24 kleine Geschichten zur Adventszeit

von Redaktion

Warum das Christkind die Geschenke bringt, die Heilige Maria wandert und Burschen fleißig anklöpfeln

Ein Paradeisl mit Adam und Eva als Gebäck. © imago

Das Christkind auf einer alten Postkarte. © imago

Die erste Kerze wird entzündet: Fürs Foto hat Daniela Sandner schon vor dem 1. Advent Hand angelegt. © Astrid Schmidhuber

München – Am Sonntag wird die erste Kerze auf dem Adventskranz entzündet. Dann sind es noch 24 Tage bis Heiligabend. Dr. Daniela Sandner, aufgewachsen im Landkreis Eichstätt, ist promovierte Europäische Ethnologin, früher hätte man Volkskundlerin gesagt. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bayerischen Landesverein für Heimatpflege. Für unsere Leser erzählt sie 24 interessante Fakten rund um die Adventszeit.

■ Advent als Fastenzeit

Bis 1917 war die Adventszeit strenge Fastenzeit. Sie begann am 11. November (Martinstag) und endete nach der Christmette am Heiligen Abend. Sie sollte der innerlichen Vorbereitung auf das Weihnachtsfest dienen.

■ Der Adventskranz

Der Hamburger Pastor Johann Hinrich Wichern gilt als Erfinder des Adventskranzes. 1839 führte er im Rauhen Haus, einem Heim für verwaiste und arme Jungen, einen großen Wagenradkranz mit 24 roten und vier weißen Kerzen ein, um die Tage bis Weihnachten zu zählen. Um 1900 entwickelte sich daraus der kleinere Tischkranz mit vier Kerzen in Familien. Die Kerzen werden im Advent angezündet, um die vier Wochen bis Weihnachten zu markieren und symbolisch das Licht Christi zu repräsentieren, das die Dunkelheit der Welt erhellt.

■ Was ist ein Paradeisl?

Das Paradeisl, die süddeutsche und österreichische Variante des Adventskranzes, besteht aus vier Äpfeln, die zu einer Pyramide verbunden sind, auf der Kerzen stehen. Jeden Adventssonntag wird eine Kerze angezündet, eine rosafarbene Kerze am dritten Advent (Gaudete, der 3. Adventssonntag), am vierten Advent leuchtet die Spitze. Oft wird die Pyramide auf einem Teller mit Weihnachtsgebäck oder Nüssen präsentiert.

■ Die Adventssonntage

Jeder Adventssonntag hat sein Thema. Am ersten Adventssonntag steht die Wiederkunft Jesu am Ende der Zeit im Mittelpunkt (Apokalypse/Jüngstes Gericht). Der zweite Sonntag ist Johannes dem Täufer gewidmet, der als Prophet der Endzeit gilt. Der dritte Advent heißt „Gaudete“ (Freut euch)-Sonntag. Auch hier spielt Johannes der Täufer eine zentrale Rolle. Der vierte Advent gehört der Gottesmutter Maria.

■ Warum es auch sechs Adventssonntage gibt

Im 11. Jahrhundert gab es je nach Liturgie vier bis sieben Adventssonntage. Das führte zum Streit zwischen Kaiser Konrad II. und dem Straßburger Bischof, so eine Geschichte. Der Kaiser wollte den Fall für alle Christen in seinem Reich ein für alle Mal geregelt wissen. 1038 legte eine Synode in Limburg die Adventszeit mit ihren vier Sonntagen fest. Erst das Konzil von Trient machte 1570 die vier Sonntage weltweit für die römisch-katholische Kirche rechtsverbindlich. Dennoch hat sich etwa im Erzbistum Mailand bis heute eine sechswöchige Adventszeit gehalten. Auch die orthodoxen Kirchen feiern den Advent sechswöchig.

■ Der Adventskalender

1902 brachte Gerhard Lang in München einen Kalender aus Pappe heraus, in dem sich hinter 24 kleinen Klappen Bilder verbargen. Kinder konnten nun Tag für Tag ein Türchen öffnen und so die Wartezeit auf Weihnachten spielerisch verkürzen. Übrigens: Einen Adventskalender mit Schokolade entwickelte Lang bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg.

■ Nur 13 Türchen in Island

In Island gibt es keinen Adventskalender in der üblichen Form, sondern 13 Weihnachtstrolle (Jólasveinar), die ab dem 12. Dezember jeden Tag bis zum 24. Dezember ein Geschenk bringen. Den braven Kindern legen sie es in den vor das Fenster gelegten Stiefel – die anderen kriegen eine faule Kartoffel.

