Traunsteins trauriger Rekord

von Redaktion

Sieben-Tage-Inzidenz im Landkreis liegt bei 377,9 – 59 Neuinfektionen zum Vortag

Traunstein – Der Landkreis Traunstein war gestern deutscher Spitzenreiter bei der Sieben-Tage-Inzidenz von Corona-Fällen (Stand Redaktionsschluss). Laut Robert-Koch-Institut (RKI) lag der Wert gestern bei 377,9. Die Sorge wächst, dass der Lockdown lokal verschärft werden könnte und auch Schulen und Kindergärten schließen müssen.

Landrat Siegfried Walch (CSU) kann an dieser Stelle Entwarnung geben: Weder eine Verschärfung der Lockdown-Maßnahmen, noch eine Schließung von Schulung oder Kindergärten sei derzeit flächendeckend geplant. Letzteres könne man allerdings nicht ausschließen. „Wir wollen das auf jeden Fall vermeiden, allerdings ist dies vom Infektionsgeschehen abhängig“, sagte Walch im Gespräch mit der Chiemgau-Zeitung.

„Diffus und flächendeckend“

331 Neuinfektionen über das Wochenende meldete das Landratsamt am Montag. Gestern berichtet die Behörde von 59 Neuinfektionen und einem Todesfall. Einen konkreten Auslöser für den massiven Anstieg durch Superspreader-Events oder lokale Hotspots gebe es laut Walch nicht: „Es handelt sich um ein diffuses, flächendeckendes Infektionsgeschehen.“

Er zeigte sich nicht überrascht, dass die Zahl der Neuinfizierten so hochgeschnellt ist: „Wir hatten wochenlang eine schwierige Lage rundherum. Es war vorhersehbar, dass auch in Traunstein die Zahlen steigen werden.“

Es sei zu hoffen, dass der Lockdown in Bayern bald zu einer flacheren Infektionskurve führt – auch im Landkreis Traunstein. „Das wird sich erst mit Zeitverzögerung auf das Infektionsgeschehen auswirken. Wir sehen das ja im Nachbarlandkreis Berchtesgadener Land“, so Walch. Die Testkapazitäten im Landkreis seien derzeit ausreichend.

Derzeit bietet der Landkreis zwei Teststationen in Traunstein und Trostberg an, die vom Bayerischen Roten Kreuz Traunstein betrieben werden. An der Traunsteiner Teststation seien acht bis neun Mitarbeiter täglich im Einsatz, berichtet BRK-Projektleiter Thorsten Brandstätter.

„Wir können täglich 1400 Personen testen. Zu schaffen machen uns die Montage, die in der Regel sehr überlaufen sind“, sagt Brandstätter. Am Montag wurden laut BRK 559 Personen in Traunstein getestet. Üblich seien um die 300 Tests pro Tag. Wer sich testen lassen möchte, für den hat Brandstetter den Tipp, nach Trostberg auszuweichen. Das dortige Test-Zentrum sei weniger überlaufen. Immerhin, Sorge dass das Testpersonal oder Mitarbeiter im Rettungsdienst wegen einer Corona-Infektion ausfallen könnte, bestehe im Moment keine: „Aktuell sind beim BRK Traunstein von 170 hauptamtlichen Mitarbeitern nur vier erkrankt und zwei in Quarantäne.“ An den Kliniken im Landkreis Traunstein sind derzeit 34 Mitarbeiter mit Corona infiziert. Aus Sicht von Siegfried Walch könne dies personell noch abgefangen werden angesichts der Gesamtzahl von über 3000 Mitarbeitern. Kopfzerbrechen macht ihm die Auslastung der Intensivbetten. Derzeit werden 49 Covid-19-Patienten in den Kliniken versorgt, davon zehn auf der Intensivstation. Bereits am Montag hatten die Kliniken informiert, dass planbare Eingriffe auf unbestimmte Zeit verschoben werden, jedoch die Notfallversorgung stets gewährleistet sei.

Um die Versorgung in den Krankenhäusern besser zu koordinieren, hat Walch Hubert Pilgram zum „Ärztlichen Leiter Krankenhauskoordinierung“ ernannt.

Allgemeinmediziner
spüren auch Anstieg

Die Allgemeinmedizinerin Dr. Sabine von Silva-Tarouca und ihr Team in der Überseer Hausarztpraxis testen bis zu 30 Patienten pro Tag. „Wir merken die gestiegenen Fallzahlen sehr stark, gerade in den vergangenen Tagen“, sagt die Ärztin. Im Frühjahr sei die Situation anders gewesen, weil das RKI dazu aufgerufen hatte, Tests nur sparsam einzusetzen. „Wir gehen auch schon bald in die Knie“, sagt sie angesichts der zweiten Corona-Welle und der zahlreichen Patienten. Der Traunsteiner Oberbürgermeister Dr. Christian Hümmer (CSU) unterstützt das Vorgehen des Landrats im Kreis. „Mittelfristig werden wir aber in der Corona-Krise eine andere Strategie benötigen. Lockdowns werden in Zukunft keine ausreichend große Akzeptanz in der Bevölkerung finden“, vermutet Hümmer.

Wie dynamisch das Infektionsgeschehen sein kann, hat sein Rosenheimer Kollege Andreas März (CSU) am eigenen Leib erlebt. Er hat sich mit Corona infiziert.

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