Bernau – Eine Partei freut sich, die andere weniger. Es ist das typische Szenario nach einem Bürgerentscheid. Denn bis es dazu kommt, liegen meist viele Jahre der Planung, des finanziellen Aufwandes, aber auch des Widerstandes hinter allen Beteiligten. Während der in Bernau ansässige Investor Herecon sich nun neu aufstellen muss, feiert die „Bürgerinitiative Hitzelsberg“ einen Erfolg. Obgleich auch dieser wieder neue Fragen aufwirft.
Bürgerinitiative
ist erleichtert
Die Auszählung der Stimmen am vergangenen Sonntagabend war bis zuletzt spannend. 3094 und damit 56 Prozent von rund 5500 wahlberechtigten Bernauern hatten ihre Stimme abgegeben. Um 21.19 Uhr stand das Ergebnis dann fest. 52,8 Prozent der Wähler stimmten gegen das Chaletdorf. Das Ergebnis ist für ein Jahr bindend.
Für Petra Kaufmann und Pia Ostler von der „Bürgerinitiative Hitzelsberg“ (BI) ist die Entscheidung der Bernauer, eine Entscheidung zugunsten der Natur, zugunsten „unserer Heimat, dem Chiemgau“. „Wir sind erleichtert, dass das geplante Chaletdorf in der massiven Dimension nicht Wirklichkeit wird, denn es hätte den Hitzelsberg unwiederbringlich zerstört.“ Auch für die Anwohner wäre das Vorhaben zu einer großen Belastung geworden, betonen die Initiatoren.
Besonders in den vergangenen drei Monaten hätten sich die Aktivitäten der BI intensiviert. Sie organisierten Stammtische, standen interessierten Bürgern an Infoständen Rede und Antwort und kamen so in einen engen Austausch mit den Bürgern. „Insofern zeichnete sich in den vergangenen Wochen ab, dass wir gewinnen könnten.“ Diese Zeit sei „teilweise sehr anstrengend“ gewesen, gleichzeitig sei das Feedback sehr positiv gewesen. „Und das hat uns natürlich motiviert.“
Dass sich die Bürger letztlich gegen den Bau des Chaletdorfs entschieden haben, liegt für die beiden Frauen am Ausmaß des Bauvorhabens. „Und das in einem Gebiet mit einer äußerst raren und schützenswerten Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren“, fügt Kaufmann hinzu. Zu einem Wortbruch – und damit auch zum endgültigen Vertrauensbruch – zwischen Investor und Bürgerinitiative sei es nach der Gemeinderatssitzung im vergangenen März gekommen, nachdem ein Kompromiss mit 23 Chalets ohne eigene Zufahrtsstraße ausgehandelt worden war.
„Stillschweigend wurden daraus 39 Chalets, teilweise mit mehreren Einheiten, ein Apartmenthaus, Suiten im Gutshof, eine immer größere Tiefgarage, zwei Restaurants, Wellnessbereiche, Veranstaltungsraum. Wir haben gelernt, dass wir einfach übergangen werden.“ Dass die Stellungnahmen der Behörden sowohl dem Gemeinderat als auch den Bürgern vorenthalten wurden, sei in ihren Augen „nicht klug“ gewesen.
Und wie soll es in den Augen der BI mit dem Hitzelsberg nun weitergehen? „Wir hätten die Chance, etwas sehr Zeitgemäßes und Passendes zu entwickeln“, sagt Petra Kaufmann. Zunächst soll der Status eines geschützten Landschaftsbestandteils, den das Landratsamt bereits für den Hitzelsberg zugesichert hat, auch in Kraft treten. „Wir würden uns wünschen, dass der Wert des Hitzelsbergs an sich gewürdigt wird, dass eine Pflege erfolgt, die den Artenreichtum der Wiesen und des Waldes bewahrt.“ Beispielsweise in Form einer Einrichtung zur Umweltbildung für Kinder und Erwachsene. „Man könnte gemeinsam mit einer Stiftung etwas für den Natur- und Artenschutz entwickeln – auch mit Hinblick auf den Tourismus“, so die Initiatorinnen der BI.
Wäre da nicht die Tatsache, dass die Herecon das Grundstück gekauft hat. Denn wie Geschäftsführer Heiner Englert schon im Vorfeld angekündigt hatte, ende mit dieser Entscheidung der Bernauer die öffentliche Nutzung des Hitzelsberges. Nicht ganz: Über den Hügelkamm des Hitzelsberges, wo das Chaletdorf geplant war, seien ohnehin nur wenige Spaziergänger unterwegs. Denn nur dieser werde für die Öffentlichkeit geschlossen. „Die Wanderwege um den Hitzelsberg herum bleiben uns erhalten, da sie der Gemeinde gehören. Der Schutz des Hitzelsberges ist uns viel wichtiger als ein paar hundert Meter Spazierweg.“
Zwölf Jahre
Arbeit umsonst
Weniger erfreut, sondern „schon ein bisschen frustriert“ zeigte sich Bernaus Bürgermeisterin Irene Biebl-Daiber nach der Verkündung des Ergebnisses am Sonntagabend. „Bitter“ fand sie das knappe Ergebnis nicht nur, weil Gemeinderat und -verwaltung sich zwölf Jahre mit der Nutzung des Hitzelsberges beschäftigt hatten, sondern auch, weil ihres Erachtens in der Diskussion über das Chaletdorf Argumente vorgebracht wurden, die so nicht stimmten.
Wie genau es nun weitergeht und was die Herecon GmbH nun für das Gelände am Hitzelsberg plant, wollte der Investor Anfang der Woche auf Nachfrage der Chiemgau-Zeitung nicht mitteilen. Das Unternehmen möchte jedoch zeitnah eine Stellungnahme dazu abgeben.