Traunstein – Wegen gefährlicher wie vorsätzlicher Körperverletzung vor der Diskothek „Villa“ in Traunstein verurteilte das Amtsgericht Traunstein mit Richter Christopher Stehberger einen 30-jährigen Waginger gestern zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr mit dreijähriger Bewährungszeit.
In der „Villa“ hatte der 30-Jährige in der Nacht zum 4. Juni 2016 gegen 2.30 Uhr gemäß Anklage von Staatsanwalt Dr. Simon Möbius einem anderen Gast eine leere Bierflasche über den Kopf geschlagen. Der Geschädigte erlitt eine V-förmige Schnittverletzung und erhebliche Schmerzen. Andere Gäste wollten die beiden trennen. Einer bekam mehrmals die Faust des Wagingers ins Gesicht. Nasenbluten und Schmerzen waren die Folgen. Ein 24-jähriger Zeuge trug bei der Rauferei eine Schnittwunde an der Hand, durch wen auch immer, davon. Der 30-Jährige soll außerdem ein Messer gezogen und mehrere Sekunden damit gedroht haben.
Das in dem Lokal sichergestellte Messer gehöre ihm nicht, behauptete der Handwerker gestern. Er habe eine Sammlung von circa 60 Messern, darunter ein lediglich ähnliches, und zahlreiche Schwerter. Angefangen habe in der Nacht alles mit einer Auseinandersetzung zwischen zwei Männern. Sein Spezl habe geblutet. Daraufhin habe er den anderen zu Boden gerissen, ihm einen Kopfstoß versetzt und zwei Schläge – „damit er a Ruh gibt“. Eine Bierflasche habe er niemandem „drübergehauen“. Im Raucherbereich würden viele Leute Bierflaschen einfach wegschmeißen. Vielleicht sei der Verletzte in Scherben gefallen.
Das Opfer führte die Kopfverletzung gestern im Zeugenstand auf einen Flaschenschlag zurück – wegen der Glassplitter hinterher im Haar. Nach dem Schlag auf den Kopf fehle ihm jede Erinnerung, so der Zeuge. Er versicherte, dem zweiten Verletzten „keine Schnittwunde zugefügt zu haben“.
„Nicht mehr sehr viel“ wusste der andere Verletzte, ein Bekannter des 30-Jährigen. Der 24-Jährige schilderte, der Angeklagte habe ihn draußen kurz angesprochen. Was bei der Rauferei im Raucherbereich passiert sei, wisse er nicht.
Das Gericht verhandelte gestern auch noch einen anderen Vorfall: Der 30-jährige Waginger hatte einen Gerichtsvollzieher in Polizeibegleitung nicht ins Haus der Mutter lassen. Der Vorfall mit dem Gerichtsvollzieher, angeklagt als „Vortäuschen einer Straftat“, ereignete sich am Vormittag des 7. Dezember 2016.
Der Vollstreckungsbeamte kam mit zwei Polizisten aus Laufen zu der Wohnung des Wagingers. Nach längerer Diskussion ließ sich der 30-Jährige festnehmen – nicht ohne zu seiner Mutter zu sagen, sie solle vor dem Betreten des Hauses durch die Beamten die „Sprengfallen entschärfen“. Bei der Durchsuchung des Anwesens fanden sich glücklicherweise weder Sprengstoff noch erlaubnispflichtige Waffen.
Es gab keine „Sprengfallen“
Zu diesem Anklagepunkt meinte der 30-Jährige, er sei an dem Tag unsanft geweckt worden. Zu dem Gerichtsvollzieher sei er „nicht sehr freundlich“ gewesen, habe er doch keinen Grund gesehen, die Eidesstattliche Versicherung abzugeben. Daraufhin habe ihn der Beamte verhaften wollen und die Polizei gerufen. Als die Polizisten ins Haus wollten, habe er zu seiner Mutter scherzhaft gesagt: „Tu die Minen weg.“
Die Drohung mit den „Sprengfallen“ nahm einer der Polizeizeugen nicht ernst. Die Mutter habe zu ihrem Sohn gesagt, er solle „nicht einen solchen Käse erzählen“. Angesichts dieses Beweisergebnis beantragte der Staatsanwalt gestern, den Tatkomplex mit Blick auf das Gewicht der übrigen Vorwürfe straflos einzustellen.
Staatsanwalt Dr. Simon Möbius verneinte eine – vom Angeklagten angeführte – Notwehrsituation in der Raucherecke. Der einschlägig vorbestrafte und zur Tatzeit unter offener Bewährung stehende 30-Jährige sei ziemlich heftig gegen die Geschädigten vorgegangen. Der Angeklagte habe „Dusel gehabt“, dass der Schlag mit der Bierflasche keine schlimmeren Verletzungen nach sich gezogen habe. Eine Freiheitsstrafe von 15 Monaten ohne Bewährung sei angemessen.
„Naturgemäß sieht das die Verteidigung anders“, hob Verteidiger Knut Oelschig aus Traunstein heraus. Als der 30-Jährige die Verletzungen des Freunds gesehen habe, habe er diesem beistehen wollen. Ein paar Dinge habe der Angeklagte eingeräumt. Die Scherben auf dem Kopf des Zeugen könnten auch einen anderen Grund haben. Die letzte Straftat des Wagingers liege bald fünf Jahre zurück. Eine eventuelle Freiheitsstrafe solle nochmals zur Bewährung ausgesetzt werden.
Im Urteil bezeichnete Richter Christopher Stehberger die Zeugen als „sehr glaubhaft“. Der Richter hielt dem Angeklagten angesichts 1,8 Promille eine gewisse alkoholische Enthemmung zugute. Die Vorstrafe liege weit zurück, ebenso die jetzige Tat. Die Opfer hätten nur leichte Verletzungen erlitten. Zu Lasten spreche neben der Vorstrafe die damalige offene Bewährung. Stehberger ging von einer günstigen Sozialprognose aus. Dadurch sei noch Bewährung möglich. Als Auflage müsse der 30-Jährige 500 Euro an die Staatskasse zahlen. kd