Prien – „Unser Ziel ist es, dass Europa einmal ein großes, gemeinsames Haus für die Europäer wird – ein Haus der Freiheit.“ Mit diesem Zitat Konrad Adenauers als Leitgedanken hatte der Internationale Freundschaftskreis (IFK) Prien zu einer Festmatinee in den Chiemsee Saal eingeladen. Der Anlass: Vor 65 Jahren wurde mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge der Grundstein für die Europäische Union (EU) gelegt.
Viel Prominenz und Priener Blasmusik
„Ein Tag, der in der allgemeinen Wahrnehmung offenbar nur noch einen geringen Stellenwert einnimmt“, bedauerte IFK-Präsident Johannes Dreikorn in seiner Einführung. Etwa 100 Gäste aus den Bereichen Kommunalpolitik, Regionalwirtschaft, Schule und Gesellschaft waren der Einladung gefolgt. Musikalisch begleitet wurde die Matinee von der Priener Blasmusik und der Liedertafel.
Besonders begrüßte der Präsident die Europa-Abgeordnete (MdeP) Prof. Dr. Angelika Niebler (CSU) sowie Priens Bürgermeister Andreas Friedrich (ÜWG), die anschließend über die Bedeutung und Entstehung der EU sprachen.
Als einen kleinen Baustein auf lokaler Ebene für das „EU-Haus der Freiheit“ bezeichnete Dreikorn die Gründung des IFK im Jahr 1965. Der Vereinszweck: „Freundschaften in Europa und darüber hinaus knüpfen und pflegen, vor allem zu unseren französischen und italienischen Partnerschaftsgemeinden.“ Dass diese Freundschaften „leben“, zeige beispielhaft die Partnerschaft mit der südfranzösischen Stadt Graulhet, die seit 50 Jahren Bestand habe und heuer als Jubiläum gefeiert werde.
„Frieden in Europa“ – dieses oberste Ziel hatten sich die EU-Gründungsväter gesteckt, erinnerte Andreas Friedrich in seinen Ausführungen. „Geprägt vom Zweiten Weltkrieg waren sie getrieben von der Überzeugung, dass es nie wieder einen solchen Krieg zwischen europäischen Staaten geben dürfe.“
Um den Frieden dauerhaft zu sichern, gebe es unabdingbare Handlungsfelder: „Grenzen überwinden, gemeinsame Ziele formulieren und möglichst gleichwertige Lebensbedingungen in allen Ländern schaffen.“ Dieses Friedensziel sei innerhalb der EU erreicht worden, betonte der Bürgermeister.
„Gleiche Lebensbedingungen bedeutet aber nicht nur, dass Transferzahlungen von den reichen an die armen Länder fließen. Die Menschen müssen in ihrer Heimat ihre Zukunft sichern können.“
Zurecht werde der zum Teil überbordende EU-Bürokratismus kritisiert. Manche Regelung habe dennoch ihre Berechtigung, „vor allem, wenn sie dazu dient, den Handel zwischen den europäischen Staaten zu fördern und zu stärken. Genau dies mehrt unseren Wohlstand“, so Friedrich.
Sein Resümee: „Wir alle haben es in der Hand, an unserem europäischen Haus weiterzubauen und es gut in Schuss zu halten.“
„Fast 77 Jahre Frieden in der EU. Das müssen wir schätzen“, forderte MdeP Dr. Angelika Niebler in ihrer Bilanz. Neben den Leistungen als europäische Friedensgemeinschaft stellte sie plakativ die Erfolge als Staatengemeinschaft heraus; unter anderem den großen Binnenmarkt mit dem gemeinsamen Sicherheitsraum, wie auch die einheitliche Währung und Rechtssystem. Niebler: „Unsere Philosophie war immer: Durch die Verflechtungen und gegenseitigen Abhängigkeiten sichern wir unseren Frieden. Auch in globaler Hinsicht: Durch Handelsverträge eng miteinander vernetzt sein, das führt zu mehr Stabilität.“
Gemeinsamer Markt und Sicherheitsraum
Putins Angriffskrieg auf die Ukraine habe diese Politik allerdings infrage gestellt. „Daraus müssen wir die richtigen Lehren ziehen“, folgerte die Europa-Politikerin. Die EU sei nur stark, wenn sie geschlossen handele.
„Wir brauchen eine europäische Außen-, Sicherheits- und Verteidigungs- und Energie-Union. Die müssen wir jetzt aufbauen, um für unsere eigene Sicherheit sorgen zu können. Frieden und demokratische Strukturen sind keine Selbstverständlichkeit, wie wir gerade sehen.“
Ungeachtet aller Herausforderungen sei das Europäische Projekt das Beste, was politisch in den letzten Jahrzehnten erreicht worden sei, versicherte Dr. Niebler eindringlich. „Wir sollten weiter gemeinsam am europäischen Haus bauen. Das geht nur, wenn die 440 Millionen Menschen in der EU dies auch wollen und unterstützen.“