Prien – Der 29. August 2020 war ein schwarzer Tag in der Geschichte der Wasserwacht Prien-Rimsting. Über Nacht war Rolf, das Flaggschiff der Rettungsorganisation, an seinem Ankerplatz gesunken.
Seitdem können die Priener auf ein Leihboot des Wasserwacht-Bezirks zurückgreifen, das grundsätzlich für die Rettung aus dem Wasser ausgelegt ist, aber wegen der offenen Kabine nicht für den Personentransport im Rahmen des Inselrettungsdienstes geeignet ist.
Rolf soll repariert werden. Das wird wohl knapp 200000 Euro kosten, hat ein Gutachter errechnet. Wann das Rettungsboot wieder einsatzfähig sein wird, ist derzeit unklar.
Ein gerissener Dichtungsring auf der Welle des Jet-Antriebs war wohl schuld, dass Ende August vergangenen Jahres der Maschinenraum von Rolf fast komplett geflutet wurde, erzählen Vorsitzender Christian Frölich und sein Stellvertreter Werner Vietz im Gespräch mit der Chiemgau-Zeitung. Als das 7,5 Tonnen schwere „Vielzweck-Rettungsboot“ durch das eindringende Wasser schon in Schieflage geraten war, strömte durch ein Loch im Auspuff, das unter Isoliermaterial verborgen lag, zusätzlich Wasser ein.
Neues Boot würde
das Doppelte kosten
Es gibt nur wenige vergleichbare Boote auf deutschen Binnengewässern. Deshalb war die Bestandsaufnahme der Schäden und die Untersuchung mithilfe eines Gutachters, ob eine Reparatur bei einem 20 Jahre alten Boot wirtschaftlich vertretbar wäre, ein langwieriger Prozess. Weil aber der Rumpf von Rolf noch völlig intakt ist, kommt eine Neuanschaffung nicht infrage. Die hätte wohl an die 400000 Euro gekostet. „Alles, wo ,Boot’ draufsteht, ist eben teuer“, flüchtet sich der Zweite Vorsitzende angesichts solcher Summen in Sarkasmus.
Zudem steckt die Priener Wasserwacht kontinuierlich viel Geld in die Instandhaltung von Rolf, damit er ihr noch lange Dienste leistet. Allein aus den vergangenen zehn Jahren summieren sich Vietz zufolge die Belege über Unterhaltungskosten auf 76000 Euro.
Erst seit Weihnachten liegen Zahlen für die weiteren Überlegungen auf dem Tisch. Rund 190000 Euro wird es laut Frölich kosten, Rolf wieder flott zu machen. Jetzt muss sich die Wasserwacht über die Finanzierung den Kopf zerbrechen. Wäre Rolf bei Sturm im Chiemsee versunken, hätte eine Versicherung gegriffen. Die bleibt bei dem Wasserschaden, der durch den Defekt von Verschleißteilen verursacht wurde, aber außen vor. Vor dem Beginn der Wachsaison am letzten April-Wochenende haben die Priener immerhin rechtzeitig ein Leihboot bekommen – auf unbestimmte Zeit, wie Vietz betont. Es hat, ebenso wie Hans, das Schlauchboot mit Alurumpf, einen Außenbord-Motor, sodass die Eingewöhnung für die mehr als zwei Dutzend Bootsführer nicht zu schwierig ist.
Die Feuertaufe hatte das Aushilfsboot schon Anfang April bestanden. Beim ersten Alarm der Saison galt es, bei starkem Wind einen vermissten Kajakfahrer im Schafwaschener Winkel zu finden. Die Priener entdeckten den Mann schließlich am Ufer und nahmen ihn an Bord.
Wann Rolf repariert wird, ist derzeit noch offen. Das über elf Meter lange Schiff mit dem 600-PS-Motor, der die Retter schnell an Unglücksstellen bringen kann, ist eine Spezialanfertigung. Nur eine Handvoll ähnlicher Boote fährt laut Vietz auf deutschen Binnengewässern. Die Schiffe der Wasserwachten in Bernau, gebaut von der Firma Heistracher, von der Fraueninsel und Chieming, gebaut von einer Werft in Wilhelmshaven, seien ähnliche Modelle.
Keine Engpässe
in der Rettung
Wahrscheinlich muss Rolf irgendwann die Reise an die Nordsee antreten, um wieder flott gemacht zu werden. Nach dem Ausfall von Rolf kam es Vietz zufolge 2020 zu keinerlei Engpässen in der Rettung.
Weil coronabedingt Schloss und Museen sowie Gastronomie auf den Inseln die meiste Zeit geschlossen blieben, sei der Andrang nicht so groß gewesen wie in anderen Jahren. Medizinische Notfälle auf den Inseln sind eigentlich in der Sommersaison oft Auslöser für Einsatzfahrten.
Die Priener Wasserwacht habe in den vergangenen Jahren meist zwischen 40 und 50 solcher Fahrten absolviert. Die Vertretung übernimmt bis auf Weiteres die Wasserwacht Bernau auf Grundlage der sogenannten Ausrücke-Verordnung für den Chiemsee.