Ohne Schwimmmeister geht‘s nicht mehr

von Redaktion

Rechtsprechung macht Betrieb des Bernauer Strandbads zunehmend schwieriger

Bernau – Das Strandbad im Chiemseepark Felden zählt zu den beliebtesten am Bayerischen Meer. Das liegt unter anderem daran, dass es sehr weitläufig ist, die Infrastruktur stimmt und es keinen Eintritt kostet. Jetzt ist die Bernauer Idylle aber akut bedroht.

Grund ist ein Sicherheitskonzept, dass die Gemeinde nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs in Auftrag gegeben hatte und das jetzt vorliegt.

Durch den BGH-Richterspruch von 2017 habe sich das Haftungsrisiko für Kommunen immens erhöht, sagte Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber im Gespräch mit der Chiemgau-Zeitung. Die Gemeinde müsse bei Unfällen nachweisen, dass diese auch bei ordnungsgemäßer Aufsicht nicht zu verhindern gewesen wären, erklärt die Bürgermeisterin.

Bürgermeisterin verhandelt mit
der Wasserwacht

Das heißt im Umkehrschluss unter anderem:
Bernau braucht einen Schwimmmeister als Aufsichtsperson für sein Strandbad. Biebl-Daiber steht nach eigenen Angaben schon in Verhandlungen mit der Wasserwacht und den Schwimmmeistern aus dem gemeindeeigenen Hallenbad BernaMare.

Klar scheint jetzt schon, dass es keine Rund-um-die-Uhr-Aufsicht geben kann. Deshalb wird die Gemeinde wohl offizielle Badezeiten festlegen müssen, zu denen der Steg betreten werden darf. Derzeit ist er ohnehin wegen der Corona-Auflagen gesperrt, denn er ist zu schmal, um im Begegnungsverkehr den nötigen Sicherheitsabstand einhalten zu können. Allerdings halten sich nach Augenzeugenberichten beileibe nicht alle Badegäste an das Verbot. Viele ignorieren die Sperrung. Biebl-Daiber befürchtet, dass sich die Situation zuspitzt, wenn die Corona-Auflagen wegfallen, aber der Steg trotzdem – zumindest zeitweise – gesperrt werden müsste. Wenn es nach der Bürgermeisterin geht, bleibt das Strandbad in Felden weiter für Besucher kostenlos – obwohl sich auch ein Zaun zur Abgrenzung der Liegewiese wohl nicht vermeiden lassen wird. Im Sicherheitskonzept, dass der externe Gutachter auch in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderats am 2. Juli vorstellen wird, wird auch darauf hingewiesen, dass die Gemeinde dafür Sorge tragen muss, dass ein Kleinkind, dass seinen Eltern entwischt ist, nicht ungehindert dort ans Wasser kommt, wo die Gemeinde als Betreiber haftbar ist.

Sprungbrett
musste schon abgebaut werden

Dieses erhöhte Haftungs-Risiko für die Kommune ist auch der Grund, warum das Sprungbrett am Steg schon abmontiert werden musste. Das Wasser ist dort nicht tief genug. Dagegen darf immerhin die fast noch neue Rutsche erstmal stehenbleiben, weil sie sich dem Wasserstand des Chiemsees anpasst. Auch an anderer Stelle sind die ersten Auswirkungen des Sicherheitskonzepts, das der frühere Gemeinderat vor dem Eindruck des BGH-Urteils in Auftrag gegeben hatte, schon sichtbar. „Zum Beispiel musste an der Kaimauer am Ende der großen Liegewiese ein Zaun aufgestellt werden“, so die Bürgermeisterin zu einer der Sicherheitsmaßnahmen. Die drohende Sperrung des Stegs, der erst vor wenigen Jahren von der Gemeinde teuer und aufwendig erneuert worden war, sorgt schon vor der Diskussion im Gemeinderat und einer Entscheidung für Unruhe im Ort. Zum Beispiel bei den Frühschwimmern. Das sind Einheimische, die es sich zur sportlichen Gewohnheit gemacht haben, morgens ab 7 Uhr eine erfrischende Runde im Bayerischen Meer zu schwimmen. Für sie könnte der Steg offiziell gesperrt werden, wenn kein Bademeister vor Ort ist. „Dies fände ich äußerst bedauerlich und deshalb werde ich mich dafür einsetzen, dass dieser Umstand nicht eintritt und wir eine andere Lösung finden können“; kündigt die Bürgermeisterin an. Die Zukunft des Stegs dürfte der zentrale Diskussionspunkt im Gemeinderat werden.

Schilderwald
entsteht östlich
des Badehauses

Auch abseits der Liegewiese des Strandbads wirkt sich das Sicherheitskonzept aus. Im Bereich des Hafens oder der Wasserwacht östlich des Badehauses, „bauen wir einen Schilderwald“, flüchtet sich das Gemeindeoberhaupt in Sarkasmus. Mit Hinweisschildern, das in diesen Bereichen Baden nicht gestattet ist beziehungsweise auf eigene Gefahr erfolgt, muss sich die Gemeinde gegen mögliche Haftungsansprüche absichern.

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