Übersee – In Übersee gibt es große Entwicklungsflächen: Das ehemalige Deutz-Gelände mit rund 25000 Quadratmetern, das Areal „Übersee-Ost“ mit 22500 Quadratmetern und das 32000 Quadratmeter große neue „Gewerbegebiet Entenfeld“. Architekt Rudi Finsterwalder und die Stephanskirchener Gemeinderätin Margit Sievi berichteten anhand von Beispielen aus ihrer Gemeinde über Möglichkeiten .
„Die Bürger sind oft weiter als die Politik“, sagten AK-Sprecher Wolf Steinert, und der Verantwortliche des Abends, Hans Thullner, ergänzte: „Wir müssen daher überlegen, wohin sich der Ort entwickeln soll.“
Es sei zwar jede Gemeinde anders und individuell zu beurteilen, so Steinert. Dennoch ließen sich die Grundtendenzen der gesunden Ortsentwicklung von Stephanskirchen als gelungenes Beispiel auch auf Übersee übertragen.
Finsterwalder und Sievi schilderten, dass es vor allem die Bürger waren, die dem 2012 beschlossenen Entwicklungskonzept ihren Stempel aufgedrückt hatten. Mitentscheidend sei zudem ein Planer aus Berlin gewesen, der unvoreingenommen und von außen die Stärken und Schwächen der Gemeinde analysiert hatte.
Die Bürgerbeteiligung startete mit Workshops, in denen Wünsche und Bedürfnisse im Mittelpunkt standen. Es folgten eine Bürgerbefragung mit unerwartet großer Rückmeldung von 400 Antworten sowie eine Bürgerversammlung.
Laut Finsterwalder wurden dabei drei Szenarien herausgearbeitet, die für alle Gemeinden gelten könnten. Das erste trägt das Motto „Wir bleiben, wie wir sind, aber verändern uns“. Dabei werden neue Bedürfnisse wie mehr Wohnraum für junge Familien zwar berücksichtigt, aber nur durch Reaktionen. Gemeinde und Bürger verlieren damit die Möglichkeit selbstständig, umfassend und langfristig zu agieren.
Die zweite Lösung sieht ein ungebremstes Wachstum von Wohnraum und Gewerbe sowie den damit verbundenen Verlust von „grünen Lungen“ wie Parks und kleinen Grünflächen vor.
Beim dritten Szenario, das auf eine mehrheitliche Zustimmung der Zuhörer stieß, geht es um die Stärkung und den Ausbau eigener Werte. Folgende Entwicklungsziele wurden dabei mit den besonderen Schwerpunkten von Jugendlichen, Senioren und der Landwirtschaft herausgearbeitet: die Erhaltung und Weiterentwicklung der Kulturlandschaft und der einzelnen Ortsteile, individuelles Wohnen, lokales Wirtschaften und Mobilität für die Zukunft. Auch „der Lebenswert 2025“ unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung und dem Vermeiden „einer Schlafstadt“ sowie das Erarbeiten einer Baufibel spielten bei dem Konzept eine wichtige Rolle.
Im Kleinen hat Finsterwalder seinen Traum von einem Wunschdorf in Landlmühle bei Rosenheim auf 10000 Quadratmetern bereits verwirklicht. Dort erfreuen sich die Bürger am Erhalt alter Häuser, einer bodenständigen Gastronomie sowie einer Kletterhalle neben einer Metzgerei.
AK-Sprecher Steinert verschwieg nicht die Schwierigkeit der Umsetzung solcher Konzepte. Immerhin habe die Gemeinde die Planungshoheit für die künftige Entwicklung und sei insofern in einer besseren Situation. Man sollte aber bedenken, dass sich Übersee schnell von 5000 auf 8000 Bürger vergrößern könnte, wenn die neuen Baugebiete nach den vorläufigen Überlegungen realisiert werden. „Wollen wir das ?“, fragte Steinert. Seiner Meinung geht es bei der Zukunftsentwicklung entsprechend den Bürgerwünschen weniger um das zweckmäßige Bauen mit städteähnlichem Charakter, als vielmehr um den Schutz des Vorhandenen, beispielsweise Seeufer und Bahnhof, um das Kleinteilige und Einfache. Zu klären wären bei diesem „anderen Konzept“ laut Steinert die demografische Entwicklung, das Wohnen von Alten, Jugendlichen und Familien, die ärztliche Versorgung, die Themen Schule, Kindergarten und Kirche, die Bildung, Arbeit und Gewerbe, Freizeit und Erholung sowie die Fragen des Verkehrs mit Fuß- und Radwegen, ÖPNV, Pendlern und Verkehrsverbünden.
Einfache Lösung: „Miteinander reden“
Da alle Anwesenden von dieser umfassenden Zukunftsvision angetan waren, blieb nur die Frage „Wie kommt so ein positiver Prozess in Gang?“ Die einfache Antwort der Stephanskirchener Gäste: „Man muss miteinander reden.“ Dazu brauche es neben einem Ortsplaner auch einen Moderator.