Erstmals eine Kundgebung an Jodl-Grabstätte

von Redaktion

Chiemseer Altbürgermeister Lex macht Wolfram Kastner für Wirbel auf der Fraueninsel verantwortlich

Chiemsee – Die jahrelange Auseinandersetzung um den Namen „Alfred Jodl“ um die Familiengrabstätte auf der Fraueninsel ist um ein Kapitel länger. Am vergangenen Sonntag hatte Wolfram Kastner dort erstmals zu einer Kundgebung aufgerufen, bei der sich auch der Chiemseer Altbürgermeister Holmer Lex zu Wort meldete – mit einer Aussage, die Kastner und seinen Mitstreitern nicht gefiel.

Den ganzen Vormittag über hatte es in Strömen geregnet. Zur Kundgebung waren dann rund 40 Menschen erschienen. Manche aus Interesse und nicht, weil sie die Position Kastners teilen. Der Münchner kämpft seit Jahren mit allen Mitteln darum, dass der Name Alfred Jodl, in den Nürnberger Prozessen nach dem Zweiten Weltkrieg als einer der Hauptkriegsverbrecher zum Tode verurteilt und kurz darauf gehängt, vom Friedhof der Insel verschwindet.

Jodl liegt auf der Fraueninsel nicht begraben. Sein Leichnam wurde nach der Hinrichtung eingeäschert und anonym in einen Nebenarm der Isar gestreut. Nicht zuletzt deshalb kritisiert Wolfram Kastner immer wieder, dass mit Jodls Namen und militärischem Dienstgrad auf der Grabstätte eine Art Wallfahrtsort für Rechtsradikale geschaffen werde.

Einige Teilnehmer der Kundgebung hatten Schilder dabei, teils mit drastischen Darstellungen, die Jodls Kriegsverbrechen an der Ostfront zeigen sollten. Kastner wiederholte, was er seit Jahren vorträgt.

Dass dem Kriegsverbrecher Jodl mit dem Stein auf der Fraueninsel ein Denkmal gesetzt werde. Es sei ein „Skandal“, dass der Gemeinderat, die Staatsregierung und die bayerische Justiz dies angeblich auch noch deckten.

Holmer Lex

widerspricht

Diesen Darstellungen Kastners widersprach der Chiemseer Altbürgermeister Holmer Lex nun öffentlich. Er war zur Kundgebung erschienen, genauso wie einige Mitglieder des Gemeinderates, um zuzuhören. Die Teilnehmer der Demonstration forderten den über 90-Jährigen, der sein ganzes Leben auf der Insel verbracht hat, zum Sprechen auf. Das tat er: Jahrzehnte habe kein Hahn nach dem Jodl-Grab gekräht. „Und plötzlich geht das los“, sagte Lex. Staatsgäste habe er schon über die Insel geführt – unter anderem aus der Ukraine.

Und selbst diese hätten beim Gang über den Friedhof ins Kloster nur am Rande Notiz davon genommen, dass der Name Alfred Jodl auf dem Grabstein stehe. Erst durch die andauernden Aktionen Kastners erhalte die breite Öffentlichkeit von der Grabstätte Kenntnis.

Der Grabnutzungsberechtigte, ein Nachkomme aus der Familie, reagierte mit einer Presseerklärung auf die Kundgebung: „Meine Familie und ich haben die historische Schuld, die Alfred Jodl aufgrund seiner Handlungen im Zweiten Weltkrieg zu verantworten hat, nie relativiert, sondern diese in der Vergangenheit wie heute ausdrücklich verurteilt“, schreibt der Mann, der namentlich nicht in Erscheinung treten möchte.

Er habe immer größten Wert darauf gelegt, dass der Ort der Grabstätte nicht publik werde, „um die Gefahr der Entstehung einer Gedenkstätte auszuschließen“. Erst Kastners Aktivitäten hätten dazu geführt, dass die Öffentlichkeit überhaupt auf das Grabmal aufmerksam wurde. Für ihn und seine Familie sei das Grab, in dem vier Familienangehörige beigesetzt sind, ein stiller Rückzugsort, der nicht öffentlich zur Schau gestellt werden dürfe.

Wolfram Kastner, der immer wieder juristische Auseinandersetzungen mit dem Graberben hat und unter anderem wegen Übergriffen auf das Grabmal auch schon zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt wurde, ficht das nicht an. Er will weitermachen, bis der Name Alfred Jodl vom Grab verschwindet.

Und er kündigt an, die nächste Aktion auf der Fraueninsel werde spätestens am Weihnachtsmarkt stattfinden – dann, wenn mehr Besucher da sind als an einem komplett verregneten Sonntag im Sommer. ki

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