Kapstadt – Für seine Festrede hat sich Alan Winde vorgenommen, die Gäste ein bisschen zu provozieren. Ihr seid in Südafrika und glaubt, das sei irgendwo „unten“ im Süden, ruft der Premierminister. „Dreht besser eure Landkarten um – wir sind oben, top of the world!“ Raunen im Raum, der traut sich was: Denn Winde (60), Regent der Provinz Westkap, hat bei sich Spitzenpolitiker aus den selbstbewusstesten Regionen versammelt, die sich selber für die Größten und Besten halten.
Stark sein, sich gegenseitig anschubsen und anspornen: Das ist wohl das Konzept der „Partnerregionen“, die sich in diesen Tagen bei Winde in Kapstadt zur Konferenz versammeln. Die selbst sehr breitschultrigen Bayern sind natürlich dabei, Markus Söder persönlich führt die Delegation an. Aus den USA ist der Bundesstaat Georgia im elitären Zirkel, aus China Shandong, dazu Oberösterreich, Quebec (Kanada) und inzwischen das brasilianische Sao Paulo, insgesamt Regionen mit 187 Millionen Einwohnern. 2002 hat Edmund Stoiber, damals Ministerpräsident, das Netzwerk der „Power-Regionen“ bei einem Treffen in München ins Leben gerufen.
Seither trifft man sich alle zwei Jahre. Es wurde mehr als bloß schwülstige Konferenz-Prosa und leere Absichtserklärungen: Die Regionen haben lukrative Partnerschaften unter anderem der Unis aufgebaut, die Ministerpräsidenten und Gouverneure halten einen kurzen Draht. Wenn es weltpolitisch kracht, wenn Zollkrieger überdrehen, kann es hilfreich sein, auf subnationaler Ebene noch ein paar Kontakte zu haben – ins Trump-Land USA dank Georgia, nach China, nach Brasilien und Südafrika, die außenpolitisch ab und zu in Richtung Russland-Allianzen kippeln.
Als eine Art „Familie“ beschreibt Westkap-Premier Winde die Runde, ohne dass er erwähnen muss, dass es in einer Familie auch mal recht schwierige Onkel geben kann. Auf den Fluren der aktuellen Konferenz ist dafür zu hören: Die Familie soll noch wachsen. Söder schlägt vor, das indische Bangalore in die Runde aufzunehmen, bei der nächsten Konferenz in zwei Jahren könnte das klappen, dann wird man sich in Sao Paulo treffen.
Söder hält das Netzwerk für einen der größten außenpolitischen Erfolge – die Runde habe sich fortentwickelt. „Früher war das noch recht professoral.“ Heute arbeite man schon konkret zusammen bei Hightech, Künstlicher Intelligenz, Biotech, die Start-ups aus allen Regionen vernetzen sich.
In Westkap unterschreibt Söder am Montagnachmittag gleich mehrere Wissenschafts-Abkommen. Stellenbosch, in Südafrika die zweitstärkste Uni, und Hochschulen aus München, Bayreuth, Erlangen, Regensburg, Augsburg und Würzburg kooperieren jetzt eng bei Studentenaustausch, Forschung, Konferenzen, es soll gemeinsame Studiengänge und Abschlüsse geben, für München und Stellenbosch sogar Promotionen.
Söder lässt sich von Windes Landkarten-Ideen derweil nicht provozieren. Bei einem Auftritt an der Uni Stellenbosch gibt er dafür indirekt den Rat, sich nach potenziellen neuen Partnern in Deutschland nicht im Norden umzuschauen. In seiner englischen Rede ruft er den erheiterten Gastgebern zu: „It‘s nice to be a Preiß – but it‘s higher to be Bayer.“ CD