Bernau/Breitbrunn – Heute ist Welt-Vegetariertag. Wie aber passt fleischlose Ernährung in einen Landstrich mitten in Oberbayern, der für landestypische deftige Kost wie Schweinsbraten und Weißwurst-Frühstück berühmt ist? Die Chiemgau-Zeitung hat sich umgehört.
Mitten in Bernau liegt das bayerische Gasthaus Kampenwand. Wirt Werner Heinrichsberger hat eine klare Antwort, ob seine Gäste fleischlose Gerichte nachfragen: „Ja, die Gäste wollen vermehrt vegetarische und auch regionale Speisen.“ Er geht davon aus, dass sich dieser Trend noch mehr verstärkt, von daher will er diese „Schiene“ weiter ausbauen.
Jeder soll für sich
ein Angebot finden
Heinrichsberger bietet auf seiner Karte inzwischen sieben vegetarische Gerichte und sogar zwei vegane an. „Das ist halt so“, meint der 66-Jährige schulterzuckend auf die Frage, wie er diesen Trend empfindet. „Der Kunde ist König, danach richten wir uns“, ergänzt er. „Wenn eine Familie zum Essen gehen will und die Tochter ist Veganerin, soll sie bei uns auch etwas finden.“
Stephanie Schweighofer ist Ernährungsberaterin im Medical Park Chiemsee in Bernau-Felden, einer Rehabilitationsklinik für Orthopädie, Traumatologie und Sportmedizin. Die Patienten könnten dort täglich mittags und abends zwischen Vollkost, vegetarischen oder Fischgerichten auswählen, berichtet sie. Dazu gibt‘s laut Schweighofer ein großes Salatbuffet. „Bei uns haben sich schon immer viele Patienten gerne für vegetarische Kost entschieden, insgesamt ist die Mischung aber bunt“, berichtet sie.
Vor allem die ältere Generation, die in jungen Jahren aus finanziellen Gründen oft auf Fleisch verzichten musste, nutze es jetzt gerne, nach Herzenslust darauf zurückgreifen zu können. Andere wiederum seien mit Fleischgerichten aufgewachsen und diese Ernährungsweise gewohnt.
Dennoch macht Schweighofer auch einige Patienten aus, die den Klinikaufenthalt nutzten, um einmal auf Fleisch zu verzichten. Bei anderen wiederum sei dies aus gesundheitlichen Gründen notwendig, etwa bei zu hohem Gewicht oder rheumatischen Erkrankungen. Tatsächlich ist es laut der Ernährungsberaterin so, dass im Fett die meisten Kalorien lauern und Fleisch Entzündungen fördere.
„Wer sich rein vegetarisch ernährt, sollte sich gut auskennen“, gibt die Ernährungsberaterin zu bedenken. So sei Fleisch ein wichtiger Eisen-Lieferant, Ersatz müsse dann eben zum Beispiel von rotem Obst und Gemüse, von Hülsenfrüchten oder Soja kommen. „Die Speicher sollten gut gefüllt sein, vor allem jüngere Frauen sollten darauf achten“, erklärt sie weiter. Die würden nämlich zu Eisenmangel neigen. Viele Milchprodukte erschwerten die Aufnahme von Eisen, das ein wichtiges Spurenelement ist.
Einer, der sich in seinem Lokal von Beginn an nur der vegetarischen und veganen Küche widmete, ist Lorenz Mayer aus Breitbrunn. Der 30-Jährige eröffnete vor sechs Jahren in seinem Heimatort das erste Restaurant „Pura“. „Anfangs waren die Leute schon skeptisch“, erzählt er im Gespräch. Mit der Zeit habe er sich mit seinem Lokal unter Beweis gestellt. Mit regionalen und biologischen Produkten von regionalen Anbietern setze er auf Qualität. Die Speisen aus seiner Küche seien bis auf Speiseöl und Käse selbst produziert. Inzwischen betreibt Mayer in Breitbrunn noch ein Frühstückscafé und ein zweites Lokal „Pura Eatery“ in Prien.
Zur rechten Zeit
Marktlücke erkannt
Zu den Rennern auf seiner Speisekarte zähle zum Beispiel die vegane hawaiianische Poké Bowl, zubereitet unter anderem mit Sushi-Reis, Avocado und baumgereifter Mango. Sehr beliebt seien auch die vegetarischen Burger und die Trüffel-Carbonara.
Rückblickend ist er davon überzeugt, rechtzeitig eine Marktlücke in seiner ländlichen Heimat erkannt zu haben. „Ich bin Vegetarier und auch viele meiner Freunde. Da war es früher immer blöd, wenn man zum Essen gegangen ist, hat man sich nur einen Knödel bestellen können, die Sauce war ja mit Fleisch gekocht.“ Sein Lokal stehe nicht nur für vegane und vegetarische Küche, sondern lebe von der ganzen Lifestyle-Atmosphäre, die er dort geschaffen habe, ist der junge Unternehmer überzeugt.