Jubel in Tel Aviv: Am „Platz der Geiseln“ feierten am Donnerstag hunderte Menschen. © Levin/AFP
„Sehr nah dran“: Von US-Außenminister Rubio (li.) erfuhr Trump vom Stand der Verhandlungen. © Chung/EPA
Palästinensische Kinder feiern in einem Flüchtlingslager im zentralen Gazastreifen. © Eyad Baba/AFP
Tel Aviv – Es ist mal wieder einer dieser absurden Trump-Momente. Während eines Treffens im Weißen Haus, bei dem auch Fotografen zugegen sind, tritt plötzlich Außenminister Marco Rubio an den US-Präsidenten heran und steckt ihm einen Zettel zu. Weil Trump das Papier bewegt, können die Kameras die Worte darauf einfangen. „Sehr nah dran“, ist zu lesen. Und: „Sie müssen bald einen Truth-Social-Beitrag freigeben, damit Sie den Deal als Erster bekannt geben können.“ Trump blickt auf. „Ich habe gerade eine Nachricht vom Außenminister erhalten, dass wir kurz vor einer Einigung zum Nahen Osten stehen und sie mich ziemlich schnell brauchen werden.“ Und wenig später folgt auch schon der besprochene Beitrag.
Donald Trump könnte tatsächlich gelungen sein, woran andere Staatsmänner gescheitert sind. Die Einigung zwischen Israel und der Hamas über wichtige Punkte bei den Verhandlungen zur Beendigung des Gaza-Kriegs löst in der Region große Erleichterung aus. Am Sonntag wird Trump zu Besuch in Israel erwartet. Der von ihm mitverhandelte Friedensdeal sieht die Freilassung der in den Gazastreifen verschleppten Geiseln sowie das Zurückziehen der israelischen Truppen auf eine vereinbarte Linie vor. Israel soll zudem rund 250 zu lebenslanger Haft verurteilte palästinensische Häftlinge sowie etwa 1700 nach dem 7. Oktober 2023 Inhaftierte freilassen.
Israels Regierung um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu muss nach Berichten die Übereinkunft zwar noch offiziell absegnen. Und der rechtsextreme Koalitionspartner Bezalel Smotrich kündigte an, er und seine Partei würden dem Deal nicht zustimmen. Es wird dennoch mit einer deutlichen Mehrheit für das Abkommen gerechnet. Mit der Billigung soll dann auch die vereinbarte Waffenruhe in Kraft treten.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zeigte sich am Donnerstag zuversichtlich – zugleich warnte er aber auch vor einer voreiligen Bewertung. „Also die Hoffnungen, auch was Israel betrifft und den Gazastreifen betrifft, haben hier in der letzten Nacht noch einmal zugenommen, aber noch ist das nicht wirklich abgeschlossen.“ Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte beim Empfang von dutzenden Vertretern israelischer Friedensorganisationen in Ramallah im Westjordanland: „Ich begrüße die heute unterzeichnete Einigung, das Ende des Krieges und die Freilassung der Geiseln.“
Auslöser des Gaza-Kriegs war der Terrorangriff der Hamas und anderer islamistischer Terrorgruppen auf Israel am 7. Oktober 2023. Etwa 1200 Menschen wurden dabei getötet und mehr als 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Israel reagierte seinerseits mit schweren Angriffen. Seitdem wurden laut der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 67 000 Palästinenser getötet.
In Israel sorgte die Einigung am Donnerstag für große Freude. Auf dem „Platz der Geiseln“ im Zentrum von Tel Aviv versammelten sich zahlreiche Menschen. Es wurde gejubelt, gesungen, getanzt und geklatscht. Einige schwenkten israelische und US-Flaggen. „Alle von ihnen – jetzt!“, riefen sie.
Auch im Gazastreifen löste die Nachricht große Emotionen aus. „Meine erste Reaktion war, hemmungslos zu weinen“, sagte ein Palästinenser. In Gaza befinden sich noch die 48 verbliebenen Geiseln, von denen nach israelischen Informationen noch 20 am Leben sind. Wann genau die sie freigelassen werden, ist bisher noch unklar. Laut Donald Trump könnte es Montag oder Dienstag so weit sein. Der Friedensplan sieht eine Frist von 72 Stunden nach Inkrafttreten der Vereinbarung vor – es hängt also auch davon ab, wann sie unterzeichnet wird.