Karin und Edmund Stoiber 2003 nach einer Transrapid-Fahrt – auf der Auslandsreise nach China. Die Strecke dort: 33 Kilometer. Die Münchner Trasse war ähnlich, auf gut 37 Kilometer angelegt. © Ken Liu/dpa
München – „Wenn Sie vom Hauptbahnhof in München“, hob Edmund Stoiber 2002 zu seiner legendären Transrapid-Rede an, „mit zeeehn Minuten, ohne, dass Sie am Flughafen noch einchecken müssen, dann starten Sie im Grunde genommen am Flughafen (…), Sie steigen in den Hauptbahnhof ein!“ Es war eine, höflich gesagt, etwas holprige Rede, nicht jeder verstand ihren Sinn sofort. Doch in Zeiten des Internets verbreitete sich der Auftritt millionenfach. Allgemeine Heiterkeit, natürlich, vor allem aber spürte jeder: Stoiber brennt für dieses Projekt.
„Zeeehn Minuten“, das setzte sich fest in vielen Ohren. So kurz nämlich sollte die Transrapid-Fahrt vom Hauptbahnhof zum Flughafen sein – nicht mehr das für eine Weltstadt hochnotpeinliche 45-Minuten-Gebummel in der störanfälligen S-Bahn, sondern Tempo 350 auf 37,4 Kilometern, davon 8,7 in München im Tunnel. Stoiber, die Staatsregierung und das Verkehrsministerium im Bund trieben die Idee voran, eine überwiegend aufgeständerte, zweispurige Trasse ungefähr entlang der S1 zu planen. 1,85 Milliarden Euro sollte das den ersten Schätzungen zufolge kosten.
Aus heutiger Sicht, wo jeder Schulbau schon dreistellige Millionensummen verschlingt, war das ein niedlicher Preis für ein riesiges Infrastrukturprojekt. Vor allem weiß man heute: viel zu niedrig angesetzt, wie bei öffentlichen Projekten dauernd. Das wurde dem Vorhaben schließlich zum Verhängnis. Anfang 2008 tauchte eine neue Schätzung auf, dann schon bis zu 3,4 Milliarden Euro.
Stoiber hätte das Projekt durchgezogen – doch er war nicht mehr im Amt. Parteifreund Günther Beckstein hatte ihn als Ministerpräsident abgelöst. Der galt nicht als Großfan des Transrapids. Jaja, man wolle das Ding schon, aber „nicht um jeden Preis“, so verkündete er schon vor Amtsantritt. Beckstein zog dann nach der Drei-Milliarden-Prognose gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium und dem ebenfalls missmutig-skeptischen Bahn-Chef Mehdorn den Stecker. Er fürchtete wohl, dass das vor Ort unpopuläre Projekt der CSU bei der Landtagswahl im Herbst 2008 schaden würde. Hinzu kam das Emsland-Unglück 2006, das den Glauben in die Technologie erschüttert hatte. „Zeeehn Minuten“ – heute klingt das beinahe wehmütig.CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER