Die Münchner Waschsalons der Mafia

von Redaktion

Das Podium beim True-Crime-Abend: Redakteur Andreas Thieme, die Kriminaldirektoren Jürgen Harle und Markus Neueder vom LKA sowie Bestseller-Autor André Welter, Anwältin Katharina Strassner und Moderator Uli Florl (v.li.). © Michaela Stache

Ein Beamter sichert bei einem Einsatz Beweise. © Gollnow

Gast Katharina Wuttig stellte Fragen zur Mafia. © Stache

Schwer bewaffnet und maskiert: Einsätze gegen organisierte Banden sind nicht ungefährlich. © Thedens

Ausverkauft: Die Besucher des True-Crime-Abends erfuhren viel Interessantes über Kriminalität in Bayern. © Michaela Stache

München – Wild bewachsene Berghänge, kalabrische Steinhäuser und das Mittelmeer: Die Region um San Luca in Süditalien ist wunderschön. Jürgen Harle würde dort trotzdem eher nicht Urlaub machen. Dafür weiß der Mafia-Experte vom Landeskriminalamt (LKA) nur zu gut, was hinter der schönen Fassade passiert. San Luca ist ein Mafia-Dorf. Unschuldige sucht man dort eher vergebens. „Vom Greis bis zum Schulkind“, erklärt er, „sind dort alle verbandelt.“ San Luca an der Stiefelspitze Italiens ist die Zentrale der Ndrangheta, einer der mächtigsten Mafia-Gruppierungen der Welt – die auch an der Isar ihre Strippen zieht.

Dass es die Mafia überhaupt in München gibt, war beim dritten True-Crime-Abend im Münchner Pressehaus schon eine Überraschung für einige der rund 200 Besucher. Jürgen Harle stellte in der ausverkauften Alten Rotation aber unmissverständlich klar: Die Cosa Nostra, die vielleicht bekanntere sizilianische Mafia-Gruppierung, ist auch in der bayerischen Landeshauptstadt mit einer Gruppierung zu finden. Wenn auch in eher kleiner Form. Aber: „Die Ndrangheta ist hier stark vertreten.“ Hauptgeschäftsfelder: Geldwäsche und der Handel mit Drogen. Hauptsächlich geht es dabei, und das passt wiederum gut zur Landeshauptstadt, um Koks.

„Es gibt in München seit einigen Jahren eine Kokain-Schwemme“, erklärt Markus Neueder, Leiter des LKA-Rauschgift-Dezernats. Der Stoff landet über den Seeweg aus Mittel- und Südamerika bei uns. 80 Prozent des weltweiten Kokain-Handels liegen laut der Ermittler in den Händen der Ndrangheta. Deshalb überrascht auch nicht, dass gerade erst vier „Familienmitglieder“ aus München zu langjährigen Haftstrafen verurteilt worden sind: Das Gericht in Italien sah es als erwiesen an, dass die 30 bis 45 Jahre alten Männer Mitglied einer kriminellen Vereinigung waren, die mit Koks aus Südamerika gehandelt hat. Das Treiben wurde im Rahmen einer groß angelegt Operation mit dem Titel Eureka aufgedeckt. Laut Harle konnte dabei eine Lieferung mit unvorstellbaren 28 Tonnen Kokain am Hafen von Rotterdam gestoppt werden. Im Mai 2023 klickten bei 130 Tatverdächtigen weltweit die Handschellen. Jetzt verurteilte das Gericht in Italien 76 Männer. Deren bisheriger Kopf in München bekam 14 Jahre.

In Ermittlerkreisen heißt es, dass die Ndrangheta 80 Prozent des weltweiten Kokainhandels steuert. Vor Ort an der Isar betrieben die Mafia-Männer Waschsalons für Autos. Alternativ können es auch Studios für Nagelpflege oder andere Angebote sein. „Dienstleistungsbereiche, in denen man mit viel Bargeld hantiert“, erklärt Harle – und sagt mit Blick auf die hiesigen Bestimmungen: „Deutschland ist ein Eldorado für Geldwäsche.“ Und genau dabei geht es in den dunklen Geschäften der Organisierten Kriminalität.

Strukturen, die aber nicht nur von Italien aus gesteuert werden. Laut dem bayerischen Landeskriminalamt gibt es in München Gruppierungen mit Wurzeln in Russland, Albanien, China und Nigeria. Das Rocker-Milieu mit seinen verfeindeten Banden ergänzt das Bild. Hinzu kommen kriminelle Clans, die an der Isar ebenfalls dunkle Geschäfte betreiben. Es geht um Betrug, Rauschgift, Prostitution und Glücksspiel. Viele Nationen, unterschiedliche „Betätigungsfelder“, die eines gemein haben: „Das Geld ist immer die Triebfeder der Organisierten Kriminalität“.

True-Crime-Reihe

Wer beim True-Crime-Event in der Alten Rotation nicht dabei sein konnte, kann die Inhalte des Abends noch einmal nachhören. Den Podcast gibt es ab sofort kostenlos und in voller Länge in der Mediathek von Radio Arabella unter https://www.radioarabella.de/share/2738749.
Auch im kommenden Jahr wird die True-Crime-Reihe fortgesetzt: Wer rechtzeitig über den nächsten Termin informiert werden möchte, kann sich zum Newsletter anmelden unter der Webadresse: www.tz.de/truecrime.

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