Ruhpolding – Schrecklicher Fund im Drei-Seen-Idyll bei Ruhpolding: Am Sonntag entdeckte ein Mann ein getötetes Neugeborenes in der Nähe eines Wanderparkplatzes – jetzt stellt sich heraus, dass der Bub gerade mal wenige Stunden alt und erst kurz zuvor dort abgelegt worden war. In Ruhpolding sitzt der Schock tief.
Das Seen-Gebiet zwischen Ruhpolding und Reit im Winkl ist einer der idyllischsten Landstriche der gesamten Region. Wie an einer Perlenkette aufgezogen reiht sich ein Gebirgssee an den anderen. Dichter Wald geht in steile Hänge und hohes Gebirge über. Man spricht auch von „Klein-Kanada“. Im Sommer dominieren hier Wanderer, im Winter regieren die Langläufer. Und jetzt: der Fund eines toten Säuglings in dieser Idylle.
Drama am Fuße
des Seekopfs
Es war ein Bub, erst wenige Stunden alt, wie das Polizeipräsidium Oberbayern Süd auf Nachfrage der OVB-Heimatzeitungen bekannt gibt. Bisher deutet alles darauf hin, dass das Neugeborene umgebracht wurde.
Die Obduktion, die noch am Sonntagabend durchgeführt wurde, ergab „Hinweise auf einen gewaltsamen Tod“, so die Pressemitteilung. Jetzt sucht die Kripo nach der Kindsmutter und geht explizit mit folgender Frage an die Öffentlichkeit: „Wer kennt eine schwangere Person, die kürzlich entbunden haben müsste und kein Kind hat?“
Welches Drama hat sich am Fuße des Seekopfs am Wochenende abgespielt? Am Sonntag meldete ein Zeuge gegen 12.20 Uhr den grausigen Fund – und die Polizei geht davon aus, dass der Säugling „zeitnah“ davor abgelegt wurde. Zwischen der Wander- und Wintersaison, Anfang Dezember, ist in dem Gebiet kaum etwas los. War das dem Täter oder der Täterin bewusst? Andererseits: Die Wälder sind weitläufig – doch das tote Neugeborene wurde nur wenige Meter neben der Bundesstraße 305 gefunden.
„Mich macht das sprachlos…“, sind die ersten Worte, die eine Urlauberin aus dem Frankfurter Raum vor Ort am Montagmittag herausbringt. Vom Fund des getöteten Säuglings hatte sie bis dato nichts gewusst. „Was muss da zuvor passiert sein?“ Die Frau ist 63 Jahre alt, wurde erst vor Kurzem Großmutter.
Die Passantin kommt ins Spekulieren. Ob eine ungewollte Schwangerschaft dahintersteckt, eine Überforderung oder postnatale Depression? „Die Frau muss in einer absoluten Ausnahmesituation gewesen sein.“ Ob aber überhaupt die Mutter hinter der Tat steckt, muss jetzt die Kriminalpolizei herausfinden.
Zehn Kilometer nördlich, im Ruhpoldinger Rathaus, sitzt der Schock ebenfalls tief. Bürgermeister Julius Pfeifer ist selbst erst vor wenigen Monaten Vater geworden. „Mich bewegt das sehr. Es macht traurig und nachdenklich“, so Pfeifer gegenüber unserer Zeitung. „Diesen Ausweg – trotz des Angebots einer Babyklappe oder eine andere Möglichkeit – zu wählen, ist für uns alle ein großer Schock.“
„Bitte, nehmen
Sie Hilfe an“
Und der Bürgermeister appelliert: „Ist die Verzweiflung noch so groß, es wird sich immer ein Weg finden. Sie sind nicht allein. Bitte, nehmen Sie Hilfe an – von Familie, Freunden, Nachbarn oder von den vielen öffentlichen Stellen und Hilfsangeboten.“ Zur Klärung des Sachverhalts bitten Staatsanwaltschaft und Kripo die Bevölkerung um Hinweise unter der Telefonnummer 0861/9873-0.