Ausgebremst statt Führerschein

von Redaktion

Fahrschulen rechnen nach wochenlanger Schließung mit großem Andrang

Prien – „Es ging nur noch um zwei Fahrstunden.“ Lea Voderholzer (17) aus Prien stand kurz vor der Führerscheinprüfung. Nun wartet sie schon seit Dezember auf einen Termin für ihren praktischen Fahrtest. Denn in den Fahrschulen war in den vergangenen Wochen der Unterricht aufgrund der Corona-Pandemie heruntergefahren.

Auch Sarah Kirchhoff (18) aus Aschau hatte sich das Ganze anders vorgestellt: „Die Theorieprüfung habe ich, aber jetzt zieht sich das hin. Ich befürchte, die Routine und die Übung fehlen, und ich weiß nicht, wie schnell man da wieder reinkommt.“

Uferlose Nachfrage,
aber weniger Plätze

Seit Montag dürfen Fahrschulen wieder ihren Betrieb aufnehmen – corona-konform mit Maske beim Fahren und in den Theoriestunden. Fahrschullehrer Sepp Heindlmeier aus Prien spricht seinen Kollegen sicher aus der Seele, wenn er meint, dass ein großer Ansturm auf die Fahrschulen nach dem Ende des Lockdowns zu erwarten ist.

Allerdings, so Heindlmeier, dürfen weniger Schüler in die Fahrschule kommen: Vor Corona konnten er und seine Mitfahrlehrer 20 angehende Autofahrer im Priener Schulungsraum und den Dependancen in Rimsting und Eggstätt unterrichten. „So viele gehen jetzt natürlich nicht mehr“, sagt Heindlmeier.

Bei allem Verständnis für die Corona-Maßnahmen bedeute das aber, dass sich Theoriestunden anstauen, und sich dementsprechend auch die Praxisstunden in die Länge ziehen. Da ist der Rückstau aus 2020, als viele Schüler ihre laufende Ausbildung unterbrechen mussten, und da sind die Fahr-Novizen, die sich jetzt anmelden.

„Das wird uferlos“, glaubt Heindlmeier, der sich bei Wiederöffnung auf ein „Arbeiten rund um die Uhr“ einstellt. Drei Monate keine Fahrpraxis, das ärgert Leonie Künzel aus Eggstätt. „Weil so viel Zeit vergangen ist, muss ich noch mehr Fahrstunden nehmen, um alles zu wiederholen. Und das kostet halt auch nochmal mehr Geld“, sagt die 17-Jährige. Sinje Häderle (17) aus Rimsting hatte vor dem zweiten Lockdown mit Theorie- und Praxisstunden angefangen und befürchtet, dass sie nun recht lange auf den Führerschein warten muss.

Und auch Pablo Wolf (18) aus Rottau stellt sich auf eine lange Durststrecke ein, hatte er doch erst im Oktober 2020 bei der Fahrschule Grander in Marquartstein mit der Theorie angefangen. Ein langer Weg und Sorgen also für die angehenden Autofahrer, aber auch für die Fahrschulen.

Man wolle keine Fahrschüler abweisen, betont Heindlmeier. Er habe schließlich einen öffentlichen Auftrag: Junge Menschen fit für den Straßenverkehr zu machen, sodass sie weder sich selbst, noch andere Verkehrsteilnahme gefährden. Laut Gesetzgeber dürfen Fahrlehrer aber nicht mehr als elf Stunden pro Tag für jeweils 45 Minuten an Fahrpraxis und 90 Minuten Theorie pro Tag unterrichten, sagt Heindlmeier.

Es fehlt
an Personal

Gleichzeitig herrsche schon jetzt ein enormer Mangel an Fahrlehrern. Dieser Berufsstand überaltere allmählich und dürfe nicht unterschätzt werden. „Als Fahrlehrer muss man sich schon enorm lange jeden Tag aufs Neue konzentrieren“, so Heindlmeier. Erschwerend für den potenziellen Nachwuchs komme hinzu, dass die gut eineinhalb Jahre dauernde Ausbildung selbst bezahlt werden müsse.

Fahrlehrer Heindlmeier will trotz der geringen Kapazitäten keine Ängste vor einem Aufnahmestopp schüren. Angehende Führerschein-Besitzer, die schon vor dem Lockdown mit der Fahrpraxis begonnen haben, müssen nicht befürchten, schon absolvierte Nachtfahrten zwingend noch einmal nachzuholen. Die Schüler müssen eben wissen, was dabei wichtig ist. „Fahrlehrer müssen sich vor der Prüfung davon überzeugen, dass die Kenntnisse noch vorhanden sind“, so Heindlmeier, und beruhigt: „Das kriegen wir hin.“

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