Prien – Wenn die Priener den Neubau an der Osternacher Straße am 13. Mai ablehnen, „dann werden wir uns am 14. Mai aus Prien verabschieden“: Die Ansage von Michael Gößl, Vorstand des Deutschen Jugendherbergswerks, war unmissverständlich. Für das DJH sei der Standort Osternacher Straße alternativlos.
Christoph Bach, Vorsitzender der Bürger für Prien (BfP) und Hauptinitiator des Bürgerbegehrens gegen diesen Standort, sieht das anders. Entsprechend heftig waren die Wortgefechte, als die beiden im Foyer des Chiemsee Saals aufeinandertrafen. Im voll besetzten Saal hatte nach den Vorträgen keine Diskussion stattgefunden.
Bachs BfP-Fraktionskollege Werner Waap hatte in der Präsentation zuvor einen Entwurf eines Architekten an die Wand projeziert, der in einer Atrium-Anordnung um einen großen Innenhof auf zwei Vollgeschossen Platz für eine Herberge mit gut 180 Betten, Seminar- und anderen Räumen skizziert habe. Den Namen des Planers wollte Bach auch auf Nachfrage nicht preisgeben, er beharrte aber auf dieser Variante. Gößl widersprach und argumentierte, warum ein Neubau auf dem alten Grundstück eben nicht möglich sei. Er verwies unter anderem auf das negative Ergebnis einer Machbarkeitsstudie, die das DJH nach der Schließung der alten Herberge 2013 wegen Brandschutzmängeln in Auftrag gegeben habe. Grundsätzlich wäre für einen größeren Neubau eine Änderung des Bebauungsplans notwendig und dafür wiederum wäre ein Lärmschutzgutachten eine Voraussetzung. Wegen der nahen Wohnbebauung seien die Emissionen aber zu hoch, die Abstandsflächen für einen größeren Bau als der Altbestand mit 130 Betten und nur wenigen Bädern nicht darstellbar. Nach Einschätzung von Bach und seinen Mitstreitern würde eine Atrium-Lösung mit Innenhof dem Lärmschutz Genüge tun.
In den Vorträgen wurde wiederholt der Erhaltung der schönen, schützenswerten Landschaft als übergeordnetes Ziel hervorgehoben. Waap erklärte, dass die BfP möchte, dass das Areal zwischen Birkenweg und Osternacher Straße wieder in die Chiemsee-Schutzverordnung aufgenommen wird. Das Gelände war aus dem Geltungsbereich herausgenommen worden, als die Gemeinde vor rund 15 Jahren einen neuen Flächennutzungsplan aufstellte. Dieser wurde 2006 politisch beschlossen und für das besagte Areal eine touristische Nutzung definiert. Ein Flächennutzungsplan ist aber lediglich eine Art Absichtserklärung, Baurecht entsteht erst durch einen Bebauungsplan. Das Aufstellungsverfahren für eine neue Jugendherberge ruht, seitdem die Bürgerentscheide beschlossene Sache sind.
Den Ist-Zustand des Areals schilderten die Veranstalter unter anderem mit Fotos und einem kurzen Film mit Luftaufnahmen einer Drohne. Die 6500 Quadratmeter Wiese, die das DJH kaufen und darauf bauen möchte, sind bisher als Pferdeweide vom nahen Seehof Will gepachtet. Michaela Messerschmidt, die dort mitgearbeitet hat und ihr Pferd bis heute stehen hat, erinnerte an die erfolgreichen Trabsportzeiten der Betreiberfamilie seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Der Pferdehof mit seinen Koppeln sei insofern „ein Stück Priener Geschichte“.
Moderator Kersten Lahl zeigte Bilder, auf denen die Route über Carl-Braun-Straße und den verlängernden Weg bis zur Osternacher Straße als „g´miatliche“ Alternative für Fußgänger und Radler zu den Verbindungen zwischen Ortskern und See über Seestraße oder entlang der Bockerlbahn dargestellt wurde.
Dem Szenario einer Durchgangsstraße statt des Fußweges, das Lehl und Waap ins Spiel brachten, widersprach Vorstand Gößl später in der Auseinandersetzung mit Bach vehement. „Wenn wir zulassen, dass ein Investor auf der grünen Wiese bauen darf, dann herrscht Goldgräberstimmung. Das wäre der erste Schritt zu einem neuen Bauboom“, fürchtete Waap, dass Investoren dann bald das restliche Areal bis zum Birkenweg bebauen würden und ein Straßenbau damit einhergehen könnte.
Die DJH hat der Gemeinde nach Gößls Worten fest zugesagt, einen städtebaulichen Vertrag zu unterzeichnen, in dem der Spazierweg als solcher verbindlich festgeschrieben würde. Bisher ist er von dem halben Dutzend Privateigentümern, über deren Grund er verläuft, lediglich ohne Rechtsgrundlage geduldet.
Ein flammendes Plädoyer gegen den enormen „Flächenfraß“ in Bayern insgesamt hielt der „Überraschungsgast“, wie der ehemalige Rosenheimer Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz, Ernst Böckler, angekündigt worden war. „Es wird in eine Fläche eingegriffen, die für den Erholungswert eine große Bedeutung hat“, kommentierte er das Jugendherbergsvorhaben und erntete dafür von einem Großteil der Zuhörer Applaus.
Am Ende des Abends stand nach der Debatte im Foyer die Erkenntnis, dass es bei den Bürgerentscheiden auf eine Grundsatzentscheidung hinausläuft zwischen dem Bau einer Jugendherberge an der Osternacher Straße und dem Erhalt der freien Landschaft.