„Leichter wird’s durch Corona nicht!“

von Redaktion

Abiturprüfungen am LSH Marquartstein im Fach Deutsch gestartet

Marquartstein – Ein Kasten Bier, der im Brunnen im Pausenhof gekühlt wurde, spendiert von einem Lehrer. So sah der Moment bei der Autorin dieses Textes aus, als sie vor einigen Jahren am Staatlichen Landschulheim Marquartstein (LSH) selbst ihre erste Prüfung geschrieben hatte. Bei einer Halben in versammelter Runde Dampf ablassen und in der warmen Maisonne auf der Schulhofmauer durchschnaufen, in dem Wissen, dass zumindest ein Teil bewältigt war auf dem Weg zum Schulabschluss. Nicht nur regnete es heuer in Strömen, auch sonst war das Bild am LSH ein völlig anderes.

Nur die Abiturklasse
im Haus

Von Feierstimmung ist keine Spur, als die Abiturienten nach ihrer Prüfung aus dem Festsaal stürmen. Nur wenige sind es, denn die 61 Abiturienten verteilen sich auf insgesamt fünf Räume, um Hygienebestimmungen einzuhalten, erklärt Schulleiter Christian Czempinski. Die Q11 ist deshalb zur Prüfungszeit wieder im Distanzunterricht, sodass genügend Räume vorhanden sind. Um das Infektionsrisiko klein zu halten, sind auch die Abiturienten für ihre letzten Tage vor der Prüfung in den Distanzunterricht gewechselt. Noah Lerchenberger und Elias Münch stehen noch sichtlich unter Strom, als die Chiemgau-Zeitung nur wenige Minuten nach Abgabeschluss mit ihnen spricht. Lerchenberger ist in erster Linie erleichtert, dass er es hinter sich hat: „Sechs Stunden Deutsch zu schreiben, das ist schon ne Hausnummer.“

Sein Mitschüler pflichtet ihm bei. Denn die Schüler haben heuer angesichts der Corona-Bedingungen 30 Minuten mehr Zeit, um sich von den Einschränkungen durch die Maske zwischendurch erholen zu können. Münch fand es schon anstrengend, obwohl sie mehr Zeit bekommen hatten: „Man kriegt einfach Kopfschmerzen davon.“

Nicht nur für Schüler, auch für die Lehrer ist die Situation nicht ganz so leicht. „Wir haben 15 Aufsichten, die aber nach einer gewissen Zeit wechseln. So sind 45 Lehrkräfte im Einsatz“, sagt Czempinski. Zwar bietet die Schule am Tag vor der Prüfung jedem Schüler einen Corona-Test an, allerdings haben sich am Dienstag nur vier Schüler am LSH gemeldet. Dass die Schüler auch ungetestet und womöglich mit einer Infektion in die Prüfung gehen könnten, hatte im Vorfeld bayernweit zu Beschwerden beim Kultusministerium geführt.

„Wir hatten Glück, wir hatten in diesem Jahr keine Corona-Fälle in der Abiturklasse und auch nicht bei den Lehrern“, erzählt Czempinski. Sein Eindruck ist, dass sich ein Großteil der Schüler nicht testen lassen möchte, weil sie Angst um ihr Abitur haben. „Es ist freiwillig, insofern ist es auch legitim“, sagt Czempinski. Aron Heigenhauser aus Reit im Winkl und Leo Hogger aus Unterwössen bestätigen seine Einschätzung: „Der einzige Grund war das Risiko, dass wir nicht hätten mitschreiben dürfen.“

Fast stoisch nehmen die vier Jungs aus der Q12 ihr „Corona-Abi“. „Ich kenne es ja nicht anders“, meint Noah Lerchenberger. Um ihr reguläres Abitur fühlen sie sich nicht beraubt und sie sind sich einig, dass die Pandemie-Situation ihre Chancen nach dem Abschluss nicht mindern wird. „Aber leichter ist das Abi auch nicht geworden deshalb“, meint Münch.

Kein Abistreich,
kein Achenfest

Nur dass sie nicht feiern können, das vermissen sie schon. „Vielleicht lässt sich ja irgendeine Lösung finden. Zu zweit noch mal treffen oder so“, meinte Heigenhauser halbherzig. Selbst Schulleiter Czempinski hätte ihnen ein bisschen Feiern gegönnt. Auch wenn er zähneknirschend berichtet, dass er immer wieder Beschwerden von Anwohnern über zu laute Achenfeste bekommt.

Er geht davon aus, dass die Abiturienten noch eine würdige Verabschiedung bekommen: „Letztes Jahr haben wir das auch geschafft.“ Er bedauert allerdings, dass Traditionen wie der Abiturscherz flachfallen. An den denken Noah, Elias, Leo und Aron noch nicht.

In der kommenden Woche am Dienstag geht es schon weiter mit Mathematik. Die vier müssen noch ein bisschen was tun bis dahin. Und auch Schulleiter Czempinski hat noch langfristige Hausaufgaben für das LSH vor sich: „Wir haben immer noch keinen Glasfaseranschluss.“

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