Erich Schweiger © mw
München – Auch die bayerische Brauwirtschaft steckt in der Krise, weil immer weniger Bier getrunken wird. Es trifft vor allem die kleinen Brauereien, die den Preiskampf gegen die Branchenprimusse nicht gewinnen können, wie Erich Schweiger erklärt. Der 62-Jährige aus Markt Schwaben ist selber Brauer und Vizepräsident des Bayerischen Brauerbundes.
Herr Schweiger, warum wird immer weniger Bier getrunken?
Die Hauptgründe sind der demografische Wandel und der Gesundheitstrend. Die Personengruppen, die viel Bier trinken, sind die 25- bis 60-Jährigen. Doch unsere Gesellschaft altert. Deshalb verlieren wir jedes Jahr Konsumenten.
Und die restlichen Konsumenten trinken immer weniger.
Genau. Der Pro-Kopf-Verbrauch sinkt kontinuierlich: Zwischen 1991 und 2023 ist der Alkoholkonsum in Deutschland um 30 Prozent zurückgegangen.
Wäre ich Arzt, würde ich sagen: Das ist doch eine tolle Nachricht.
Der Missbrauch von Alkohol schadet der Gesundheit, das ist ganz klar. Die große Mehrheit der Biertrinker säuft aber nicht, sondern trinkt in Maßen. Für die bedeutet das Biertrinken Lebensfreude und Austausch mit Freunden. Das ist auch sehr wichtig für eine Gesellschaft. Aber seit vielen Jahren heißt es: „Wir müssen den Konsum von Alkohol senken, dann geht auch der Missbrauch runter.” Das stimmt jedoch nicht. Man kann die große Mehrheit der verantwortungsvollen Biertrinker nicht bestrafen.
Es wird doch niemand bestraft. Schon jeder 16-Jährige kann doch so viel Bier kaufen, wie er möchte.
Aber jedes Jahr kommt aus Brüssel irgendeine Diskussion, um den Konsum weiter zu senken. Entweder wird über einen Verkauf ab 18 Jahren oder eine Erhöhung der Alkoholsteuer diskutiert. Die Gesellschaft kann doch selbst entscheiden, wie viel sie trinkt.
Betrachten wir die Brauereien in Bayern: Ihre Zahl ist auf unter 600 geschrumpft. Betrifft das Brauereisterben vor allem kleine Betriebe?
Ja, vor allem kleine Brauereien leiden unter dem massiven Verdrängungswettbewerb der Großbrauereien. Diese verkaufen ihr Bier zu Schleuderpreisen und versuchen, regionale Marken vom Markt zu verdrängen. Sie können ihr Bier nur so günstig anbieten, weil sie es in Massen produzieren.
Wie ist der Biermarkt in Bayern aufgeteilt?
Bei uns gibt es viele sehr kleine Familienbrauereien, einen schrumpfenden Anteil an Mittelständlern und weniger als zehn Großbrauereien mit einem Absatz von über einer Million Hektolitern Bier. Und jetzt wird es interessant: Die kleinen Betriebe, die weniger als 5000 Hektoliter im Jahr brauen, machen zahlenmäßig drei Viertel aller Brauereien in Bayern aus. Sie produzieren jedoch nur zwei Prozent des Gesamtabsatzes an Bier.
Und die großen Brauereien?
Die größten produzieren 50 Prozent des Biers. Dabei sind die kleinen Brauereien von großer Bedeutung: Sie unterstützen vor Ort die Kultur und bereichern die Feste in den Gemeinden. Es wäre ein herber Verlust, wenn es sie nicht mehr gäbe.
Was können die Brauereien gegen ihre Schließung tun?
Sie können neue Getränke einführen. Alkoholfreies Bier verzeichnet seit Jahren zweistellige Wachstumsraten. Aber auch Limonade und Wasser sind gute Möglichkeiten, um den Absatz zu steigern. Und künftig wird es noch die ein oder andere Innovation geben. Die Verbraucher entscheiden, was sie trinken – und wir müssen es liefern. Wir sind eine krisenfeste und resiliente Branche.