Traunstein – Während der Landrat von „einer guten Entscheidungsgrundlage für Kreisgremien, Fraktionen und Wohlfahrtsverbände“ sprach, übte Grünen-Kreisrätin Walburga Mörtl-Körner Kritik an den überholten Zahlen. Die Sozialraumanalyse basiere auf Zahlen zwischen 2013 und 2015: „Jetzt haben wir Ende 2017. Sind derart alte Zahlen üblich? 2017 hat sich im Landkreis viel verändert.“
Der Referent erklärte, das Statistische Landesamt in München liefere überregionale Daten erst spät. Lokale Daten für den Landkreis könne man zwar selbst erheben – was schneller ginge. Dann hinke es aber an der Vergleichbarkeit. Der Hintergrund: Die Fakten aus dem Landkreis werden in der Analyse landes-, manchmal bundesweiten Daten gegenübergestellt. Die weitere Frage der Kreisrätin, ob der Bereich „Schulsozialarbeit“ in die Studie aufgenommen werde, verneinte Rindsfüßer. Bei einer künftigen Neuauflage könne das Thema berücksichtigt werden. Allerdings mangele es dazu bislang an einer verlässlichen Bundes- oder Landesstatistik.
Jugendhilfe „nicht
nur Reparaturbetrieb“
In der Sozialraumanalyse nimmt die Jugendhilfe laut Landrat Walch besonderen Raum ein. Da Jugendhilfe „nicht nur Reparaturbetrieb“ sein dürfe, wolle der Kreis mit dem Datenwerk ein umfassendes Bild über den Sozialraum gewinnen. Politischen Mandatsträgern und Fachkreisen solle es als Grundlagen-, Orientierungs- und Handlungswissen dienen.
Der Institutsleiter lieferte eine Fülle von Zahlen und Fakten. Man wolle „objektiv gegebenen Strukturen“ und „individuellen Handlungs- und Verhaltensweisen“ auf die Spur kommen. „Soziale Brennpunkte“ wolle man mittels verschiedener Indikatoren identifizieren, um seitens der Jugendhilfe angemessen, besser frühzeitig reagieren zu können. Die Analyse habe somit eine „Frühwarnfunktion“ inne. Beste räumliche Analyseebene sei „die einzelne Gemeinde“. Rindsfüßer informierte zum Beispiel, im Norden des Landkreises und in Tourismusgebieten hätten es Familien mit Kindern generell schwerer, Wohnungen zu finden.Im Detail erläuterte er ausgewählte Indikatoren aus der Jugendhilfe und deren Anteil im Landkreis im Vergleich zur Größe der Gemeinden sowie zu Bayern. Ausführlich beleuchtete er die Wahrscheinlichkeit eines jungen Menschen, zum „Scheidungskind“ zu werden und die Zahl der Kinder von Alleinerziehenden.
Im nördlichen Kreis
mehr Arbeitslose
Der Norden des Landkreises weise eine höhere Arbeitslosenquote, auch bei Minderjährigen, auf – mit Schwerpunkten in den Städten Traunreut und Trostberg. Im Süden treffe das nur auf wenige Kommunen, etwa Grassau, zu. Weitere Kernpunkte der Sozialraumanalyse waren die altersmäßige Zusammensetzung von Hartz IV-Empfängern, die Einkommens- und die Wohnsituation im Kreis. Der Referent kündigte an, weitere Bereiche würden untersucht, zum Beispiel Kindertagesbetreuung, Armut bei Kindern und Heranwachsenden und Bevölkerungsentwicklung.
Das Fazit von Landrat Walch lautete: „Der Landkreis ist positiv aufgestellt.“ Er halte die Regionalisierung für sehr wichtig. Man wolle nicht überall gleich agieren, sondern unterschiedlich reagieren können. Bei den ambulanten Hilfen für junge Menschen engagiere sich Traunstein stärker als bei den stationären Hilfen: „Wir helfen frühzeitig und haben dadurch geringere Kosten als bei stationärer Unterbringung.“ Eine weitere Quintessenz sei: „Für intaktere Familien sind weniger Hilfen erforderlich.“ Ob statistisch erfassbar sei, dass in Vereinen engagierte Jugendliche weniger auffällig sind, wollte Alfons Baumgartner, Bayernpartei, wissen. Dazu Siegfried Walch: „Das ist statistisch nicht belegt. Aber die Vereine sind eine unersetzbare Achse in der Jugendhilfe.“ Waltraud Wiesholler-Niederlöhner (SPD) bezeichnete Kinderbetreuung als „spannende Frage“. Sie sei der Schlüssel, alleinerziehende Mütter wieder in Arbeit zu bekommen.
Die Gesellschafterversammlung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft hielt Landrat Walch traditionell in der Jahresschlusssitzung des Kreistags ab. Als alleiniger Vertreter des Landkreises fasste er die notwendigen Beschlüsse. Walch stellte den Jahresabschluss 2016 fest, entlastete Geschäftsführung und Aufsichtsrat. Der Landrat erläuterte, die Gesellschaft verfüge über wenige Sponsorenentgelte und andere Zuschüsse Dritter sowie über Einspeisevergütungen aus dem Betrieb der Fotovoltaikanlage Litzlwalchen. Haupteinnahmequelle seien nach wie vor Mittel vom Landkreis. Die Bilanzsumme betrage gut 1,8 Millionen Euro.
Dem zu deckenden Jahresfehlbetrag aus der Gewinn- und Verlustrechnung 2016 mit 435 962,30 Euro stehe eine Forderung des Landkreises für durch ihn gestelltes Personal gegenüber in Höhe von 269 652,33 Euro.