Im Parlament zitiert Steinmeier Oasis

von Redaktion

Seltene Ehre: Steinmeier in Westminster. © Cheung/AFP

London – Frank-Walter Steinmeier hat ein Faible für Popmusik. Als Jugendlicher ist er in Ostwestfalen aufgewachsen, im Verbreitungsgebiet von BFBS, dem Sender der britischen Streitkräfte. Die offene Lebensart und die gute Musik öffneten ihm „von meinem Jugendzimmer aus das Fenster zu einer anderen Welt“, erzählte er am Mittwoch beim Staatsbankett. 95,4 war die UKW-Frequenz des Senders, mit dieser Zahl leitete er seine Rede ein.

Am Donnerstag, bei seinem Auftritt vor beiden Häusern des Parlaments, gestattet sich der Bundespräsident erneut eine Anleihe bei der Popmusik. Diesmal ist es die Band Oasis. Mehrfach zitiert er den Titel „Don‘t look back in anger“, einen ihrer berühmtesten Songs. Blicke nicht zurück im Zorn, das passt.

Steinmeier war Außenminister, als sich die Briten 2016 zum Austritt aus der EU entschieden. Er hatte sich immer für den Verbleib eingesetzt, und seine Skepsis hat sich bewahrheitet. Das Verhältnis zwischen dem Königreich und dem restlichen Europa hat gelitten. Er wählt seine Worte vorsichtig: „Es gab Enttäuschung und manchmal auch Unverständnis. Es gab Unsicherheit.“ Aber im Zorn zurückzublicken sei keine Option.

Dass der Bundespräsident diese Rede in der Royal Gallery in Westminster hält, als Erster seit Richard von Weizsäcker 1986, ist ein Beweis, dass auch die Briten nach vorne schauen. Es ist eine seltene Ehre für einen ausländischen Gast. Emmanuel Macron wurde sie dieses Jahr zuteil, Donald Trump hingegen nicht. Angeblich terminliche Gründe, weswegen sich Steinmeier subtil und mit fast schon britischer Ironie dafür bedankt, dass die Termine diesmal gepasst haben. Er beschwört die Gemeinsamkeiten, die Werte beider Nationen, Freiheit und Demokratie. In diesen Passagen ist er ganz Bundespräsident.

In anderen klingt er fast noch wie ein Außenminister. Er betont den Kensington-Vertrag vom Juli, der die künftige Zusammenarbeit beider Länder definieren soll. „In der Sicherheits- und Verteidigungspolitik arbeiten wir enger zusammen als je zuvor.“ Steinmeier erwähnt die Unterstützung der Ukraine, den Eurofighter, das „Gefechtsfahrzeug Boxer“, Drohnen. „Wir stärken gemeinsam die Nord- und Ostflanke der Nato und arbeiten zusammen gegen hybride Bedrohungen.“ Für einen Politiker, der formal eher repräsentativ wirkt, ist es da eine sehr konkrete Rede.

Eine, die ankommt. Steinmeier erhält lauten, fast tosenden Applaus. Er plädiert dafür, die „menschlichen Verbindungen“ wieder zu vertiefen. Der Brexit habe hier einige Hürden aufgebaut: „Schüleraustausch, Studium, Praktika – vieles ist schwieriger geworden. Gerade für junge Menschen.“ Das müsse geändert werden. Es geht schließlich um die Chancen der Zukunft, nicht mehr um die Mühen der Vergangenheit.MB

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