■ Wer ist der Nikolaus?

Der Nikolausbrauch, der Besuch des heiligen Nikolaus am 6. Dezember, vermittelt Kindern Werte wie Hilfsbereitschaft und Dankbarkeit, ermahnt sie aber auch, „gute“ Kinder zu sein, weil sie gelobt oder getadelt werden. Dazu hat er gelegentlich einen Begleiter, Knecht Ruprecht oder Krampus, dabei. Der Brauch geht zurück auf Nikolaus von Myra, einen Bischof, der im 4. Jahrhundert in der Region Lykien (heutige Türkei) lebte. Der klassische Nikolaus erscheint daher als Bischof. Er unterscheidet sich damit vom amerikanischen Santa Claus.

■ Und wer ist dieser Santa Claus?

Der Weihnachtsmann, in den USA Santa Claus, ist eine Symbolfigur, in der europäische und nordamerikanische Bräuche verschmelzen. Populär dargestellt rast er in einem von Rentieren gezogenen Schlitten umher und bringt Geschenke. Entstanden Mitte des 19. Jahrhunderts, ist der Weihnachtsmann heute eine beliebte Werbefigur, vor allem von Coca-Cola. Er trägt auch Züge des heiligen Nikolaus, ist mit ihm aber nicht gleichzusetzen.

■ Und das Christkind?

Ursprünglich galt der heilige Nikolaus als Gabenbringer. Im Mittelalter fand die Bescherung auch nicht am 24., sondern am 6. (Nikolaustag) oder 28. Dezember (Tag der unschuldigen Kinder) statt. Die Protestanten, die die Verehrung von Heiligen ablehnten, brachten dann den „Heiligen Christ“ als Geschenkebringer ins Spiel. Ähnelte er anfangs dem Jesuskind, verselbstständigte sich die Figur zunehmend und wandelte sich zum blondgelockten Mädchen mit Flügeln und Heiligenschein. Vermutlich führte Martin Luther den „Heiligen Christ“ ein.

■ Was ist Weihnachten, was Heiligabend?

Christen feiern die Geburt von Jesus Christus als Sohn Gottes. Für sie ist es eines der drei Hauptfeste des Kirchenjahres, neben Ostern und Pfingsten. Der eigentliche Festtag ist der 25. Dezember, der Erste Weihnachtstag. In vielen Ländern beginnen die Feierlichkeiten am 24. Dezember, dem Heiligabend. Die Tradition, dass ein christlicher Feiertag mit dem Vorabend beginnt, stammt aus der jüdischen Tradition. Die Weihnachtszeit endet in den evangelischen Kirchen traditionell mit Epiphanias am 6. Januar. In der katholischen Kirche beschließt der Sonntag nach dem Dreikönigsfest die Weihnachtszeit (Fest der Taufe des Herrn). Früher ging sie bis Lichtmess (2. Februar).

■ Gibt es Weihnachten auch im jüdischen Glauben?

Gläubige Juden feiern kein Weihnachten im christlichen Sinne. Ein wichtiges jüdisches Fest ist das Lichterfest Chanukka, das acht Tage und acht Nächte dauert. Dabei wird jeden Abend eine Kerze auf der neunarmigen Chanukkia angezündet. Heuer ist Chanukka vom 14. bis zum 22. Dezember. Da beide Feste häufig zeitlich zusammenfallen, hat sich, heute vor allem in den USA, ein humorvoller bis spöttischer Begriff, „Weihnukka“ (oder „Chrismukkah“), etabliert. Interessant ist dabei die kulturelle Überlappung von christlicher und jüdischer Tradition.

■ Der Weihnachtsbaum

Vorläufer des Weihnachtsbaums stammen aus dem Mittelalter. Ab dem 16. Jahrhundert tauchte auch in Privathäusern ein Gaben tragender Baum auf. Im 18. Jahrhundert war er vor allem in protestantischen Familien verbreitet. Im 19. Jahrhundert wanderte der Baum zunehmend auch in katholische Haushalte sowie in Bürger-, Handwerker- und Arbeiterhäuser. Übrigens: Im Jahr 1912 wurde der erste öffentliche Tannenbaum im Madison Square Garden in New York errichtet.

■ Das berühmteste Weihnachtslied

Fast jeder hat es schon unterm Weihnachtsbaum gesungen: „Stille Nacht, heilige Nacht“. Uraufgeführt wurde es am 24. Dezember 1818 in Oberndorf bei Salzburg. Die Melodie schrieb der Komponist Franz Xaver Gruber, den Text der Priester und Dichter Joseph Franz Mohr, beides Österreicher.

