Mit Gitarre nach Bayern: italienische Gastarbeiter am Hauptbahnhof München. © Jenö Kovacs/pa
Bei der Arbeit: Italienische Immigranten auf einer Baustelle in der Nähe von München. © Jenö Kovacs/pa
München – Am 20. Dezember 1955 unterzeichnete die Bundesrepublik mit Italien das erste Abkommen über die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte nach Deutschland. Die Bundesrepublik brauchte dringend fleißige Menschen, um den Arbeitskräftemangel in der Nachkriegszeit auszugleichen. Denn: Deutschlands Wirtschaft brummte.
Nach Italien folgten weitere Anwerbeabkommen mit Ländern wie Spanien, Griechenland, Portugal, Marokko und sogar Südkorea. Bis zum Jahr 1973 kamen so rund 14 Millionen Menschen nach Westdeutschland. Doch viele blieben auch nicht: Rund elf Millionen Menschen kehrten wieder zurück in ihre Heimat.
München gehörte zu den Städten mit den meisten ausländischen Arbeitskräften: 156 613 lebten in der bayerischen Landeshauptstadt.. Jeder sechste Einwohner der Stadt war Anfang der 1970er-Jahre ein Gastarbeiter. In ganz Bayern waren es im Jahr 1972 ganze 370 000 Arbeitskräfte aus dem Ausland: Über die Hälfte von ihnen lebten in den großen Städten München, Nürnberg und Augsburg. Sie arbeiteten auf Baustellen zum Beispiel für das neue Olympiastadion, in Fabriken oder in der Landwirtschaft.
München spielte noch eine weitere wichtige Rolle in der Geschichte der Gastarbeiter: Für viele war es erste Ort, an dem sie deutschen Boden betraten. Ein Großteil aller Gastarbeiter kam am berühmten Gleis 11 am München Hauptbahnhof an. Direkt darunter war ein ehemaliger Bunker, der zu einer Art Sammelstelle für Gastarbeiter umfunktioniert wurde. Dort nahm man die Arbeiter in Empfang, dort konnten sie sich ausruhen nach der langen Reise. Danach ging es für viele mit dem Zug weiter in andere Städte Westdeutschlands.JULIAN LIMMER