Grassau – Das Anthojo-Seniorenpflegeheim in Grassau zählt mit 42 Plätzen zu den eher kleinen Seniorenheimen im Landkreis Traunstein. Den familiär geprägten Umgang mit den betagten Heimbewohnern, die größtenteils aus Grassau und dem Achental stammen, schätzen Angehörige wie auch Heimbewohner. Wie aber geht es den Bewohnern in Zeiten der Corona-Krise, die einen Ausgang und Besuch von Verwandten und Freunden ausschließt? Einrichtungsleitung Marina Egart gab der Chiemgau-Zeitung einen kleinen Einblick.
Das Haus nicht selbstständig verlassen zu können, kennen einige der Bewohner. Andere wiederum waren bis zur Verschärfung der Ausgangsregeln regelmäßig unterwegs, genossen die kurzen Spaziergänge in den nahegelegenen Kurpark und in das Zentrum. Jetzt aber sind die Tore geschlossen.
Kinderlachen
besonders vermisst
Nun dürfen die Bewohner das sichere Umfeld nicht mehr verlassen. Zu groß ist die Gefahr einer Ansteckung mit dem tückischen Virus. Würde nur einer der Bewohner sich anstecken, könnte dies fatale Folgen für die anderen haben – wie es sich vor Kurzem dramatisch in Bad Feilnbach im Landkreis Rosenheim zeigte, wo über 30 Bewohner eines Seniorenheims sich infiziert hatten und in Krankenhäuser verlegt werden mussten (wir berichteten). „Wir haben unsere Bewohner auf die Gefahr aufmerksam gemacht, ihnen erklärt, wie schwerwiegend dies für sie sein könnte und viel Verständnis erhalten“, betont Marina Egart, die Einrichtungsleiterin. „Wir klären, sofern dies sinnvoll ist und auch psychisch verstanden werden kann, über den aktuellen Stand der Krise auf, versuchen aber dennoch, unsere Heimbewohner mit Schreckensmeldungen zu verschonen und das Thema Corona nicht zum beherrschenden werden zu lassen“, erklärt sie.
Was jetzt, angesichts fehlender sozialer Kontakte von außen besonders nottue, sei die interne Zuwendung. So bemühe man sich etwa, ein abwechslungsreiches Programm zu organisieren, etwa gemeinsame Spiele, Singen und Basteln.
Das Pflegeheim ist gerade österlich geschmückt. Zu den Vorbereitungen im Haus zählen normalerweise Besuche von Schulklassen und Kindergartengruppen. „Das war immer eine willkommene Abwechslung für die Bewohner“, erzählt Marina Egart, „aber jetzt sieht es anders aus.“ Kein Kinderlachen, keine süßen Kindergesichter und keine kleinen Hände, die zum Basteln anregen, werden den Alltag ergänzen. „Das werden alle sehr vermissen“, bedauert sie. Freuen würden sich die Bewohner sicherlich über von Kinderhand gemalte Bilder, die gerne vor der Türe abgelegt werden können. Einlass sei leider nicht möglich.
Personell ist das Pflegeheim sehr gut ausgestattet, versichert Egart. Auch in ihrem persönlichen Umfeld würden die Angestellten penibel darauf achten, das Risiko einer Ansteckung so gering wie nur möglich zu halten. Alle seien sensibilisiert. „Ich kann alle Angestellten nur loben und für den großen Einsatz danken“, freut sich die Heimleiterin.
Nicht nur Angehörige und Freunde dürfen das Pflegeheim derzeit nicht betreten, auch Zulieferer werden nicht eingelassen. Alles wird vor der Türe geregelt. Ob nun Nahrungsmittel geliefert werden oder aber die Wäsche zur Reinigung abgeholt und später wieder gebracht wird, alles wird streng kontrolliert und geht möglichst kontaktlos vonstatten.
„Für die Heimbewohner war es anfangs ungewohnt, ihre Betreuer, die sie so gut kennen, nun auch im Alltag nur mehr in Schutzkleidung und mit Masken zu sehen“, schildert Egart, dennoch sei dies eine nicht zu unterschätzende Sicherheitsvorkehrung. „Wir haben noch genug Masken und Schutzkleidung“, versichert sie.
Sie schreibt die gute Versorgung der Anthojo-Gruppe zu, die vorausschauend gehandelt habe: So seien weitere 1000 Masken bestellt, hängen derzeit jedoch noch an der Grenze fest.
Von Vorteil sei diese Gemeinschaft auch im gegenseitigen Erfahrungsaustausch, was in diesen Tagen und in dieser völlig neuen Situation und Herausforderung von großem Wert sei. „Wir stehen vor einer neuen Situation, die keiner von uns kennt und wir müssen lernen damit umzugehen“.
Vorrangig sind die Mitarbeiter damit beschäftigt, den Bewohnern die persönlichen Einschränkungen erträglicher zu machen. Denn der Kontakt zu den Liebsten funktioniert derzeit nur übers Telefon.
Kontakt halten über
Skype und Whatsapp
Einige Bewohner sind nicht in der Lage, zu telefonieren, und verstehen nicht, warum sie nicht besucht werden. Digitale Lösungen sollen Abhilfe schaffen. „Wir werden versuchen, über neuen Technologien wie Skype, Facetime oder Whatsapp Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zu realisieren“, erklärte Egart. Das brauche einige Zeit, könnte aber auch nach der Krise sinnvoll sein, um Kontakt zu den Verwandten zu halten.
Derzeit baut der Träger an einem neuen Seniorenheim, dort wäre nach Egart die Krise etwas einfacher zu bewältigen. „Wir haben hier nur eine Station. Im neuen Seniorenheim an der Kaiserblickstraße haben wir hingegen drei Stationen, die jede für sich abgeriegelt werden kann“, erklärt Egart. Im Fall einer notwendigen Isolation könne man Bewohner in Einzelzimmern separieren. Und einen großen Garten wird es geben, in dem trotz Quarantäne Spaziergänge möglich sein werden. Gerade jetzt zeige sich, wie sinnvoll die Vergrößerung und Auslagerung sei und wie wohltuend mehr Platz für die Heimbewohner sei, so Egart. Alle hoffen, dass die Bewohner bald umziehen können.