Prien – Im Oktober 2017 hatte der Landkreis offiziell die staatliche Realschule eingeweiht, die er für über zehn Millionen Euro neben der generalsanierten kommunalen Realschule gebaut hatte. Es war sozusagen die Gegenleistung dafür, dass der Freistaat 2010 nach mehreren vergeblichen Vorstößen über Jahrzehnte die Neugründung beschlossen hatte und so dem Landkreis jedes Jahr Personalkosten in siebenstelliger Höhe abnimmt.
Für Außenstehende ist mitunter nicht nachvollziehbar, warum es in Prien zwei Realschulen unter einem Dach gibt, mit eigenen Schulleitungen, eigenen Verwaltungen und zum Teil individuellen Angeboten. Zum Beispiel möchten beide Direktorinnen, Kerstin Haferkorn von der CRS und Andrea Dorsch von der RSP, heuer versuchen, neue Theatergruppen aufzubauen, kündigten sie im Gespräch mit der Chiemgau-Zeitung an. Das fand erstmals gemeinsam statt und das wiederum zeigt, dass es auch durchaus Annäherungen und Gemeinsamkeiten gibt.
Im neuen Schuljahr werden sich beide zum Beispiel eine Schulsozialarbeiterin teilen. Agathe Leberfinger, die vom Jugendamt im Landratsamt Rosenheim kommt, füllt zwei Halbtagsstellen aus und bekommt einen eigenen Raum, unter anderem für individuelle Beratungsangebote.
Auch in Sachen Suchtprävention wollen beide Realschulen gemeinsame Sache machen und Referenten vom Verein „Neon“ aus Rosenheim einladen. Die Schülerbücherei, die erst vor wenigen Monaten im umgebauten Dachgeschoss eröffnet werden konnte, steht Kindern und Jugendlichen beider Schulen offen. Weitere Kooperationen wie ein Völkerballturnier, ein deutsch-französischer Tag oder ein „Tag der Berufe-Workshops“ zeigen, dass die beiden Schulen sich annähern.
Die RSP startet ins neue Schuljahr mit 416 Schülern, das Kollegium umfasst 36 Lehrer. Die Nachbarschule hat heuer 34 Pädagogen im Team. Sie unterrichten 373 Schüler. Die langfristige Entwicklung wird an den fünften Klassen deutlich. Die RSP wird am 10. September um 8 Uhr 45 „Neue“ begrüßen, die CRS um 8.30 Uhr, ebenfalls in der gemeinsamen Aula, 83.
Seit ihrer Gründung wird die staatliche Schule jedes Jahr mit drei fünften Klassen aufgefüllt. Die RSP, die zeitweise vier Klassen in manchen Jahrgängen hatte, wird nur noch zweizügig ergänzt, wird also mittel- und langfristig kleiner. An der personellen Entwicklung lässt sich das ebenso ablesen: Die RSP bekommt heuer drei Neuzugänge im Kollegium, die CRS deren acht.
Wenn es um die Integration neuer Gesichter geht, eint beide Schulen das Bestreben, dafür einiges zu tun. Gerade auf die 128 Fünftklässler, die Unterricht meist aus ihren Heimatorten mit Nachbarskindern in vertrauten Klassenzimmern kennen, wird geschaut. Sie bekommen Tutoren aus den neunten Klassen zur Seite, die ihnen die Räumlichkeiten ebenso zeigen wie den sicheren Fußweg zwischen Busbahnhof und Schule. Um das Kennenlernen zu beschleunigen, fahren auch alle fünften Klassen bald nach Schuljahresbeginn mit ihren Klassleitern für eine Woche in ein Landschulheim, an der RSP fahren die Tutoren mit. Weil Schüler und ihre Eltern gleichermaßen gespannt sind, mit wem sie es an der neuen Schule zu tun bekommen, hängen die Klassenlisten ab Wochenmitte bereits aus.
Während beide Schulen versuchen wollen, eigene Theatergruppen auf die Beine zu stellen, ist die Trennung im musischen Bereich ganz bewusst, betonen die Direktorinnen. Als sie nämlich das ein oder andere Ensemble zusammenlegten, stellten sie schnell fest, dass es so viele musisch begabte und aktive Schüler gibt, die auch auftreten wollen, dass dies den Rahmen bei gemeinsamen Konzerten weit gesprengt hätte. Deshalb fahren sie weiter zweigleisig.
Zusammenrücken im wahren Sinn des Wortes müssen sie für den Sportunterricht, denn die kleine Realschulturnhalle im Friedhofweg bietet bei Weitem nicht die Kapazitäten, die nötig wären, den Lehrplan zu erfüllen. Insbesondere die CRS weicht notgedrungen nach Bernau und Rimsting sowie in die Waldorfhalle in Prien aus. Das kostet Zeit und Geld, denn Miete wird ebenso fällig wie Kosten für Busse – ganz abgesehen vom logistischen Aufwand. Isabelle Sanktjohanser von der RSP und Michael Morgott von der CRS versuchen bei der Stundenplanung, SportDoppelstunden an den Anfang oder ans Ende der Schultage zu legen, damit nicht zu viel Zeit verloren geht. Bei 590 beziehungsweise 634 Unterrichtsstunden pro Woche kein ganz leichtes Unterfangen.