■ Weihnachtskrippen

Krippen verbreiteten sich vom 14. bis 16. Jahrhundert in Italien, besonders in Neapel, aber auch im katholischen Süddeutschland. Im 17. und 18. Jahrhundert entstanden prächtige Barockkrippen, im 19. Jahrhundert verbreiteten sich durch Industrialisierung und Nationalismus einfachere Volks- und Familienkrippen auch in protestantischen Gegenden. Sie dienten der religiösen Unterweisung der Kinder. In vielen Krippen „wanderten“ die Figuren schrittweise über die Advents- und Weihnachtszeit hinweg. So bewegten sich die Heiligen Drei Könige Schritt für Schritt auf den Stall zu.

■ Weihnachtsmärkte

Christkindlmärkte entstanden im Spätmittelalter in Städten wie Nürnberg, Dresden oder Augsburg zunächst als reine Versorgungsmärkte vor Weihnachten. Mit der wachsenden Advents- und Weihnachtsfrömmigkeit im 16. und 17. Jahrhundert erhielten sie stärkere religiöse Bezüge. Im 19. und 20. Jahrhundert wurden die Märkte in Städten zunehmend touristisch geprägt. Die erste urkundliche Erwähnung des Nürnberger „Christkindlesmarktes“ war 1678.

■ Mistelzweige an der Tür

In der Adventszeit hat die Mistel eine besondere Bedeutung: Der Brauch, sich unter einem Mistelzweig zu küssen, steht für Glück und Liebe. Als immergrüne und winterharte Pflanze symbolisiert sie auch Leben und Hoffnung.

■ Weihnachtsfestkreis

Der weihnachtliche Festkreis beginnt mit der Vorbereitungszeit ab dem 11. November. Die Zeit zwischen dem ersten (Weihnachten) und zweiten (Dreikönigsfest) Weihnachtsfest misst zwölf Tage und zwölf Nächte, die sogenannten Rauhnächte. Der Festkreis wird am 2. Februar durch das Fest Mariä Lichtmess abgeschlossen. So lange stand früher auch der Weihnachtsbaum in der Stube.

■ Barbarazweige

Barbarazweige gehen auf die Legende der heiligen Barbara zurück, die wegen ihres christlichen Glaubens eingesperrt wurde. Am Tag ihrer Hinrichtung soll ein Kirschzweig in ihrer Zelle erblüht sein. Noch heute werden daher am 4. Dezember Zweige von Obstbäumen oder Forsythien ins Wasser gestellt, die dann an Weihnachten erblühen.

■ Anklöpfeln

Das Anklöpfeln ist ein Heischebrauch vor Weihnachten, bei dem junge Männer oder Burschen von Haus zu Haus ziehen. Nach dem Anklopfen werden sie hereingebeten, singen Hirten- und Segenslieder oder sprechen einen Haussegen. Dann erhalten sie Gaben wie Brot, Gebäck, Schnaps oder Spenden. Der Brauch erinnert an die Herbergssuche von Maria und Josef.

■ Frauentragen

Es ist ein religiöser Brauch im Advent. Wohl seit dem 18. Jahrhundert in Bayern und Österreich verbreitet, symbolisiert auch er die Herbergssuche. Eine Darstellung der „Maria in der Hoffnung“ wird von Familie zu Familie weitergereicht. Jede Familie hält für einen oder einige Tage eine Andacht mit Gebeten und Gesang, bevor die Figur an die nächste Familie weitergegeben wird.

■ Kletzenbrot

Das Kletzenbrot ist ein traditionelles, fruchtiges und würziges Weihnachtsbrot, dessen wichtigste Zutat getrocknete Birnen („Kletzen“) sind; in Franken ist es als Hutzelbrot bekannt. Seit etwa dem 16. Jahrhundert diente es als nahrhafte, gut haltbare Winterkost. Es zu backen gehört bis heute zu den festen kulinarischen Adventsbräuchen.

■ Christkindlanschießen

Der Weihnachtsbrauch aus Bayern und Tirol ist seit dem 18. Jahrhundert verbreitet. Mit Schüssen oder Böllern wird das Christkind begrüßt und die festliche Zeit eingeleitet. In Berchtesgaden reicht die Tradition sogar bis 1666 zurück.

■ Die heilige Luzia

Der Gedenktag der heiligen Luzia ist der 13. Dezember, der in vielen Regionen, besonders in Schweden und Italien, mit Lichterbräuchen gefeiert wird. Sie wird oft mit einem Kerzenkranz auf dem Kopf dargestellt, was auf die Symbolik des Lichts in der dunklen Jahreszeit hinweist.

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