Kein Zutritt zur Kirche wegen 3G?

von Redaktion

Interview Der Priener Gemeindereferent Werner Hofmann über ein neues Experiment

Prien – Müssen Kirchenbesucher draußen bleiben, weil sie weder geimpft, genesen noch getestet sind? Diese Frage bringt die Verantwortlichen der Pfarrgemeinde vor Ort derzeit in Prien in einen Zwiespalt. Zur Debatte stand die Entscheidung, dann auf Abstand in den Kirchenbänken verzichten zu können und so wieder mehr Menschen unterzubringen. In Prien wagt die Kirche am Kirchweihsonntag ein „Experiment“, um herauszufinden, wie die Kirchgänger darauf reagieren. Darüber unterhielt sich die Chiemgau-Zeitung mit dem Priener Gemeindereferenten Werner Hofmann.

Wie ist das jetzt mit Ihrem Experiment, wie Sie es nennen?

Als Kirche sind wir dafür, dass jeder zum Gottesdienst kommen darf, der will. Wir haben mit den geänderten Vorgaben nun neuerdings zwei Möglichkeiten: Entweder wir belassen es bei der Regelung mit eineinhalb Metern Abstand, dann ist der Platz weiterhin begrenzt. Oder wir stellen auf die 3G-Regelung um, kriegen viel mehr Leute rein, allerdings müsste dann am Platz eine Maske getragen werden. Jetzt wird es bei dieser Frage als Kirche spannend: Wenn ich eine 3G-Regelung mache, schließe ich alle anderen aus, zum Beispiel auch Impfgegner, Impfverweigerer oder jene, die sich den Test nicht leisten können.

Die Diözese macht Ihnen keine Vorgaben?

Nein, wir dürfen vor Ort entscheiden und treffen die Entscheidung mit dem Pfarrgemeinderat.

Welchen Weg gehen Sie in Prien?

Prien geht den Weg eines Experiments, um das Meinungsbild der Leute herauszufinden. Am Kirchweihsonntag, 17. Oktober, gibt es einen einzigen 3G-Tag, um 10 Uhr ist Kirchweihgottesdienst und um 19 Uhr Abendlob. Wir können wirklich schwer einschätzen, wie die Kirchgänger damit umgehen. Wir haben das im Pfarrgemeinderat kontrovers pro und kontra diskutiert.

Wir sind gespannt, ob mehr Leute zum Gottesdienst kommen, oder ob welche wegbleiben, weil sie nicht so nah beieinander sitzen wollen. Oder finden es Menschen nicht gut, wenn die Kirche Menschen durch die 3G-Regelung ausschließt? Oder sind ganz viele begeistert und die Kirche ist gesteckt voll?

Reicht ein Tag, um das herauszufinden?

Wir haben am Ende der Gottesdienste schon darüber informiert und um Rückmeldungen gebeten.

Wie war bisher die Resonanz auf diese Nachricht?

Die ersten Rückmeldungen im Pfarrbüro und im Gespräche an der Kirchentüre waren durchwegs gegen die Einführung der 3G-Regel. Ich bin gespannt, ob sich auch noch andere Stimmen melden.

Was wäre Ihnen persönlich am liebsten?

Ich könnte mir einen Kompromiss vorstellen. An Sonn- und Feiertagen könnte 3G gelten, Samstagabend bleibt offen mit Abstand und jeder kann in die Kirche kommen. Eine Regelung nur 3G kann ich mir schlecht vorstellen. Unter der Woche haben wir nicht das Problem, da ist es in der Kirche nicht so voll. In Urschalling ist die Kirche so klein, da werden wir erst mal 3G einführen, damit sich die Leute wieder hineinsitzen können, jetzt wo es kalt wird. Es war auch sehr mühsam für den Mesner, draußen immer den Altar aufzubauen.

Lassen Sie uns noch zurückblicken: Wie hat die Corona-Pandemie das Kirchenleben in Prien verändert?

Wir sind davon abhängig, welche Regelungen vom Ordinariat kommen. Die Kirche ist natürlich im Blickfeld der Öffentlichkeit. Das galt gerade in der Zeit, wo wir Gottesdienste feiern durften, und andere Treffen für die Menschen nicht mehr möglich waren. Da wurde natürlich auch genau geschaut, ob wir verantwortlich damit umgehen.

Wie verliefen die vergangenen eindreiviertel Jahre?

Wir waren sehr froh, dass die Politik sehr schnell das Bedürfnis der Menschen erkannt hat, ihre Religion auszuüben. Nach dem anfänglichen ersten Lockdown war immer der Kirchgang möglich. Wir haben vor Ort festgestellt, dass es für manche Menschen ein riesiger Verlust war, dass sie eine Zeit lang keinen Gottesdienst besuchen konnten. Diese paar Monate haben uns gezeigt, dass ein echtes Bedürfnis dahintersteckt. Ich fand das auch für uns als Kirche schön, dass das sichtbar geworden ist. Dann durften wir ja wieder Gottesdienste feiern. Heuer zu Ostern, als noch die Gefahr bestand, dass dies nicht möglich sein könnte, habe ich einen Mann gesprochen, der sagte, dass der Ostergottesdienst seine Kraftquelle fürs ganze Jahr ist. Wir waren sehr glücklich, dass die Gottesdienste dann stattfinden konnten.

Ohne ehrenamtliche Helfer aus der Kirchengemeinde wäre dies vermutlich nicht möglich, oder?

Neben Hygiene- und Platzbestimmungen war es das A und O, dass wir ehrenamtliche Leute finden, die sich bei jedem Gottesdienst hinten hinstellen, die Besucher begrüßen und zu ihrem Platz begleiten. Ohne sie dürften wir keinen Gottesdienst abhalten. In Prien sind seit Beginn der Pandemie etwa 25 bis 30 Ehrenamtliche in diesem Platzbegleitdienst tätig.

Relativ bald war im Gespräch, Gottesdienste zu übertragen, wie wurde das gelöst?

Wir haben nach dem Lockdown sukzessive alle Kirchen mit Außenlautsprechern bestückt, um jenen Menschen entgegenzukommen, die in der Kirche keinen Platz haben oder nicht hineingehen wollten. An Weihnachten haben wir uns für mehr Angebot entschieden, auch draußen. Uns ist immer Anliegen, jedem die Teilnahme zu ermöglichen, der das Bedürfnis danach hat.Interview: Tanja Weichold

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