München – Chirurgie, Dermatologie, Augenheilkunde, Neurologie und Ernährungsberatung – die Fachbereiche der Tierklinik Oberhaching gleichen denen der Humanmedizin. Längst werden Tiere in komplexen Operationen und wegen Krankheiten behandelt, die wir auch von Menschen kennen. Dr. Carolin Werres ist leitende Oberärztin und Fachtierärztin für Kleintierchirurgie in Oberhaching. Sie erklärt, was heute alles möglich ist.
Frau Werres, was operieren Sie am häufigsten?
Am meisten operiere ich Kreuzbandrisse. Aber auch Luxationen der Kniescheibe und das Einsetzen künstlicher Hüftgelenke sind häufige Operationen. Bei vielen Hunden begünstigt eine genetische Veranlagung Kreuzbandrisse, aber auch Übergewicht ist ein Grund.
Lassen Menschen ihre Tiere heute mehr operieren?
Definitiv. Es ist natürlich auch eine Kostenfrage – ein neues Hüftgelenk kostet zwischen 5500 und 7000 Euro. Früher waren Hunde eher Gebrauchstiere, heute sind es Familienmitglieder und werden auch wie solche behandelt. Auch die Technik und die Anästhesie haben sich verbessert, sodass komplexere Eingriffe heute möglich sind.
Was sind neue Trends in der Tiermedizin?
Auch in der Tiermedizin geht der Trend zur minimalinvasiven Chirurgie, sowohl bei Eingriffen im Bauch- und Brustraum sowie an Gelenken, den sogenannten Arthroskopien. Das ist auch ein Trend, der aus der Humanmedizin übergeschwappt ist.
Was ist die ausgefallenste Operation, die Sie machen?
Wir bieten zum Beispiel Harnleiter-Bypässe an. Dabei wird ein Kabel von der Niere zur Harnblase verlegt und damit quasi ein künstlicher Harnleiter geschaffen. Das betrifft vor allem Katzen, die oft Probleme mit Nierensteinen haben, die den Harnleiter blockieren. Außerdem werden wir demnächst die Near Infrared Technologie zur Verfügung haben, mit der wir Krebsgewebe und kritische Strukturen exakter darstellen und operieren können.
Gibt es Krankheiten, die bei Ihren Patienten immer häufiger auftreten?
Ja, wir haben immer mehr Patienten mit Zivilisationskrankheiten wie Allergien, Asthma und Übergewicht. Die Hälfte der deutschen Hunde ist übergewichtig. Oft meinen es die Besitzer zu gut mit dem Futter. Das kann aber viele Probleme verursachen, zum Beispiel an den Gelenken.
Wie sinnvoll finden Sie Prothesen?
Das kommt auf den Fall an. Eine Prothese als Hilfsmittel kann durchaus funktionieren, wenn chirurgisch nichts mehr zu reparieren ist. In dem Feld steckt viel Potenzial, aber es ist noch viel Erfahrung nötig. Bei Katzen ist es schwieriger, die nehmen eine Prothese eher als Fremdkörper wahr. Generell ist eine Amputation für uns die Ultima Ratio.