokus gerückt. Die Hühner sollen möglichst viele Eier legen als auch Fleisch ansetzen. Und da ist der Haken: Im Vergleich zu den spezialisierten Lege- und Masthybriden brauchen Zweinutzungshühner wesentlich mehr Futter, um eine vergleichbare Menge an Eiern oder Fleisch zu generieren. Und das ist teuer.

Am Staatsgut Kitzingen wurde gerade ein dreijähriges Projekt abgeschlossen. Was genau haben Sie untersucht?

Wir haben verschiedene Zweinutzungs-Herkünfte verglichen: Tageszunahme, Futterverbrauch, Schlachtleistung, Legeleistung, Eiergröße. Das Ziel war, Landwirten, die überlegen, Zweinutzungshühner anzuschaffen, Zahlen zu liefern. Damit sie das für ihren Betrieb durchrechnen können. Denn am Ende ist entscheidend: Was verdiene ich damit?

Und das Ergebnis?

Zweinutzungshühner legen weniger Eier und setzen langsamer Fleisch an. Diese Ergebnisse waren zu erwarten. Aber es gibt verschiedene genetische Herkünfte. Es gibt ein Unternehmen am Markt, die Ökologische Tierzucht (ÖTZ), die intensive Zuchtarbeit zu Zweinutzungshühnern betreibt. Deren Kreuzungen „Coffee“ und „Cream“ legen im Schnitt bereits 250 Eier im Jahr. Das ist ein durchaus ansprechendes Leistungsprofil – aber immer noch schlechter als bei den Legehybriden. Wir hatten im Projekt eine Legehybride der Herkunft „Lohmann Sandy“ mitlaufen. Die hat rund 320 Eier gelegt.

Und bei den Hähnen?

„Coffee“ hatte nach 14 Wochen etwa 2,3 Kilo Lebendgewicht. Ein herkömmliches Masthähnchen braucht für dieses Gewicht nur 35 Tage, also viel weniger Zeit. Und der Futteraufwand ist deutlich unterschiedlich. Masthybriden sind auf Futtereffizienz gezüchtet und brauchen je nach Alter 1,4 bis 1,5 Kilogramm Futter für ein Kilo Lebendgewicht, bei Zweinutzungs-Hähnen sind es nach 14 Wochen 3,7 Kilogramm Futter.

Gibt es qualitative Unterschiede bei Eiern und Fleisch?

Die Qualität haben wir nicht direkt untersucht. Aber wir haben die Tiere in unserer Kantine verkostet. Es ist bei Zweinutzungshühnern ein anderes Fleisch – ohne sagen zu können, was besser und schlechter ist. Lebt ein Tier länger, ist das Fleisch einfach fester, weil sich die Tiere mehr bewegen. Ist man das nicht gewohnt, findet man das am Anfang vielleicht komisch. Bei den Eiern kommt es darauf an, was man verfüttert. Was man sagen kann: Zweinutzungshühner legen einen größeren Anteil an Eiern der Größe S. Die kann man schwerer vermarkten, weil der Verbraucher eher M- und in Bayern eher L-Eier oder sogar XL-Eier will. Dabei sind die kleineren Eier schmackhafter, weil der Dotteranteil höher ist. Das Fett als Geschmacksträger ist im Dotter.

Wenn es eine Kostenfrage ist: Wird falsch gefördert?

In Baden-Württemberg gibt es erste Förderungen für Zweinutzungshühner. Ich würde nicht sagen, dass wir zu sehr fördern sollten, denn es gibt noch die Umweltseite. Zweinutzungshühner brauchen mehr Futter und scheiden je Produktionseinheit mehr Stickstoff und Phosphor aus. Eigentlich wollen wir diese Stoffe reduzieren. Zweitens: Der Selbstversorgungsgrad bei Eiern in Deutschland liegt bei gut 72 Prozent. Will man das halten, bräuchten wir viel mehr Ställe und Tiere. Eine komplette Umstellung wird es also nicht geben. Aber für den Ökobereich, mit einem entsprechenden Vermarktungskonzept, kann ich mir Zweinutzungshühner gut vorstellen.

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